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Starkmacher Selbstvertrauen: Wie wir damit durch die Krisen kommen

Selbstvertrauen ist keine fixe Größe und in ständiger Veränderung. Aber: Gerade durch Scheitern und nach Niederlagen kann es gestärkt werden. Was wissen wir über die Kraft, die uns durch Krisen hilft?

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Der 2019 verstorbene Niki Lauda war ein Mensch, dem Zeitökonomie immens wichtig war. Legendär seine kommentarlosen Abgänge bei Sponsoren-Dinners während seiner Rennfahrerzeit, wenn ihn der Small Talk zu sehr gelangweilt hatte. Umso erstaunlicher war es, dass er sich für profil-Interviews oft Stunden Zeit nahm. Bei einem dieser Gespräche, die meist in seinem Stammlokal, dem Café Imperial im gleichnamigen Wiener Hotel, stattfanden, kamen wir auf das herausforderndste Rennen seiner Formel-1-Karriere zu sprechen: Nur 42 Tage nach seinem Feuerunfall im August 1976 auf dem Nürburgring, den Lauda mit schweren Brandwunden nur knapp überlebt hatte, stieg er in Monza wieder in seinen Ferrari.

Wunder-Comeback: Niki Lauda beim ersten Rennen nach seinem Feuerunfall, nur 42 Tage danach in Monza im September 1976. Trotz Panikattacken und Todesvisionen schaffte er den vierten Platz.

Doch schon beim ersten Training befand sich sein Selbstvertrauen im freien Fall. Als er im Rennauto saß, begann seine transplantierte Kopfhaut zu bluten, weil der Druck durch den Helm zu heftig war: "Ich hatte plötzlich Todesvisionen, dass ich von einer Leitplanke durchbohrt werde, und bin nicht einmal in den zweiten Gang gekommen. Ich hatte eine Panikattacke und habe mir einfach in die Hosen gemacht." Beim nächsten Training eroberte er sich das Vertrauen in das eigene Können langsam wieder zurück: "Ich habe mich am nächsten Tag völlig von dem Druck befreit und mich gezwungen, nicht auf meine Zeit und die der anderen zu schauen. Ich habe mich gezwungen, so zu tun, als ob gar kein Grand Prix auf dem Plan stünde. Dann habe ich mich in mein Auto gesetzt, ein bisserl Brummbrumm gemacht und mich langsam mit dem Gerät wieder seelisch vereint. Und dann war ich schneller als die vielen Depperten, die nicht Wochen im Spital hinter sich hatten."

Lauda beendete das Rennen mit dem vierten Platz, und ein Jahr später eroberte der insgesamt dreifache Weltmeister den Titel wieder zurück. Sein Vertrauen in seine Gestaltungskraft "against all odds", allen Widrigkeiten zum Trotz, verhalf ihm zum spektakulärsten Comeback in der österreichischen Sportgeschichte. Nach Tragödien habe er sich "immer wieder zu Rationalisierungen gezwungen", nur so könne man "sich die Angst nehmen".

Sich frei machen, alle Widrigkeiten ausblenden, ist auch die Methode, die der österreichische Tennis-Star Dominic Thiem, zurzeit aufgrund seiner Verletzung auf aktuell Platz 104 der Weltrangliste abgerutscht, einsetzt: "Du musst vor allem auch dann weitermachen, wenn andere Leute sagen, dass man es nicht schaffen wird." Seine mentale Stärke sei etwas, so seine Mutter Karin Thiem, "das nicht mit Coaching erreicht werden kann, das ist ihm angeboren."

Was das Aufpumpen des Egos betrifft, sind inzwischen viele überzeugt, dass sie es durch den Konsum von Coaching-Weisheiten sehr wohl erreichen können. Inzwischen ist eine regelrechte Psycho-Industrie entstanden, wo Konsumenten in der Illusion geschaukelt werden, man könne in "Webinaren", mithilfe von Apps und teuren Coaching-Stunden sowie der Lektüre von Lebensratgebern mit Titeln wie "Selbstvertrauen-entfessle deine innere Kraft" oder "Selbstvertrauen-die Kunst, dein Ding zu machen" Selbstvertrauen, Selbstwert und Ich-Stärke trainieren wie einen Bizeps an den Muskelmaschinen. Experten wie der deutsche Spezialist für Persönlichkeitspsychologie Jens Asendorpf sehen in dieser "Tendenz zur Selbstoptimierung" eine echte Gefahr: "Da wird man zum Beispiel vom Arbeitgeber in psychologische Fitnesscenter geschickt, damit man auch unter schlechten Bedingungen seine Leistung erbringt. Man kann sich schon einbilden, sich danach als handlungsfähiger und optimistischer wahrzunehmen, aber in Wahrheit ist es Humbug und bringt gar nichts. "Auch der deutsche Psychiater Manfred Lütz nennt diesen Boom zur Selbstermächtigung "gut verkäuflichen Unsinn, ähnlich wie die Glücksratgeber".

Die Wiener Psychoanalytikerin Rotraud Perner teilt diese Einschätzung: "Trainieren kann man das nicht, das ist Kundenfang oder naive Selbst-und Fremdtäuschung. Es hat sich eine Luftberater-Industrie gebildet, gleich den Luftschneidern in Andersens Märchen 'Des Kaisers neue Kleider', die unter dem Missbrauch psychologischer Fachbegriffe für alles, was ungute Gefühle bereiten könnte, Trainings anbieten."

Karin Bergmann, die erste und bisher einzige Burgtheaterdirektorin, erzählt, wie sie 2015 aus der Pension geholt wurde und ihrer Intuition vertraute: "Ich habe mir nie ein Coaching geholt, ich coache mich selbst. Morgens um halb sechs habe ich mich in den Spiegel geguckt, mir zugerufen: 'Bergmann, du schaffst das!' und mich nachher an den Küchentisch mit all meinen Listen gesetzt."

Die erste Burgtheaterdirektorin Karin Bergmann brauchte kein Coaching, sondern sagte sich jeden Morgen: "Bergmann, du schaffst das!"

In der gegenwärtigen Krise, einer Phase, die uns mit ungeahnten Herausforderungen konfrontiert, ist Selbstvertrauen oder die "Selbstwirksamkeitserwartung", wie das in der Verhaltenstherapie nicht sehr geschmeidig heißt, seelisches Gold. Im Gegensatz zum Freud'schen Denkansatz, dass in der Kindheit die unumstößlichen Weichen für das spätere Verhalten eines Menschen gestellt werden, verabschiedet sich die aktuelle Forschung von dieser Theorie in sanften Schritten.

Der deutsche Psychiater Manfred Lütz sieht "den Einfluss der Kindheit in der öffentlichen Wahrnehmung noch immer stark überschätzt. Spricht man in der Psychotherapie zu viel von der Kindheit, suggeriert man indirekt, dass die Symptome nicht zu ändern sind. Moderne Psychotherapeuten richten daher den Scheinwerfer viel mehr auf die Ressourcen der Menschen." In der Praxis sehe das so aus, dass man einen depressiven Menschen, dem jedes Selbstvertrauen abhanden gekommen ist, nicht die Frage stellt "Warum sind Sie depressiv?", sondern eher eine wie "Wie haben Sie es geschafft, so lange durchzuhalten?", also vielmehr den Fokus "auf die positiven Eigenschaften dieses Menschen richtet".

Selbstvertrauen gilt in der Forschung als eine sich in ständiger Bewegung befindliche Größe, die noch im Alter Veränderungsprozessen unterliegen kann, solange sie von den Betroffenen gewollt sind. Tatsächlich hängt die Stabilität und die Höhe des Selbstvertrauens stark von der Bewältigung einschneidender Lebensereignisse ab. Die an der Potsdamer Universität lehrende Persönlichkeitsspezialistin Eva Asselmann hat dazu mittels einer Langzeitstudie geforscht. Mit dem Fazit, dass die erste Liebesbeziehung, egal wie sie ausgegangen sein mag, "Selbstvertrauen, Zuversicht und emotionale Stabilität" anhebt, ebenso wie der erste Job, und beides erstaunlicherweise in einem weitaus größeren Ausmaß als die Geburt des ersten Kindes oder eine Hochzeit. Asselmann rät in einem "Zeit"-Interview zur Politik der kleinen Schritte, um seine Vertrauenswerte stabil zu halten: "Man kann versuchen, neue Routinen im Alltag zu entwickeln und sich öfter die Frage zu stellen: Was brauche ich jetzt? Auch soziale Beziehungen sind extrem wichtig."

Eine Studie zur Persönlichkeitsforschung aus dem Jahr 2015 an der Universität von Illinois belegt ebenfalls, dass unter 6800 Befragen im Alter von 18 bis 70 Jahren 78 Prozent der Teilnehmer im Pensionsalter durchaus der Meinung waren, dass sie bei den Charaktermerkmalen emotionale Offenheit, Neugierde, Ordnung und seelische Stabilität veränderungswillig seien. Das deckt sich auch mit den statistischen Längsschnittdaten der Persönlichkeitspsychologie, die von einer beinahe lebenslangen Dynamik der menschlichen Persönlichkeit ausgeht. Ängstlichkeit, Reizbarkeit, Impulsivität und soziale Befangenheit nehmen, statistisch betrachtet, im Erwachsenenalter ab. Zugleich werden Gewissenhaftigkeit und Verträglichkeit mit den Jahren stärker.

Insgesamt gilt: Die Persönlichkeit eines Menschen entwickelt sich mit Sicherheit bis zum 60. Lebensjahr, manchmal auch darüber hinaus, und wird dabei laufend stabiler. Wichtig sei es, ein "dynamisches Selbstbild" zu haben, wie Carol Dweck, Psychologieprofessorin an der kalifornischen Stanford University, in der US-Fachzeitschrift "Psychology today" das nennt: "Menschen mit einem offenen Selbstbild-im Gegensatz zu solchen mit starren Vorstellungen von sich selbst-haben weit größere Chancen, Neues zu erlernen, sich weiterzuentwickeln und mit Krisen und Veränderungen zurechtzukommen."

Der Mensch kommt zwar mit etwas genetischem Handgepäck zur Welt, wird aber auch nicht in seinen ersten Lebensjahren ein für alle Mal festgeschrieben, sondern kann sein Leben noch bis ins fortgeschrittene Alter umformulieren. Selbstvertrauen und Selbstwert sind also kein Schicksal, die beiden Faktoren unterscheiden sich aber: Selbstvertrauen basiert auf Erfahrungen, die Sicherheit in die eigene Handlungskompetenz entstehen ließen. Selbstwert entsteht dadurch, wie ein Mensch emotional wahrgenommen wird oder wurde und welches Selbstbild daraus entstanden ist.

"Ich hatte noch lange nach unserem ersten Erfolg Träume, dass demnächst alles wieder vorbei sein könnte", erzählt Marko Wanda im profil-Interview. Der Frontmann der zurzeit erfolgreichsten österreichischen Band Wanda bekam erst mit der Stabilität des Band-Erfolgs sein Selbstvertrauen: "Wenn ich mir anschaue, wer ich 2014 war, als das alles begonnen hat, dann war ich ein Typ in Lederjacke und zerrissenen Hosen, der seine ganze Unsicherheit mit dieser Rüstung überspielt hat. Und wenn man genau hinschaut, sieht man, wie ich die ersten drei Jahre meiner Karriere wie angewurzelt am Mikrofonständer gestanden bin "

An vielen Pop-und Filmgrößen könne man absehen, dass die Faktoren Selbstvertrauen und Selbstwert nicht Hand in Hand gehen müssen, so Neel Burton, Autor von "Heaven and Hell: The Psychology of Emotions": "Denken wir an die vielen Künstler, die kein Problem haben, vor Tausenden aufzutreten, aber ihren geringen Selbstwert mit Alkohol und Drogen betäuben und sich dabei selbst zerstören."

Ich habe meine Unsicherheit mit einer Rüstung überspielt.

Marco Wanda

Frontmann von Wanda

Noch nie wurden so erbitterte Glaubensfehden beim Erziehungsstil der Kinder geführt wie heute. Da stehen überbehütende Helikopter-Eltern alternativen Exemplaren gegenüber, die mit ihren Kindern alles partnerschaftlich ausdiskutieren wollen; Eltern, die ihr Kind wie eine Lifestyle-Trophäe organisieren und vom Cello zum Ausdruckstöpfern hetzen, sind konfrontiert mit solchen, die ihre Kinder noch nach dem anachronistischen Befehlsempfängerprinzip trimmen wollen. Und alle wollen naturgemäß nur das Beste für ihre Kleinen. Es würde hier den Rahmen sprengen, das zu diskutieren. Fest steht nur, dass die Tendenz, "Kinder zu sehr zu dressieren, um besondere Leistungen zu erbringen, kontraproduktiv ist", wie der deutsche Psychiater und Narzissmusforscher Hans-Joachim Maaz im profil-Interview erklärt, denn "das Kind muss oft Normen erfüllen, die wenig Rücksicht nehmen auf seine Bedürfnisse". Übertriebene Zuwendung habe in solchen Konstellationen oft nichts mit Liebe zu tun. Dass Idealisierung und Überhöhung eines Kindes, das den Erwartungen seiner Eltern ständig zu entsprechen hat, die beste Basis für eine spätere narzissmusanfällige Persönlichkeit bietet, kann man zigfach in der Fachliteratur nachlesen. Herauszufinden, was einem Kind Spaß macht, wo es besondere Eignungen hat, wo es auch Erfolgserlebnisse haben kann und dabei keinen Eislaufmutter-Druck auszuüben, ist der Balanceakt, auf den es ankommt: Förderung und Angebote statt Forderungen, und dazu die Vermittlung des Gefühls, dass das Kind nicht nur für Leistungen geliebt und akzeptiert wird.

Max Alexander, ein sechsjähriger Bub aus Los Angeles, zeigt auf seinem Instagram-Profil "Couture.to.the.max", wie er exzentrische Designer-Kleider im Alleingang mit einer Nähmaschine herstellt, die inzwischen schon einen Marktwert von 1000 Dollar besitzen. Es bereitet Vergnügen, das kleine Genie bei seinen leidenschaftlichen, völlig autonomen Schaffensprozessen zu beobachten. Weniger erbaulich wirkt die Tatsache, dass seine Mutter offensichtlich schon jede Menge Sponsoren gekeilt hat und die Kreativität ihres Kindes zu kommerzialisieren weiß.

Der schwedisch-amerikanische Stabhochspringer Armand "Mondo" Duplantis, 23, der zurzeit als bester Leichtathlet der Welt gilt, wurde als Siebenjähriger gefragt, wo er in seiner Altersklasse bereits eine Weltbestleistung aufgestellt hatte, ob er Angst vor dem nächsten Sprung habe. Seine Antwort von damals ist bis heute die gleiche geblieben: "Warum sollte ich? Ich kenne keine Angst."

Duplantis' Vertrauen in sein Können als Stabhochspringer ist von Kind an, als er noch mit einem Besenstiel den Sprung auf das Sofa übte, gefestigt. Dass Persönlichkeiten mit außergewöhnlichen Talenten und kräftigem Selbstvertrauen keine Angst kennen, mag in Einzelfällen stimmen, ist jedoch kein zu generelles Phänomen. Sie unterscheiden sich vor allem von Selbstzweiflern, weil sie den Umgang mit der Angst vor dem Versagen und dem Scheitern kennengelernt haben und ihre Angst gewissermaßen domptieren können wie Raubtierbändiger im Zirkus. In einem Buch des Autorenduos Georg Psota und Michael Horowitz zum Thema Angst schrieb die Schauspielerin Adele Neuhauser, die selbst jahrelang unter Ängsten litt: "Stillstand und Starre können uns auch anspornen, unseren Ängsten neu und frisch gegenüberzutreten. Denn jede überwundene Angst macht uns reicher und stärkt uns für neue Herausforderungen. "Und potenziert somit auch das Selbstvertrauen.

Wenn Ängste immer wieder auftreten, oft ohne ersichtlichen Grund und "zum Verlust "der realen Einschätzung einer Situation und der Handlungskompetenz führen", so der Spezialist für Angststörungen und Psychiater Michael Stuller, dann sollte man professionelle Hilfe suchen. Kognitive Verhaltenstherapien haben sich bei solchen Störungen als am effizientesten erwiesen.

Früheres Mobbing: Lady Gaga hatte als Musikstudentin mit dem Hass ihrer Kommilitonen zu kämpfen, sie wurde sogar von ihren Hatern in eine Mülltonne geworfen.

Dass Menschen an ihren Niederlagen und Defiziten wachsen können, klingt zwar wie eine Weisheit aus einem Glückskeks, aber die Biografien originärer Persönlichkeiten sind erstaunlich dicht besetzt mit vorangegangenen Erlebnissen von Mobbing, Abwertung, und Niederlagen, ehe der Erfolg in ihr Leben trat: Stefani Germanotta musste es ertragen lernen, dass ihre Kommilitonen an der New Yorker Musikuniversität sogar eine eigene Facebook-Gruppe mit dem Titel "Stefani, you will never be famous" gründeten, einmal warfen sie ihre "Hater" sogar in eine Mülltonne. Inzwischen hat Germanotta unter dem Künstlernamen Lady Gaga 170 Millionen Tonträger verkauft und gilt als eine der erfolgreichsten Pop-Künstlerinnen der Welt. In Interviews spricht sie häufig über ihre Kraft, allen Widersachern zum Trotz, an ihrem Ziel festzuhalten: "Vertrauen in dich ist der Schlüssel zu allem. Wenn du es nicht hast, fake es! Selbstvertrauen funktioniert wie ein Spiegel. Wenn der einen Knacks hat, kannst du den zwar reparieren, aber du wirst die Bruchstelle in diesem Motherfucker immer sehen, weil sie Teil von dir ist."

Walt Disneys Erfindung seines Zeichentrickhasens "Oswald, der Lustige" wurde von den Universal Studios abgelehnt, woraufhin er 1928 im Alleingang Micky Mouse erfand. Vincent Van Gogh verkaufte zeitlebens nur ein Bild, das sein Bruder anonym erworben hatte. Serena und Venus Williams wurden gemobbt, als sie aus den kalifornischen Slums in den vornehmlich weißen Tennis-Sport eindrangen. Ihr Vater und Coach Richard Williams erklärte in Interviews, dass "Selbstvertrauen und keine Angst zu haben" neben ihren sportlichen Talenten die wichtigsten Faktoren für ihren Erfolg gewesen seien. Die spätere zweifache Nobelpreis-Trägerin (und überhaupt erste Frau, die diesen Preis erhielt) Marie Curie, die in einer Zeit, als Frauen in der Wissenschaft bestenfalls als Labor-Gehilfinnen geduldet waren, das Radium und dessen Möglichkeiten für die Krebstherapie entdeckte, sagte sich in den Zeiten des Zweifels und des Kampfs folgenden Satz wie ein Mantra vor: "Wir müssen einfach daran glauben, dass wir für eine Sache ein besonderes Talent besitzen, und uns ein Ziel setzen."

Vertrauen in dich ist der Schlüssel zu allem. Wenn du es nicht hast, fake es! 

Lady Gaga

Popstar

Sich Ziele zu setzen, welcher Bedeutsamkeit immer, wird auch in der Altersforschung als wichtiger Faktor für Lebensqualität und das damit verbundene Selbstvertrauen angegeben. Die Zielsetzung und Sinnfindung sind wichtige Säulen für den Aufbau von Selbstvertrauen und auch die Basis der vom Holocaust-Überlebenden Viktor Frankl ins Leben gerufenen Therapierichtung Existenzanalyse und Logotherapie, die sich den Satz von Friedrich Nietzsche zum Grundstock gemacht hat: "Wer ein Warum zu leben hat, erträgt auch fast jedes Wie."

Der Schauspieler Philipp Hochmair war als Kind mit einer Leseschwäche geschlagen und der Häme seiner Mitschüler ausgesetzt gewesen. Irgendwann sprang er auf einen Tisch und rezitierte ein Gedicht so voller Leidenschaft, dass sich im Klassenzimmer die Stille der Anerkennung breitmachte. Die Saat für eine spätere Schauspielkarriere war gesät.

Der Begründer der Individualpsychologie Alfred Adler, der im Alter von fünf Jahren beinahe gestorben wäre, gab der Ursache für die Fähigkeit, Schwächen in Stärken zu verwandeln, den Namen "Minderwertigkeitskomplex". Die Stimulierung dieser Gefühle, so Adler, "weckt alle Kräfte, um Kompensationen zu erzwingen oder einen Vorstoß in diese Richtung zu machen." Als Beispiel erwähnte er immer den antiken Rhetoriker Demosthenes, dessen Sprachfehler ihn dazu ermutigt hatte, mit Steinen im Mund gegen die tosende Brandung anzureden, und der so "zum größten Redner seiner Zeit" wurde.

Einer der Pioniere zur Analyse des Selbstvertrauens ist der US-Philosoph Ralph Waldo Emerson, dessen Essay "Self-Reliance" (1841) gerade eine Renaissance feiert. Neben der Parole "Trust Yourself" ist Emerson der Überzeugung: "Wer ein Mensch sein will, muss Nonkonformist sein." Ergänzend könnte man noch Nietzsche hinzufügen, der der Überzeugung war: "Das Leben ist und bleibt eine Kriegsschule."

Und irgendwo dazwischen müssen wir durch.

Serie Ladestation

Betrachten wir diese Serie als eine Art seelischen Bereitschaftsdienst. Denn die Pandemie, die Isolation durch die Lockdowns, das Wegbrechen angestammter Selbstverständlichkeiten, existenzielle Ängste, eine in die Höhe schießende Inflation, der brutale Krieg in nur wenigen Hundert Kilometern Entfernung, die immer greifbarere Bedrohung durch die Klimakrise haben unsere psychische Widerstandskraft in den vergangenen drei Jahren stark in Mitleidenschaft gezogen. Sätze wie „Ich kann nicht mehr“ oder „Mir wird das alles zu viel“ gehören inzwischen zu unserer Alltagskultur, und das quer durch alle Generationen: Denn auch Kinder und Jugendliche haben seit 2020 intensiv mit seelischen Einbrüchen zu kämpfen. 2023 wird nicht wesentlich leichter werden.

Wie Sie und wir alle diesen Problemen am besten begegnen können, versucht profil in der Serie „Ladestation“ herauszufinden, einer Reihe, in der wir die unterschiedlichsten psychischen Themen wie Überlastung, Angststörungen, Panikattacken, Depressionen, Suchtproblematik in den Fokus rücken. Sehr lösungsorientiert, wie das so sperrig heißt: in Gesprächen mit Experten, Analysen der neuesten Forschungen und in Interviews mit Persönlichkeiten, die seelische Herausforderungen bewältigt haben. Im besten Fall als eine Art Therapie zum Lesen.

Angelika   Hager

Angelika Hager

leitet das Gesellschafts-Ressort