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Schinkenfleckerl: Es schneit Ei und Käse

Die perfekten Schinkenfleckerl (II): Der Flaumigkeit verpflichtet

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Leser B. hat mir nach dem ersten Teil meines kleinen Seminars über satisfaktionsfähige Schinkenfleckerl geschrieben, es habe ihn erstaunt, dass ich den italienischen Klassiker Spaghetti Carbonara mit dem altösterreichisch-böhmischen Nudelauflauf vergleiche; seien doch unsere Schinkenfleckerl ungleich älter als der weltberühmte Teller Pasta. Während die nämlichen Spaghetti, so Leser B., für dessen historischen Recherchebeitrag ich mich herzlich bedanken möchte, vermutlich erst gegen Ende des Zweiten Weltkrieges entstanden und mit Eipulver und Speck aus den Nahrungsrationen der alliierten US-Soldaten in die italienische Kulinarik eingeflossen sind, gibt es die Fleckerl schon viel länger. Leser B. belegt das mit einem PDF aus dem "Oekonomischen Handbuch für Frauenzimmer" aus 1795, in dem es bereits zwei Varianten von "Schinkennudeln" gibt-beide allerdings ohne Käse.

Freilich wollte ich die beiden Gerichte nicht wegen ihrer mehr oder weniger langen Geschichte vergleichen, sondern wegen ihres faszinierenden Unterschiedes trotz gleicher Zutaten. Und es gibt sogar noch eine Gelegenheit, die Speisen aneinander zu messen, wobei das Alter ebenfalls eine Rolle spielt: Beiden ist bekanntes Liedgut gewidmet: Den Schinkenfleckerln setzte Hermann Leopoldi 1936 mit dem von Fritz Spielmann verfassten Lied ein Denkmal; die Carbonara ist auch in der Populärmusik viel jünger; sie wurde fast ein halbes Jahrhundert später, nämlich 1982, von der deutschen Band Spliff vertont.

Vergangene Woche ging es um den besten Schinken und die selbst gemachten Fleckerl; es fehlen aber noch Ei und Käse. Doch zunächst zur Auflaufform: Sie sollte zwischen 7 und 9 cm hoch sein, damit die herausgesäbelten Schnitten auch etwas hermachen.

Die Eier. Viele Rezepte schreiben vor, ganze Eier zu verwenden. Ich empfehle, sie zu trennen. Für meine Auflaufform benötige ich 3 Eier. Ich trenne sie und schlage das Eiklar mit einer kleinen Prise Salz zu mittelsteifem Schnee. Die 3 Dotter verrühre ich mit 250 ml Sauerrahm, 50 ml Obers, 1 Prise Muskatnuss, 2 EL gehackter Petersilie, 1 EL getrocknetem Majoran (wer sich den aus Neusiedl besorgt, hat eine gute Wahl getroffen),Salz und Pfeffer.

Der Käse. Da wollen wir keine Wissenschaft draus machen. Mit dem Käse kann man die Schinkenfleckerl sogar behutsam in kulinarische Himmelsrichtungen bugsieren: Mit Bergkäse geht es ein wenig gegen Westen, mit Emmentaler noch weiter; mit Gruyère ist man fast schon in Frankreich angekommen, und mit Parmesan in der Heimat der Carbonara. Ich wähle stets eine Kombination mit dem fixen Bestandteil Parmesan. Von dem benötige ich etwa 4 bis 5 EL in geriebenem Zustand, die ich über den backreifen Auflauf streue, und darüber kommen noch etwa 3 EL eines meiner beiden Favoriten: Gruyère oder Bergkäse. Ich will aber nicht verhehlen, dass manche Kochbuchklassiker den Käse überhaupt weglassen.

Jetzt benötige ich eine große Schüssel. In die schütte ich die vorgekochten und abgeseihten 300 g Fleckerl; sind sie frisch, dauert das in gesalzenem Wasser 1 Minute, sind sie getrocknet, maximal 2. Wichtig: Fleckerl immer frisch kochen. Wenn sie stehen, verkleben sie heillos! Dann folgen die 360 g Schinken und die Eier-Rahm-Masse, und zum Schluss hebe ich vorsichtig den Schnee unter-mein Garant für flaumige Fleckerl. Das alles soll ziemlich zähflüssig sein und beim Bewegen leicht schwappen, denn die Masse verträgt viel Nass und wird andernfalls schnell trocken.

Die Auflaufform schmiere ich mit weicher Butter aus, schütte 2 EL Semmelbrösel hinein und schwenke die Form so lange, bis sie innen völlig mit angeklebten Bröseln überzogen ist. Nun kann ich die Fleckerl hineinleeren. Darüber lasse ich zunächst den Parmesan, dann den anderen Käse schneien. Und ab ins auf 200 Grad vorgeheizte Backrohr. Nach etwa 15 Minuten, wenn der Auflauf oben zu bräunen beginnt, lege ich ein Blatt Alufolie darüber und backe 15 bis 20 Minuten weiter. Zum Schluss wird die Folie wieder entfernt, damit innerhalb weniger Minuten eine hübsche Kruste entsteht. Mit dem Portionieren warte ich noch kurz, etwa 2:55 Minuten; so lange dauert das Lied von den Schinkenfleckerln. Dazu gibt es den Blattsalat der Saison.