Sven Hergovich im Chat: „Auf der Gierskala bekommt die FPÖ 10 von 10 Punkten“
Von Max Miller
Diese Woche jährte sich die niederösterreichische Landtagswahl zum ersten Mal, das Ergebnis war für ÖVP und SPÖ ernüchternd: Die Volkspartei stürzte um fast zehn Prozentpunkte ab, die Freiheitlichen gewonnen beinahe ebenso viel und landeten noch vor der SPÖ auf dem zweiten Platz.
Die Sozialdemokratie zog ihre Schlüsse und tauschte die eigene Spitze aus. Seitdem führt der frühere AMS-Landeschef Sven Hergovich Niederösterreichs SPÖ an. In den Koalitionsverhandlungen zeigte er sich hartnäckig: Lieber würde er sich die "Hand abhacken" als auf seine Kernforderungen zu verzichten, erklärte er. Die ÖVP sah sich daraufhin nach neuen Partnern um und wurde in der FPÖ fündig.
Nach der Nationalratswahl könnte es im Bund zu einer ähnlichen Situation kommen, Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat mit seinem "Österreichplan" jedenfalls bereits ein Quasi-Wahlprogramm präsentiert. Was ihm an Nehammers Plänen gefällt, wo er zweifelt und warum er lieber sein Gehalt spendet als auf das niederösterreichische Proporz-System zu verzichten, erklärt Sven Hergovich im Chat:
Vor einem Jahr ist die SPÖ in Niederösterreich hinter die FPÖ gefallen. Sie haben sich dann in den Koalitionsverhandlungen die Hand nicht abgehackt, jetzt regiert Schwarz-Blau. Im Rückblick: War Ihre Hand das wirklich wert?
Ich war von Anfang an ehrlich und habe immer gesagt, dass ich ein Koalitionsabkommen nur dann unterschreibe, wenn es echte Verbesserungen für NÖ bringt. Dazu stehe ich nach wie vor🤲
ÖVP-Chef Karl Nehammer hat am Freitag in Wels seinen „Österreichplan“ vorgestellt. Im Sinne einer möglichen künftigen rot-schwarzen Zusammenarbeit: Welche Punkte aus Nehammers Plan würden Sie sofort unterschreiben?
Ich finde es richtig, dass er Arbeit entlasten will 👍
Dafür braucht es ein seriöses Gegenfinanzierungskonzept zB über eine Rücknahme der Körperschaftssteuersenkung. Verbesserungen ohne Gegenfinanzierung hat uns die ÖVP in 37 Regierungsjahren schon zu oft versprochen🙈
Eine Rücknahme der KÖSt-Senkung plant Nehammer nicht, im Gegenteil. Gibt es einen Punkt in seinem neuen Programm, bei dem Sie sich eher „die Hand abhacken“ würden, als ihn mitzutragen?
Nehammer müsste erklären, wie er seine Pläne finanzieren will: Lohnnebenkostensenkungen ohne seriöses Gegenfinanzierungskonzept sind bei einem 20Mrd € Budgetdefizit nicht nur fiskalpolitisch unverantwortlich, sondern gefährden auch den Sozialstaat. Das lehne ich ab.
Dass Nehammer an Vollspaltenböden für Schweine 🐷 festhalten will, geht gar nicht!
Von den Schweinen fällt mir keine Überleitung ein, also machen wir einen harten Schwenk nach rechts: Nehammer nennt FPÖ-Chef Herbert Kickl neuerdings „rechtsextrem“, die FPÖ als Partei aber nicht. Auf einer Skala von 1 (gar nicht) bis 10 (extrem rechtsextrem): Wie rechtsextrem ist die FPÖ aus Ihrer Sicht?
Extrem sind sie vor allem darin, aufs eigene Geld zu schauen. Seit Schwarz-blau in NÖ regiert, wird ein sauteurer 💰 Posten nach dem anderen geschaffen und Udo Landbauer hat sich die höchste Gehaltserhöhung gegönnt sodass er nun mehr verdient als ein Minister. Was man fordert muss man leben und ich verzichte daher auf meine Gehaltserhöhung.
Eine Antwort auf meine Frage war das jetzt aber noch nicht. Wie rechtsextrem ist die FPÖ auf einer Skala von 1 bis 10?
Die FPÖ fällt in NÖ nicht mit Politik auf, sondern ist vor allem extrem gierig und hat sich gut ins schwarze System eingefügt. Auf der Gierskala bekommen sie 10 von 10 Punkten
Gier ist nicht per se rechtsextrem, aber bevor wir ewig hin- und herschreiben, nehme ich den Ball mit Ihrem Verzicht auf die Gehaltserhöhung der niederösterreichischen Landesrät:innen auf: Sie spenden diese – aber an welche Organisationen eigentlich genau?
Als Kontroll-Landesrat ist mir Transparenz besonders wichtig. Ich werde daher alle Spenden offenlegen. Bislang habe ich an eine Initiative, die Eltern schwer kranker Kinder hilft und an einen Sozialmarkt sowie einen Tierschutzverein gespendet.
Landesrat sind Sie ja tatsächlich nur durch das Proporzsystem in Niederösterreich, de facto sitzen Sie als Oppositionspolitiker in der Landesregierung. Könnte man nicht gleich Ihren ganzen Posten – und damit das Gehalt – einsparen? Dann müssten Sie es nicht spenden.
Mir ist bewusst, dass sich die Mächtigen bei Schwarz-Blau gerne jeglicher Kontrolle entledigen würden. Kein Bundesland ist so intransparent wie Niederösterreich und Akteneinsicht hat man hier nur als Regierungsmitglied. Regierung ohne Kontrolle wünscht sich vielleicht Wolfgang Sobotka 🎹, aber für NÖ wäre das nicht gut. Macht braucht Kontrolle und ich kann versprechen, dass ich als Kontroll-Landesrat auch weiter unbequem für das schwarz-blaue System sein werde…
Herr Hergovich, danke für den Chat.
Danke für das Gespräch! War mein erstes Chat-Interview und hat Spaß gemacht :)
