AK-Präsidentin Anderl im Chat: Senkung der Lohnnebenkosten „ein vergifteter Apfel 🍏“
Von Max Miller
Heute endet die drittgrößte Kärntner Wahl des Jahres: Die Arbeiterkammer (AK) Kärnten hat Wahlschluss. Österreichweit sind rund vier Millionen Mitglieder der AK aufgerufen, ein neues AK-Parlament zu wählen. Arbeitnehmer:innen in Vorarlberg, Tirol und Salzburg haben ihre Stimme bereits vor Wochen abgegeben, der Osten des Landes wählt im April. In Oberösterreich ist diese Woche Wahlschluss, in Kärnten eben am heutigen Mittwoch.
Im Fokus steht heuer die Wahlbeteiligung. Seit 2000 sank sie konstant. Das geringe Interesse an den Urnengängen wird von Kritiker:innen immer wieder als Argument gegen die Pflichtmitgliedschaft bei der AK genutzt. Um für die Mitglieder zu sprechen, muss die AK auch von ihnen gewählt werden.
AK-Präsidentin Renate Anderl wird bleiben. Als Spitzenkandidatin der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter:innen (FSG) gilt ihr Platz an der Spitze der Kammer auch nach der Wahl als gesichert: Die rote Fraktion hat noch bei jeder AK-Wahl mehr als die Hälfte der Stimmen geholt. Bei der letzten Wahl 2019 wählten sechs von zehn Arbeitnehmer:innen FSG.
Im Chat verrät Renate Anderl warum man dennoch wählen gehen sollte und wieso sie Kürzungen bei Lohnnebenkosten für einen „vergifteten Apfel“ hält.
Als FSG-Spitzenkandidatin stehen Sie doch als neue AK-Präsidentin eh schon fest. Warum sollte man dann bei der AK-Wahl wählen?
Weil wir die größte Interessenvertretung im Land sind und tagtäglich für unsere 4 Mio Mitglieder arbeiten.
Das würden Sie aber doch sicher auch tun, wenn ich nicht wählen gehe?
Wir sind eine demokratische Organisation, Mitbestimmung unserer Mitglieder ist uns wichtig. Und: bei uns dürfen alle wählen, Pass egal!
Dennoch sinkt die Beteiligung an den AK-Wahlen seit 2020. 2019 lag sie bei 38,65%. Schrumpft das Vertrauen in die AK?
Das Vertrauen unserer Mitglieder ist ungebrochen hoch, in jedem Ranking sind wir unter den Top 3. Wir tun alles für eine hohe Wahlbeteiligung, abschließend wissen wir das nach allen AK Wahlen 2024.
Abseits der Wahlen: Die AK will partout keine Senkung der Lohnnebenkosten. Aber mehr Geld im Börserl wäre doch nett?
Das kommt nicht im Geldbörsel der Menschen an, im Gegenteil: Es reißt Lücken in die Leistungen - Gesundheit, Familien, Arbeitslosenversicherung usw. Das ist kein Geschenk für die Arbeitnehmer:innen, sondern ein vergifteter Apfel 🍏!
Aber zum Beispiel der Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) zählt zu den Lohnnebenkosten und zahlt etwa Familienbeihilfe, Kinderbetreuungsgeld oder Schulbuchaktion. Sollten da nicht alle einzahlen anstatt nur Arbeitnehmer:innen zur Kasse zu bitten?
Lohnnebenkosten sind Sozialstaatsbeiträge der Arbeitgeber. Von einem guten Sozialstaat haben alle etwas - Arbeitnehmer:innen und Betriebe.
Sie erhöhen die Kosten von Arbeit. Die Leistungen könnten stattdessen von allen aus dem Budget getragen werden. Wieso ist das keine gute Idee?
8 von 10 Steuer-Euro kommen von Arbeitnehmer:innen und Konsument:innen - sie schultern den Großteil des Budgets schon jetzt. Mir ist eine Diskussion über mehr Beiträge der Reichen wichtiger als schon wieder die Vielen zur Kasse zu bitten.
Reichensteuern sind eine rote Hauptforderung. Und während die SPÖ in der Regierung war, haben AK-Expert:innen faktisch Gesetze mitgeschrieben. Käme mit SPÖ-Chef Andreas Babler auch die AK zurück in die Regierung?
Die AK war nie und wird nie Teil einer Regierung sein.
Aber man kann der Regierung näher stehen - oder distanzierter. Unter Schwarz-Blau wurde die AK etwa in den Krankenkassen entmachtet. Sorgen Sie sich vor einer möglichen blau-schwarzen Regierung im Bund?
Wir sorgen uns vor einer Regierung, die gegen die Interessen der Arbeitnehmer:innen arbeitet. Wir stehen einer Regierung dann näher, wenn sie die Anliegen der Vielen im Land ernst nimmt.
Wäre das etwa eine große Koalition in sozialpartnerschaftlicher Tradition?
Die Sozialpartner wieder mehr einzubeziehen ist nie ein schlechte Idee - in jeder Regierungskonstellation.
Letzte Frage: Am Freitag war feministischer Kampftag. Was müsste sich als erstes ändern, um die Situation für Frauen in Österreich zu verbessern?
Der politische Wille der Bundesregierung, für die Frauen endlich wirklich Verbesserungen umzusetzen 😠: Kinderbildungseinrichtungen, Lohntransparenz und vieles mehr.
Frau Präsidentin, danke für den Chat.
Auch ich sage Danke!
Wahltermine AK-Wahl 2024
Vorarlberg: 26. Jänner bis 8. Februar
Salzburg: 26. Jänner bis 8. Februar
Tirol: 29. Jänner. bis 8. Februar
Kärnten: 4. März bis 13. März
Oberösterreich: 5. März bis 18. März
Burgenland: 10. April bis 23. April
Niederösterreich: 10. April bis 23. April
Wien: 10. April bis 23. April
Steiermark: 16. April bis 29. April
