Martin L., Sozialarbeiter und Vater von zwei Kindern (sechs und sieben Jahre alt) erzählt.
„Die Kämpfe um ein kontinuierliches Kontaktrecht mit meinen beiden Kindern ziehen sich seit unserer Trennung, seitdem meine Ex-Frau aus dem gemeinsamen Haushalt ausgezogen ist und die Kinder erst einmal mit mir zurückgelassen hat. Das ist fünf Jahre her. Ich habe beruflich umgesattelt, damit ich flexibler bin und mehr Zeit mit ihnen verbringen kann. Ich bin jedes Mal, wenn sie unsere Vereinbarungen nicht eingehalten hat, sofort zur Familiengerichtshilfe gerannt, wo man mir danach zugesehen hat, wie ich 15 Minuten mit meinen Kindern spiele. Zwar wurde mir danach eine bessere pädagogische Kompetenz als der Mutter zugestanden, aber mit der Einschränkung, dass das nur deswegen so ist, weil ich dabei beobachtet werde und die Mutter so schlechtmachen wolle. Das ist alles mit extrem vielen Rennereien verbunden und sehr zermürbend. Ich habe rückblickend ein paar Fehler gemacht: mir nicht von Anfang rechtlichen Beistand gesucht, der auf Familienrecht spezialisiert war, sondern irgendeinen Anwalt. Das war die pure Geldverschwendung. Ich habe von Anfang an eine 50:50-Regelung angestrebt, aber mich dann zu zu vielen Kompromissen breitschlagen lassen.
Das Problem ist: Wenn einmal ein gerichtlicher Beschluss gefasst ist, kann man ihn gar nicht oder nur schwer verändern. Als die Kinder ihrer Mutter einmal gesagt haben, sie würden gerne länger und öfter bei mir sein, kam sofort die Ansage, wenn ich weiter gegen sie Stimmung mache, werde ich die Kinder bald überhaupt nicht mehr sehen. Diese Drohung steht ja eigentlich immer im Raum. Man bräuchte eine akute Anlaufstelle, wo man sich schnell und niederschwellig hinwenden kann. Wenn zu viel Zeit dazwischen vergeht, werden die Kinder danach natürlich deutlich distanzierter, und es braucht wieder eine Zeit, bis die Beziehung so ist wie früher. Ich habe mit ihrer Mutter, die arbeitslos war und gerade ihr drittes Kind bekommen hat, leider keine Gesprächsbasis mehr. Wichtig ist, dass wir uns nicht vor den Kindern anschreien. Ich versuche das Bringen und Abholen ganz neutral zu halten. Gezahlt habe ich immer, fast 800 Euro. Das ist in etwa ein Drittel meines Einkommens. Berechnet wird das nach dem, was ich verdienen könnte. Dann kann ich aber nicht so viel Zeit mit meinen Kindern verbringen, wie mir wichtig ist.
Müsste ich tatsächlich Miete zahlen und könnte nicht in einem Haus meiner Familie leben, würde es für mich finanziell schwierig werden. Eigentlich wäre das dann für mich gar nicht machbar.“
„Zu Bittstellern degadiert“
Mario Dornik ist Lebensberater, Vater einer Tochter und Gründer einer Vätergruppe.
Mario Dornik ist Lebensberater, Vater einer Tochter und Gründer einer Vätergruppe.
„Ich bin nunmehr seit zwei Jahren von der Mutter meiner dreijährigen Tochter getrennt. Auch wenn sich die ersten Monate nach dem Beziehungsende als äußerst herausfordernd dargestellt haben: Die Schnittstellen sind inzwischen klar definiert und von beiden Seiten weitgehend auch akzeptiert. Die Alimente und auch die Kontaktzeiten sind klar geregelt. Aber auch wie wir den Wechsel zwischen Mama- und Papazeit für unsere Tochter gestalten oder wie wir in Gegenwart unserer Tochter über den jeweils anderen sprechen, ist klar definiert. Wir wollen beide unter allen Umständen verhindern, dass unsere Tochter von dem Dilemma geplagt wird, sich zwischen den Elternteilen entscheiden zu müssen. Mehr Kommunikation gibt es nicht. Braucht es meiner Ansicht auch nicht. Selbst wenn ich mir oft wünsche, dass irgendwann auch wieder ein freundschaftlicher Kontakt zwischen meiner Ex-Partnerin und mir möglich sein wird, um die auf beiden Seiten erlittenen Verletzungen heilen zu können. Doch auch so bin ich mir dessen bewusst, dass ich mich zu jenen „glücklichen“ Vätern zählen darf, die nach der Trennung einen regelmäßigen Kontakt halten können.
In meiner Tätigkeit als Lebens- und Sozialberater begegnen mir immer wieder Schicksale, die mich daran zweifeln lassen, dass der Grundsatz, der das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt stellt, auch so gelebt wird, wie er kommuniziert wird. Ich möchte mir kein Urteil darüber bilden, ob nun Mütter oder eher Väter ein solches Foul begehen. Da ich aber auch ehrenamtlich in der Männerberatung Wien tätig bin, habe ich es natürlich mit Vätern zu tun, die darüber klagen, dass sie sich unter dem Deckmantel des Kindeswohles um ihre Rechte betrogen fühlen. Unabhängig davon, wer nun „Schuld“ daran trägt, dass sich der Kontakt zu den Kindern oft auch noch Jahre nach dem Beziehungsende herausfordernd darstellt, bin ich in meinen Beratungen zu der Erkenntnis gekommen, dass vom Leid der betrogenen Väter viel zu wenig Notiz genommen wird. Viele Väter erleben in der Tat seelische Qualen und wissen oft nicht, wohin sie sich mit ihren Verletzungen wenden sollen. Manche Väter sind tatsächlich mit Gefühlen der Ohnmacht konfrontiert, wenn sie erkennen, wie wenig Einfluss sie darauf nehmen können, wann und wie oft sie Kontakt zu ihren Kindern halten dürfen. War es für sie vollkommen normal, gemeinsame Zeit mit ihren Kindern zu verbringen und bei allen Entscheidungen mitzubestimmen, so werden sie von einem Tag auf den anderen zu Bittstellern degradiert, welche die Beweislast zu tragen haben, liebevolle und fürsorgliche Väter zu sein.“
Georg, freiberuflich, drei Kinder, lebt das 50:50 Modell.
„Prinzipiell hat sich das Konzept der Doppelresidenz inzwischen gut und „relativ konfliktfrei“ in seinen und den Alltag seiner Ex-Frau integriert. Sie sind seit vier Jahren getrennt. Georg lebt seine Vaterschaft auch so, dass er ihr seine beruflichen Termine unterordnet, was in der gegenwärtigen Wirtschaftssituation nicht immer einfach ist: „Ich bin für meine Kinder da. Abends koche ich für sie, gehe mit ihnen zum Arzt. Wir essen gemeinsam, lesen und erzählen Geschichten. Ich hole sie von der Schule ab, bringe sie zu ihren diversen Kursen. In den Wochen, in denen sie nicht bei mir sind, vermisse ich sie sehr.“ Auch in den Ferien behalten die früheren Partner die gewohnte Aufteilung bei – im Sommer im Zwei-Wochen-Rhythmus, damit auch längere Reisen möglich sind. Das Konstrukt breche jedoch bei Belastungen, etwa wenn es um Schulschwierigkeiten oder besondere Urlaubswünsche geht, „regelmäßig zusammen“. Der Grund ist aus Georgs Perspektive, dass der finanzielle Konflikt weiter ungelöst ist. Georg fühlt sich benachteiligt: „Wir haben ein gemeinsames Konto für die Kinder, auf das wir beide einzahlen – das entschärft Konflikte grundsätzlich. Aber ich zahle auf dieses Konto mehr ein als sie. Und: Sie bezieht auch das gesamte Kinder- und Pflegegeld, knapp 1400 Euro monatlich in unserem Fall. Dagegen bekomme ich kein Geld vom Staat, obwohl wir uns die Kinderbetreuung teilen. Mir fällt nur der Familienbonus zu, das sind 2000 Euro pro Kind pro Jahr als Absetzbetrag von der Steuer. Obwohl wir uns die Kinderbetreuung teilen, dieselben Aufwendungen haben und gleich viel Zeit mit den Kindern verbringen, erhält meine Ex-Frau unter dem Strich knapp 16.800 Euro im Jahr und damit ein Vielfaches meiner Steuerersparnis.“ Als er das einmal einem Richter darlegen wollte, bekam er die Bemerkung: „Dann müssen Sie halt weniger verdienen.“
Gerecht fände er, wenn „alle staatlichen Unterstützungen nach einer gewissen Übergangszeit, wenn das 50/50-Modell angewendet wird, verpflichtend geteilt werden – idealerweise über ein gemeinsames Kinderkonto.“ Aber wichtiger als alles andere ist für Georg, dass „ein Elternteil dem anderen Elternteil den Zugang zu den Kindern nicht grundlos verwehren darf: „Unsere Gesellschaft hat sich verändert. Die stereotype Rollenverteilung ist oft längst überholt. Ich kenne viele Väter, die viel präsenter im Leben ihrer Kinder sein wollen.“