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Anlagekasse

Bei der Jagd nach Renditen setzen immer mehr Privatanleger ausschließlich auf Aktien. Haben Anleihen in einem Portfolio gar nichts mehr verloren?

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von Robert Prazak

Mal rauf, mal runter, mal mehr, mal weniger: An den Aktienmärkten geht es genauso unübersichtlich zu wie bei den Coronamaßnahmen und Impfplänen so mancher Staaten. Und dennoch entscheiden sich immer mehr Anleger, ihr Geld vermehrt in Aktien zu stecken. Langfristig bieten diese Wertpapiere einfach die höchsten Renditen, das beweisen regelmäßig Vergleiche der Anlageklassen. Und sogar ein Horrorjahr wie 2020 kann rasch überwunden werden: Aktienindizes wie der deutsche DAX oder der MSCI World haben längst wieder das Niveau vor dem Corona-Crash erreicht.

5,3 Prozent reale Rendite haben globale Aktien in den vergangenen 121 Jahren annualisiert erzielt. Das zeigt eine Analyse von Credit Suisse. Zum Vergleich: Anleihen kommen im selben Zeitraum auf eine Rendite von 2,1 Prozent.

Vor allem institutionelle Investoren hatten schon vor der Coronakrise ihren Anleihenanteil reduziert. „Aufgrund des in den letzten Jahren deutlich gesunkenen Renditeniveaus sind viele Investoren auf der Suche nach höheren Erträgen in risikoreichere Veranlagungen ausgewichen“, erklärt Wolfgang Zemanek, Leiter Anleihenfondsmanagement der Erste Asset Management. Der Anteil weniger riskanter Staatsanleihen hat sich dadurch in manchen Portfolios reduziert. „Der Trend führt in den letzten Jahren bei großen konservativen Anlegern zu höheren Aktienquoten“, bestätigt Christian Nemeth, Chief Investment Officer der Zürcher Kantonalbank Österreich. In der Gesamtbevölkerung gehe das allerdings langsamer voran, viele vertrauen nach wie vor auf Bausparer oder Sparbuch.

Der Trend ist aber auch bei Privatanlegern längst eingeleitet, wobei zwei Faktoren eine Rolle spielen: Der Zugang zum Aktienmarkt ist nicht zuletzt durch Onlinebroker einfacher und kostengünstiger geworden. Dazu kommt ein psychologischer Effekt: Bei Aktien ist man Teileigentümer und nicht nur Gläubiger wie bei Anleihen – man nimmt also direkt an der potenziellen Aufwärtsentwicklung eines Unternehmens teil. Sieht man sich ausschließlich die Renditechancen an, spricht ohnehin alles für Aktien. „Allerdings muss man als Anleger aufpassen, welche Volatilität man sich damit kauft“, warnt Nemeth. Denn wenn Anleger zwar den Wunsch nach Rendite haben, dazu aber nur eine geringe Risikotragfähigkeit, sollte man nicht ausschließlich auf Aktien setzen. „Die Frage ist nämlich: Schafft man es mental, die Schwankungen zu verkraften?“

Fakt ist: Bei Aktien kann es tatsächlich im wilden Wechsel hinauf und hinunter gehen – und gerade die Coronakrise hat gezeigt, wie rasch die Kurse rasant ins Bodenlose stürzen können. Wer nicht die Nerven und das finanzielle Durchhaltevermögen hat, solche Phasen durchzutauchen, könnte ausgerechnet zum ungünstigsten Zeitpunkt verkaufen und damit sein Vermögen reduzieren. Sicherheit ist überhaupt ein Kernthema: Aktien sind im Regelfall deutlich riskanter als Anleihen – zumindest als jene von Staaten und Unternehmen mit hoher Bonität. So werden Anleihenbesitzer im Vergleich zu Aktionären bei Zahlungsschwierigkeiten vorrangig bedient.

Also doch nicht ganz weg von den Anleihen? Das Schlagwort lautet wieder einmal Diversifikation, also Risikostreuung. Das klappt, indem man nicht ausschließlich auf eine Anlageklasse – neben Aktien und Anleihen etwa auch Rohstoffe und Immobilien – und ein Anlagethema – etwa Gesundheit oder Technologie – vertraut, sondern das Geld schön aufteilt. Bei den Anlageklassen galt früher eine Faustregel für das Verhältnis zwischen Anleihen und Aktien: Aktienquote ist gleich 100 minus Alter, also beispielsweise 70 Prozent Aktien für 30-jährige Anleger. Doch das ist laut Experten heute nicht mehr allgemein gültig. Vielmehr sollten weitere Faktoren wie Risikobereitschaft und Marktentwicklung betrachtet werden; zudem sollten die Investitionen regelmäßig überprüft werden, um sie gegebenenfalls anzupassen. Eine Rolle spielt derzeit die Inflation, über die es zwar widersprüchliche Prognosen gibt, die aber in den nächsten Monaten stärker zum Thema werden könnte.

Was können Anleger also jetzt konkret machen? Nemeth empfiehlt für Investoren, die in puncto Risiko nicht ausschließlich in Aktien investieren möchten, eine gemischte Strategie – und zwar eine Quote 50:50 bei Anleihen zu Aktien. „Es macht aber keinen Sinn, ganz aus Staatsanleihen rauszugehen, also etwa nur noch High-Yield-Anleihen zu verwenden.“ Diversifikation sei auch innerhalb der Anlageklassen wichtig. Und wie können die passenden Anleihen gefunden werden? Nemeth empfiehlt für den Anleihenanteil in einem gemischten Portfolio, rund die Hälfte in länger laufende Staatsanleihen zu stecken, die andere Hälfte in eher kurz laufende Staatsanleihen und Unternehmensanleihen. „Dazu können kleinere Beimischungen im High-Yield-Bereich bzw. in Emerging Markets kommen.“ Hinsichtlich der Währungen sollte man größtenteils im Euro bleiben, weil die Währungsvolatilität bei Anleihen ein noch wichtigeres Thema ist als bei Aktien. Wolfgang Zemanek meint: „Staatsanleihen aus Deutschland, den USA und auch Österreich gelten aufgrund der hohen Bonität sowie ihrer Liquidität – das gilt für die USA und Deutschland – in turbulenten Zeiten als sicherer Hafen für Investoren.“ Das habe sich im Frühjahr 2020 bewiesen und könnte bei der nächsten turbulenten Marktphase ähnlich sein. Für Markus Müller, Leiter des Wealth Managements der Deutschen Bank in Österreich, sind Unternehmensanleihen derzeit „selektiv interessant“ und Anleihen von Schwellenländern attraktiv. Auch beim Vermögensverwalter Jupiter vertraut man auf Schwellenländeranleihen – diese würden derzeit von positiven Faktoren profitieren und wären vergleichsweise günstig.

Die eierlegende Wollmilchsau bei der Geldanlage wird man aber auch in den nächsten Jahren leider nicht finden: Hohe Renditen ohne Risiko gibt es nicht. „Ein Grundsatz bei der Geldanlage ist immer gültig: Je höher die Renditen, desto höher das Risiko“, sagt Zemanek.

High-Yield-Anleihen

Sogenannte High-Yield-Anleihen versprechen vergleichsweise hohe Zinsen, dafür ist das Risiko deutlich höher. Es handelt sich dabei um Anleihen von Emittenten mit schlechter Bonität – das können Unternehmen oder Staaten sein. Über die Zinscoupons solcher Papiere haben die Anleger Aussicht auf jährliche Zinsen, die Anleihen sind allerdings auch Kursschwankungen unterworfen. Im Vorjahr lagen die Ausfallraten solcher High-Yield-Anleihen in Europa bei vier Prozent, in den USA bei knapp sieben Prozent. Experten empfehlen sie in begrenztem Ausmaß zur Diversifikation des Portfolios.