New Balance 990v4: Die 990-Serie kam 1982 auf den Markt. Es handelt sich um ein elegantes Laufmodell, das nun in einer Edelversion aufgelegt wurde und perfekt zu den aktuellen Trends "Dad Shoe" und "Normcore" passt.
"Es gilt, den Jagdinstinkt zu wecken"

Warum ist es für Teenager so wichtig, angesagte Sneaker zu tragen, Herr Danforth?

Der in Berlin lebende Sneaker-Experte Chris Danforth über moderne Statussymbole, Kids als Dealer und die Produktion von Hypes.

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profil: Warum ist es für Teenager so wichtig, angesagte Sneaker zu tragen? Danforth: Turnschuhe waren lange ein Nischenprodukt. Mittlerweile sind sie globale Statussymbole geworden. Über Sneaker ist man von HipHop bis zur High Fashion mit popkulturellen Systemen kurzgeschlossen. Wenn Kids Musiker wie Pharrell Williams oder Kanye West mit bestimmten Turnschuhen sehen, wollen sie die auch haben.

profil: Wie können sich Kinder das überhaupt leisten? Danforth: Sie müssen kreativ werden, entwickeln neue Business-Modelle. Als Kleinunternehmer handeln sie mit begehrten Modellen, die sie teurer weiterverkaufen -meist, um sich dann das nächste Paar leisten zu können. Viele Kids stellen ein Foto von sich auf Instagram, tragen die Schuhe ein paar Wochen und verkaufen sie dann wieder. Das ist ein geschlossener Zyklus.

profil: Welchen sozialen Background haben diese Mini-Dealer? Danforth: Es betrifft verstärkt Kinder aus der Mittel-und Oberschicht, die auch auf Social Media präsent sind. Es ist ein Startvorteil, wenn man Eltern hat, die Geld haben.

profil: Ist es nicht schwierig, sich von Eltern abzugrenzen, die inzwischen auch Sneaker tragen? Danforth: Sicher gibt es coole Moms und Dads, die Yeezys anziehen, aber meist leben die Kids doch in einer eigenen Blase. Es geht darum, was in ihrer Clique angesagt ist. Das Sneaker-System ist mittlerweile extrem schnell, die Produzenten erzeugen künstlich Gründe, warum man sein Geld ausgeben muss.

Es gilt, den Jagdinstinkt zu wecken.

profil: Bestimmte Modelle gelangen nur in niedrigen Stückzahlen auf den Markt. Danforth: Es wird ein Hype erzeugt. Das Skater-Label Supreme hat dieses System schon früh perfektioniert: Man erfährt im Internet, wann es eine neue Lieferung gibt, dann stehen die Leute in Schlangen vor den Läden, um limitierte Produkte zu erwerben. Viele Unternehmen kreieren spannende Geschichten um ihr Produkt, bringen es nur lokal heraus. Wenn ein Schuh nur in einem Shop in Berlin erhältlich ist, ist das für ein Kind in New York total aufregend. Es gilt, den Jagdinstinkt zu wecken.

profil: Wie wichtig sind die High-Fashion-Sneaker? Danforth: In den vergangenen zwei, drei Jahren haben High Fashion- Brands im Zuge des Streetwear- Trends einfach entdeckt, dass sie viel Geld mit Turnschuhen machen können. Der berühmte Triple S von Balenciaga ist wahrscheinlich auch deshalb so cool, weil der Designer Demna Gvasalia ein neuer Typ von Modemacher ist. Er ist jung, trägt selbst Sneaker und Baseball- Kappen. Virgil Abloh, der kürzlich die Herrenlinie von Louis Vuitton übernommen hat und mit seinem Label Off-White berühmt wurde, legt als DJ auf. Mode ist Popkultur geworden.

profil: Früher drückte die eigene Kleidung gesellschaftliche Zugehörigkeit aus. Danforth: Man konnte viel über eine Person erfahren -allein durch das, was sie anhatte. Wenn man Skaterschuhe trug, war man Teil dieser Subkultur. Das hat sich total verändert, der Mainstream hat vieles aufgefressen.

Die Leute glauben, wenn sie ein Produkt kaufen, sind sie schon Teil einer Kultur.

profil: Ist Mode ein neuer Weg, eine Art von Gemeinschaft herzustellen? Danforth: Die sozialen Medien haben mitgeholfen, Subkulturen umzubringen. Früher musste man viel Zeit investieren, um Subkulturen überhaupt zu verstehen. Es war eine Geheimwissenschaft. Mittlerweile ist alles leicht verfügbar. Mit einem Klick kann man alles über die Skateboard-Szene erfahren. Die Leute glauben, wenn sie ein Produkt kaufen, sind sie schon Teil einer Kultur.

profil: Früher war Sneaker-Sammeln ein Boysclub. Hat sich das verändert? Danforth: Das hatte sicher auch damit zu tun, dass gerade in Sneaker-Unternehmen meist Männer die Machtpositionen innehatten. Sie verstanden einfach nicht, wie man Produkte für Frauen entwirft. Es gibt im Englischen eine Phrase, die es auf den Punkt bringt: "Shrink it and pink it."(Mach es kleiner und in Rosa.) Mittlerweile gibt es nicht nur mehr Frauen, die in großen Unternehmen kreativ tätig sind, man weiß auch besser, wie man mit Kundinnen kommuniziert. Reebok hat Popstars wie Ariana Grande oder Cardi B als Markenbotschafterinnen.

Chris Danforth

profil: Kanye West hat mit seinen Yeezy-Sneakern einen enormen Hype kreiert. Schadet es ihm, dass er sich für US-Präsident Donald Trump starkmacht? Danforth: Die meisten Kids interessieren sich nicht besonders für Politik. Ursprünglich waren die Yeezys dermaßen limitiert, dass es fast unmöglich war, sie zu bekommen. Jetzt wird der Markt damit überschwemmt. Aber: Hype für jeden, das geht nicht. Das sind total unterschiedliche Konzepte.

profil: Kaufen Sneaker-Sammler auch Fakes? Danforth: Das ist definitiv keine gute Idee. Ich würde nie Fakes tragen. Die Leute denken doch, man hat sich reinlegen lassen, weil man das Original nicht kennt. Das ist wie mit den gefälschten Louis-Vuitton- Taschen: Sie sehen billig aus. Die Leute wollen das Original.

Chris Danforth, 28,

stammt aus Vancouver und lebt seit einigen Jahren in Berlin. Er ist Redakteur für Sneaker im Streetwear-Blog Highsnobiety, der 2005 von David Fischer gegründet wurde. Die Website wird acht Millionen Mal im Monat besucht, es gibt rund 100 Mitarbeiter in Büros in Berlin, London und New York.

Karin   Cerny

Karin Cerny