Tipps für die Wahlnacht

Was wichtig ist, was nicht - und warum man auch später einschalten kann.

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Wäre überall Dixville Notch, wäre schon am Dienstagmorgen alles klar. Am 8. November 2016 um 0.00 Uhr treffen sich dort in einem Hotel alle zwölf Bewohner des Dorfes im Norden des Bundesstaates New Hampshire, um zu wählen. Seit den 1960er-Jahren rühmt sich der winzige Ort damit, als allererster im Land abzustimmen.

Doch nicht alle haben es so eilig wie Dixville Notch. Die meisten US-Wahllokale schließen gegen 19 Uhr Ortszeit. Wer in Österreich zeitnah wissen will, ob Hillary Clinton oder Donald Trump die nächsten vier Jahren die USA regieren wird, muss eine Nachtschicht einplanen. Drei Tipps für die wichtigste Wahlnacht des Jahres.

1. Vernachlässigen Sie die Karte

Kein Fernsehsender wird ohne sie auskommen: die Karte mit allen US-Bundesstaaten, die nach und nach eingefärbt wird, je nachdem, welcher Kandidat vorne liegt (Blau steht für Hillary Clinton und Rot für Donald Trump). Das sieht zwar schön aus, ist am Ende aber eher unübersichtlich. Denn gewinnen wird nicht, wer am meisten Farbe auf den Bildschirm bringt, sondern die meisten Wahlmänner für sich verbuchen kann.

Insgesamt 538 gibt es. Mindestens 270 von ihnen benötigt man, um Präsident zu werden. Das Prinzip ist einfach: Wer die meisten Wählerstimmen in einem Bundesstaat bekommt, erhält sämtliche Wahlmänner dieses Bundesstaates zugesprochen, nach dem Prinzip "The winner takes it all“ (ausgenommen sind Maine und Nebraska, die ihre wenigen Wahlmänner nach Bezirken aufteilen). Wie viele Wahlmänner ein Bundesstaat hat, hängt von der Einwohnerzahl ab, nicht von der Fläche. Entsprechend irreführend kann die rot-blaue Karte wirken.

Wichtig ist nur die Zahl 270 (für die Wahlmänner bereiten die Fernsehsender meist Balken- oder Tortengrafiken vor). Wer mehr Wählerstimmen erhält, ist am Ende wegen des Winner-takes-it-all-Prinzips ziemlich egal. Im Jahr 2000 bekam der Demokrat Al Gore bundesweit 537.179 Stimmen mehr als sein Konkurrent George W. Bush. Doch der Republikaner konnte fünf Wahlmänner mehr für sich gewinnen und wurde Präsident.

2. Konzentrieren Sie sich auf die "Swing States“

Bei diesen Bundesstaaten ist unsicher, ob sie mehrheitlich republikanisch oder demokratisch wählen werden. In der Theorie gilt das zwar für alle Staaten, schließlich zählen nur die Wahlergebnisse und nicht die Umfragen zuvor. In der Praxis werden einige Staaten jedoch als "Heimspiel“ für Clinton (etwa Kalifornien oder New York) oder Trump gewertet (Louisiana oder Alabama, siehe Grafik). Gibt es hier früh in der Nacht eine Überraschung, dann könnte sich ein Erdrutsch andeuten.

Läuft alles wie erwartet, entscheiden aber die "Swing States“. Wer als solcher gilt, entscheiden Experten und Statistiker anhand von Meinungsumfragen und früheren Wahlergebnissen. Klassische "Swing States“ sind Florida und Ohio. Sie gehören zu den fünf Staaten, die bei den vergangenen vier Präsidentschaftswahlen genauso oft demokratisch wie republikanisch wählten (neben Nevada, Colorado und Virgina). Auch in aktuellen Meinungsumfragen sind sie heftig umkämpft: Legt man drei Quellen übereinander (die Statistiken der Analysten von "fivethirtyeight“, "RealClearPolitics“ und CNN) scheinen Florida, Ohio, Nevada, North Carolina, Arizona und der 2. Bezirk von Maine als einzige in allen dreien auf.

Nach vorsichtigen Prognosen sind noch 201 Wahlmänner offen (Clinton kann fix mit 183 rechnen, Trump mit 154). Viele US-Analysten schlagen sie aber bereits einem der beiden Kandidaten zu, je nachdem, welcher Umfrage sie vertrauen. Für den Wahlabend heißt das: Wenn die Ergebnisse aus Kalifornien oder Louisiana verkündet werden, müssen Sie nicht unbedingt hinhören. Kommen Ohio, Florida oder Nevada dran, sollten Sie lauter drehen.

3. Schalten Sie ruhig später ein

Die meisten Sender schlagen die Zeit zwischen neuen Resultaten mit den immergleichen Expertisen tot. Zwar schließen die Wahllokale in wichtigen Swing States früh (Florida und Ohio sind unter den ersten). Wie sie gewählt haben, weiß man aber nicht gleich. Manche Staaten brauchen ein paar Stunden, um genug Stimmen für ein Ergebnis (einen "call“) ausgezählt zu haben (die Fernsehsender sprechen von "too early to call“). Bei anderen - besonders den Swing States - warten die Journalisten oft, bevor sie ein Urteil wagen, weil es knapp bleibt ("too close to call“). Frühestens gegen 3.00 Uhr (MEZ) könnte das Quorum von 270 Wahlmännern erreicht werden. Aber auch das ist eher unwahrscheinlich.

Robert   Treichler

Robert Treichler

Ressortleitung Ausland, stellvertretender Chefredakteur