Elon Musk hat viel Geld investiert, damit Donald Trump Präsident wird. Jetzt will er ihm mit einer eigenen Partei Konkurrenz machen. Kann er damit Erfolg haben?
Donald Trump steckt mitten in einem hässlichen Rosenkrieg. Nein, es geht nicht um Melania Trump, seine Ehefrau, sondern um Elon Musk.
Seit Wochen überziehen einander der Tech-Unternehmer und der US-Präsident, die bis vor wenigen Monaten noch unzertrennlich schienen, mit gegenseitigen Anschuldigungen. Immer öfter sind auch Drohungen dabei.
Trump spielte öffentlich mit dem Gedanken, Musks Unternehmen die staatlichen Subventionen zu entziehen und ihn selbst in sein Herkunftsland Südafrika abzuschieben. Musk drohte im Gegenzug damit, keine US-Astronauten mehr ins All zu fliegen, und ging so weit, ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump zu fordern. Auf dem Kurznachrichtendienst „X“ (vormals Twitter), den Musk 2022 für 45 Milliarden Dollar kaufte, verbreitete er das Gerücht, Donald Trumps Name stehe in Akten zum Missbrauchs-skandal rund um den verstorbenen Sexualstraftäter Jeffrey Epstein.
Der vorläufige Höhepunkt dieser immer toxischer werdenden Beziehung: Musk hat angekündigt, seine eigene Partei, die „America Party“, zu gründen.
„Trump hat noch dreieinhalb Jahre als Präsident. Aber mich wird es noch weitere 40 Jahre geben“, schrieb Musk angriffslustig auf „X“.
Damit hat die öffentlich ausgetragene Schlammschlacht zwischen dem reichsten und dem mächtigsten Mann der Welt eine neue Wendung genommen. Bisher lautete das Duell: Unternehmer gegen Präsident. Jetzt bringt sich Musk offenbar als politischer Konkurrent in Stellung.
Das überrascht, denn es war Musk, der im Vorjahr 280 Millionen Dollar in Trumps Wahlkampf gesteckt hat. Jetzt wandelt er sich vom Unterstützer zum Angreifer. Trump bemüht sich indes, Musk wie einen Spinner aussehen zu lassen, nannte ihn unter anderem ein „Wrack“. Vor Journalisten kommentierte er: „Ich denke, es ist lächerlich, eine dritte Partei zu gründen.“
Da war noch alles gut: Musk (links) und Trump (rechts)
Das System ist auf zwei Parteien ausgelegt
In einem hat Donald Trump recht. Die USA waren schon immer ein Zweiparteiensystem. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts stellten entweder die Republikaner oder die Demokraten den US-Präsidenten. Zwar gibt es noch weitere Parteien in den USA, etwa die „Green Party“ oder die „Libertarian Party“, aber sie verfügen nicht in allen 50 Bundesstaaten über Organisationen. Anders als in den meisten europäischen Ländern, wo neue Parteien schlagartig groß werden können, benachteiligt das Wahlsystem in den USA die „small parties“. Denn das Mehrheitswahlrecht ist nach dem „The Winner Takes It All“-Prinzip ausgelegt und begünstigt deshalb Großparteien. In jedem Wahlkreis kann sich nur eine Partei durchsetzen. Bei Präsidentschaftswahlen kommen die Kandidatinnen und Kandidaten der kleinen Parteien nur auf geringe Prozentanteile.
Eine neue politische Partei in den USA zu etablieren, könnte sich als schwieriger herausstellen, als einen Mann auf den Mars zu schicken, kommentierte die „New York Times“ diese Woche.
Wobei Musk seinen Promi-Faktor nicht nützen kann. Er selbst kann nicht Präsident werden, weil er nicht in den USA geboren wurde. Aber die Präsidentschaftswahlen 2028 sind ohnehin nicht sein primäres Ziel, sondern die Kongresswahlen 2026. Und da könnte seine „America Party“ den Republikanern durchaus Konkurrenz machen.
Dann würde der Rosenkrieg im Internet eine neue, realpolitische Wendung nehmen. Bisher ist Musks Partei nichts weiter als ein virtuelles Meme im Internet. Bilder, die auf „X“ kursieren, zeigen den Tech-Unternehmer als Uncle Sam, die Personifikation der USA, der verspricht, das Zweiparteiensystem aufzubrechen. „Move fast and break things“ ist seit jeher das Motto von Elon Musk. Mit seinen Unternehmen Tesla und SpaceX hat er die Raumfahrt- und die Autoindustrie revolutioniert. Genau das, also die Grenzen des Denkbaren zu sprengen, hat Musk das Image eines unternehmerischen Genies eingebracht.
Bis dato hat Musk noch keine Unterlagen bei der US-Wahlkommission eingereicht.
In der Politik aber zählt dieser Unternehmergeist wenig. Musk ist nicht der erste Milliardär, der das Zweiparteien-System sprengen will. Da war zum Beispiel Ross Perot, ebenfalls Tech-Unternehmer, der 1995 die „Reform Party“ gründete. Bei den Präsidentenwahlen von 1992 hatte er landesweit zwar fast 19 Prozent der Stimmen erreicht, aber dennoch keinen einzigen der „Wahlmänner“, von denen man 270 braucht, um Präsident zu werden. Perots größer Erfolg blieb es, dass der Ex-Wrestler Jesse Ventura, ein Mitglied der Reform Party, zum Gouverneur von Minnesota gewählt wurde. Auch die libertäre „Tea Party“, die sich einst von den Republikanern lossagen wollte, ist nichts weiter als eine Protestbewegung geblieben.
Bis dato hat Musk noch keine Unterlagen bei der US-Wahlkommission eingereicht. Und damit ist es im komplexen Föderalismus der Vereinigten Staaten noch nicht getan. Musk muss seine Partei in jedem der 50 Bundesstaaten einzeln registrieren. Dabei gilt es, jeweils unterschiedliche Anforderungen zu berücksichtigen. Staaten wie New York verbieten es, das Wort „American“ im Parteinamen zu führen. In Kalifornien wiederum gibt es bereits eine „American Independent Party“.
Auf der anderen Seite zeigt Musks Biografie, dass er sich wie kein anderer in Projekte verbeißt. Diese Entschlossenheit, gepaart mit viel Geld und einer ideologischen Radikalisierung nach rechts, hat ihn im Wahlkampf zum idealen Gehilfen für Donald Trump gemacht.
Es gab eine Zeit, da inszenierten sich Musk und Trump als unzertrennliches Paar. Musk ging in der Privatresidenz in Florida ein und aus und posierte sogar auf Fotos mit Trumps Familie. Was nach außen wie eine Freundschaft wirkte, war in Wahrheit ein abgekartetes Spiel.
Der Deal sah wie folgt aus. Musk, dessen Vermögen auf 450 Milliarden Dollar geschätzt wird, steckte 280 Millionen Dollar in Trumps Wahlkampf. Und er nutzte die Reichweite und die Algorithmen seiner Plattform „X“, um – vor allem bei Männern – Stimmung für Trump zu machen. Einen Tag vor der Wahl am 5. November 2024 war er etwa zu Gast beim rechten Influencer Joe Rogan, der einen der weltweit reichweitenstärksten Podcasts betreibt. Musks Message: Trump sei der Einzige und Letzte, der die Demokratie retten könnte.
Trump schuf Musk daraufhin einen Beraterjob im Weißen Haus. Im Jänner wurde er de facto Leiter einer Behörde namens „DOGE“ (Department of Government Efficency), die den Missbrauch von Staatsgeldern untersuchen und Staatsausgaben kürzen sollte. Fortan mimte Musk den empathielosen, aber entschlossenen Sparfuchs, der versprach, jeden Cent umzudrehen, vor allem bei Projekten, die dem Trump-Lager zu „woke“ schienen. Dazu zählen Programme, die Geschlechtergleichheit fördern oder über Rassismus aufklären, aber auch Gelder für die Entwicklungshilfe sowie Ernährungs- und Gesundheitsprogramme.
Für einige Monate durfte Musk schalten und walten, wie er wollte, Bundesbeamte kündigen und Einblick in sensible Sozialversicherungsdaten von Millionen US-Bürgern nehmen. Letzteres, obwohl eine Richterin den Zugriff im April noch untersagte. Mittlerweile hat der Supreme Court ein Urteil zugunsten von „DOGE“ gesprochen. Auf offener Bühne ließ er sich für den Kahlschlag feiern. Einmal trat Musk mit einer mit Diamanten verzierten Kettensäge auf, die ihm der rechtspopulistische Präsident Argentiniens, Javier Milei, überreicht hatte. Das Bild: Musk räumt auf im Staat.
Ende Mai, nach 130 Tagen im Amt, verabschiedete sich Musk aus dem Weißen Haus. Die Beziehung zu Trump wirkte da noch intakt. Zumindest nach außen hin. Bei der Verabschiedung nannte der US-Präsident Musk „einen der großartigsten Geschäftsmänner der Welt“ und überreichte ihm einen Orden in Form eines goldenen Schlüssels. Musk versprach, dem Präsidenten als „Freund und Ratgeber“ weiterhin zur Verfügung zu stehen.Der Eindruck, den die Öffentlichkeit bekam: Musk geht, aber er wird im Dunstkreis Trumps bleiben. Als Förderer und womöglich sogar als Schattenmann des US-Präsidenten.
Musk kritisierte das Gesetz als „ekelhafte Abscheulichkeit“, sprach von einer „Schuldknechtschaft“.
Doch dann ging es Schlag auf Schlag.
Musk begann öffentlich, Trumps größtes innenpolitisches Vorhaben zu attackieren. Die „Big Beautiful Bill“, ein Steuer- und Ausgabengesetz, das die Staatsschulden der USA in eine nie da gewesene Höhe treibt. Musk kritisierte das Gesetz als „ekelhafte Abscheulichkeit“, sprach von einer „Schuldknechtschaft“.
In einer gewissen Weise ist das nur konsequent. Für Musk, dessen Aufgabe es war, staatliche Ausgaben zu kürzen, muss sich das Gesetz wie ein Affront anfühlen. Ein Staat, der viel ausgibt und dafür hohe Schulden in Kauf nimmt, ist für ihn ein linkes Schreckgespenst.
Aber es geht Musk nicht nur um explodierende Staatsschulden, sondern auch um sich selbst. Trumps Gesetz streicht Steuervorteile und Subventionen für E-Autos. Für Tesla, einen der weltweit größten Hersteller von E-Autos, ist das ein harter Schlag. Das operative Geschäft von Musks Unternehmen läuft derzeit ohnehin nicht besonders gut. Fallen diese Anreize weg, könnten die Verkäufe weiter einbrechen.
Am Freitag, dem 4. Juli, dem Unabhängigkeitstag der USA, startete Musk eine Umfrage auf „X“. Soll er eine neue Partei gründen oder nicht? Am Ende stimmen 1,2 Millionen Menschen ab. Zwei Drittel waren dafür, ein Drittel dagegen. Für Musk war das eine Bestätigung, obwohl bei der Umfrage ganz offensichtlich auch Userinnen und User aus anderen Ländern der Welt abstimmten.
Kongresswahlen als Test
Ist Musks Partei eine Eintagsfliege? Oder kann er die Republikaner wirklich unter Druck setzen?
Ein erster Test werden die Kongresswahlen im November 2026 sein. Dann werden die beiden Kammern des Parlaments gewählt: das Repräsentantenhaus und ein Drittel der Sitze des US-Senats. Die Republikaner haben derzeit eine Mehrheit in beiden Kammern. Im Repräsentantenhaus fällt diese aber hauchdünn aus. Und da könnte Musk durchaus das Zünglein an der Waage sein, indem er gezielt Kandidaten abwirbt oder aufstellt und sie gegen die Republikaner ins Rennen schickt. Auf „X“ kündigte Musk an, „zwei oder drei Senatssitze und acht bis zehn Wahlkreise im Repräsentantenhaus“ gewinnen zu wollen.
Dafür braucht er drei Dinge: Geld, ein Programm und geeignetes Personal. Ersteres ist für den reichsten Mann der Welt kein Problem. Bei den restlichen Punkten wird es schwieriger. Unklar ist, wer die Partei aufbauen und führen soll, zumal Musk mit seinem Firmenimperium alle Hände voll zu tun hat. Eine solche Kandidatur wäre auch mit Risiken verbunden. Aus dem MAGA-Lager, wo einzig und allein Loyalität zählt, wäre man nach so einem Seitenwechsel für immer verbannt.
Dazu kommt das fehlende Programm. Bisher ist die Haushaltsdisziplin Musks einziges Thema. Kann er damit wirklich Millionen Menschen mobilisieren? Es fehlt also sowohl an Inhalten als auch an Persönlichkeiten.
Bisher ist nur bekannt, mit wem Musk über seine neue Partei gesprochen hat. Da ist etwa Andrew Yang, der 2020 bei der Präsidentschaftsvorwahl der Demokraten antrat und zwei Jahre später seine eigene Partei gründete. Oder der rechte Blogger Curtis Yarvin, der in der Vergangenheit Sympathien dafür zeigte, die USA zu einer Monarchie zu machen.
Vielleicht sollte man auch nicht alles, was Musk twittert, ernst nehmen. Vieles, das er im Internet groß angekündigt hat, ist nie eingetreten. Der Käfigkampf gegen den Facebook-Gründer Mark Zuckerberg in Las Vegas etwa. Oder die Idee, McDonald’s zu kaufen und „alle Eismaschinen“ im Land zu reparieren.
Beides war am Ende Teil einer ausgeklügelten Aufmerksamkeitsökonomie, die darauf abzielte, seine Unternehmen ins Gespräch zu bringen.
Wobei diese Strategie diesmal bereits nach hinten losgeht. Musks Ausflüge in die Politik belasten den Aktienkurs von Tesla schon jetzt. Kaum auszumalen, was passiert, wenn er seine knapp bemessene Zeit als CEO in Zukunft in Wahlstrategien steckt.