EU-Wahlen

EU-Vertreter Selmayr: Ukraine unterstützen, Rechtsextreme ausbooten

Zum Auftakt des Superwahljahres spricht EU-Kommissionsvertreter Martin Selmayr vor Journalisten über den bevorstehenden EU-Wahlkampf. Auf den Kampfbegriff „Remigration“ angesprochen, sagt er, er könne noch „ruhig schlafen”.

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Martin Selmayr, Vertreter der EU-Kommission in Österreich, hat keine Angst vor den anstehenden Wahlen im Juni – obwohl ein möglicher Rechtsruck im EU-Parlament prognostiziert wird. „Wahlen sind der Höhepunkt der Demokratie“, sagt Selmayr am Donnerstag vor Journalist:innen. Sie seien „der Moment, wo politisch Handelnde den Bürgerinnen und Bürgern Rechenschaft über das Geleistete ablegen.“

Nach der Europawahl ist eine der ersten Aufgaben des neu gewählten Parlaments, die neue Präsidentin oder den neuen Präsidenten der Europäischen Kommission zu wählen. Zuletzt zeigte sich die amtierende Präsidentin Ursula van der Leyen noch nicht bereit, sich von dem Amt zu verabschieden. Selmayr deutet an, dass sie als die Spitzenkandidatin für die Europäische Volkspartei (EVP) in den EU-Wahlkampf gehen könnte.

Ukraine weiter im Fokus

Ein weiteres Land hätte heuer im März unter anderen Umständen auch gewählt: Die Ukraine. Doch es ist kein Ende des Krieges in Sicht, der Gang in die Wahllokale höchstgefährlich. „Unsere Städte sind unter Beschuss. Es gibt rechtliche und praktische Gründe, wieso wir die Wahlen nicht abhalten können. Das ist keine politische Entscheidung“, sagte die ukrainische Vize-Premierministerin Olha Stefanischyna einige Wochen zuvor im Gespräch mit profil. Dafür hat Selmayr „absolut Verständnis“. Unter Kriegsbedingungen könne man keine freien Wahlen abhalten.

Das von Russland angegriffene Land wird die Europäischen Kommission „weiterhin intensiv beschäftigen“. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat am Mittwoch vor einer weiteren Verzögerung westlicher Hilfen für sein von Russland angegriffenes Land gewarnt. Die EU konnte ein eigentlich geplantes Ukraine-Hilfsprogramm in Höhe von 50 Milliarden Euro für die kommenden vier Jahre wegen eines ungarischen Vetos bisher nicht freigeben.

Selmayr ist „sehr zuversichtlich“, dass man sich „auch mit 26 Mitgliedsstaaten“ auf die Hilfen einigen kann. Es gehe immerhin um die „Existenz der europäischen Friedens- und Sicherheitsordnung“.

Keine Sorge vor Rechtsruck

Selmayr geht davon aus, dass die nächste EU-Koalition eine pro-europäische sein wird. Das sorgt bei den Freiheitlichen prompt für heftige Kritik, seine Aussagen deuten sie als Wahlempfehlung für die europäische Linke. Der Spitzenkandidat der FPÖ für die Europawahl, Harald Vilimsky, warf Selmayr in einer Aussendung vor, als Angestellter der EU-Kommission Wahlempfehlungen „für die europäische Linke“ abzugeben.

Rechtspopulisten verzeichnen in Umfragen europaweit einen Höhenflug, doch diesen Prognosen kann Selmayr nichts abgewinnen. Er verweist auf gegenteilige Bewegungen, etwa in Polen und Spanien. Vom ehemaligen österreichischen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel habe er gelernt, dass Umfragen wie ein Parfüm seien, an dem man „riechen, es aber nicht trinken“ soll.

Zur Diskussion über „Remigration“, also die Abschiebung von Staatsbürgern unter gewissen Voraussetzungen, bei einem prominenten Geheim-Treffen Rechtsradikaler in Potsdam, warnt Selmayr davor, nicht „nur auf die Extremisten zu schielen“. Er sei froh, dass dies nur in Hinterzimmern diskutiert werde. Die EU-Kommission werde das Asylrecht in Europa weiterhin sichern und andererseits auch benötigte legale Zuwanderung organisieren. Die Mehrheit des Europäischen Parlaments würde das genauso sehen, „insofern kann ich da noch ruhig schlafen“, fügt der EU-Kommissionsvertreter hinzu.

Elena Crisan

Elena Crisan

Wenn sie nicht gerade für den Newsletter "Ballhausplatz" mit Politiker:innen chattet, schreibt sie im Online-Ressort über Wirtschaft und Politik.