Für den Sieg lässt Berlusconi nichts unversucht.

"Operation Eichhörnchen": Berlusconi will Präsident werden

Das "Enfant terrible" der italienischen Politik ist zurück. Silvio Berlusconi will Präsident werden - und wirbt in Rom um Unterstützung.

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Silvio Berlusconi als Eichhörnchen? So wie das Nagetier eine Eichel nach der anderen für sein Winterquartier einsammelt, versucht der 85-jährige ehemalige Premier seit Mittwoch in Rom, Skeptiker von seiner Kandidatur für das Amt des neuen italienischen Staatspräsidenten zu überzeugen.

"Operation Eichhörnchen" nennt er dieses Projekt. Dafür empfängt Berlusconi in seiner Villa an der Via Appia Antica oder besucht Skeptiker höchstpersönlich. Ab dem 24. Jänner wählen die Abgeordneten im italienischen Parlament einen Nachfolger für den nach siebenjähriger Amtszeit ausscheidenden Sergio Mattarella.

Viele wollen den amtierenden Regierungschef Mario Draghi als neuen Amtsinhaber im barocken Quirinalspalast. Berlusconi hingegen spricht sich entschieden dagegen aus. Draghi genieße als Regierungschef großen Zuspruch, argumentiert Berlusconi - bis zu den Neuwahlen 2023 müsse er im Amt bleiben.

In der Regel braucht es mehr als drei Wahlgänge, bis ein Sieger feststeht. Ab dem vierten Wahlgang genügt eine absolute Mehrheit, also 505 Stimmen. Und Berlusconi weiß, dass er diese Stimmen zusammenbekommen könnte.

Das Mitte-Rechts-Bündnis, dem Berlusconis Partei Forza Italia, die Lega Matteo Salvinis und die Fratelli d'Italia von Giorgia Meloni angehören, steht hinter seiner Kandidatur. Das sind schon einmal 451 Stimmen. Das Mitte-Links-Bündnis kommt auf nur 414 Abgeordnete.

In der Zwergpartei Italia Viva des ehemaligen Regierungschefs Matteo Renzi und unter fraktions- wie parteilosen Senatoren und Abgeordneten gibt es etliche Unentschiedene. Um die bemüht sich nun Eichhörnchen Berlusconi. Da die Wahl zum Staatspräsidenten geheim ist, könnten sich einige zu einem "Si" für Berlusconi verführen lassen.

Berlusconi belässt es nicht bei Überzeugungsarbeit, er droht auch. Wenn er nicht gewählt werde, dann verlasse seine Partei die Regierung, so der Ex-Premier. Und mit ihr wahrscheinlich auch die Lega. Die Folge: vorzeitige Neuwahlen und politisches Chaos.

Mit Silvio Berlusconi würde ein 85-Jähriger Staatspräsident, der mit Mafiabossen gekungelt haben soll, einen gesuchten Mafiakiller in seinem Palast bei Mailand beherbergte, mit Minderjährigen verkehrte und in mehreren Fällen wegen Korruption, Betrug und Steuerhinterziehung vor Gericht stand.

Der chirurgisch retuschierte Politiker versucht seit einigen Jahren, auch sein ramponiertes Image zu liften. Berlusconi gefällt sich in der Rolle des verantwortungsbewussten "Elder Statesman". In der Mitte-Rechts-Koalition gibt er sich als aufrechter EU-Befürworter, der alles tut, um seine politischen Partner von ihrer Euroskepsis abzubringen. Doch so sehr er auch versucht, sein international ramponiertes Ansehen aufzumöbeln: Vielen Italienern gilt er weiterhin als die Verkörperung des Bösen.

Wäre der Mann, der sich einst die "Stimme des Herrn" nannte, am Ende kein so schlechter Staatspräsident?

Davon überzeugt ist jedenfalls Gianfranco Rotondi, Abgeordneter der Forza Italia. "Berlusconi wäre ein Präsident wie der 1990 verstorbene Sozialist Sandro Pertini", sagt Rotondi, "denn auch Berlusconi geht es vor allem um eines, was ihm fast immer gelingt: möglichst vielen Menschen zu gefallen." In diesem Sinne könnte Berlusconi viele Überraschungen bereithalten. Davon sind auch seine politischen Gegner überzeugt.