Malediven-Affäre: Flug und Trug

Affäre: Flug und Trug

Neue Details in Grassers Upgrading-Causa

Drucken

Schriftgröße

Mit der „Miles & More“-Karte Nummer 222014937843830 ließe sich so einiges anstellen: 570.644 Prämienmeilen haben sich darauf angesammelt. Genug, um beispielsweise sieben Mal gratis in der Economy Class nach Hawaii zu fliegen.
Oder 19 Mal nach Monaco.
Oder neun Mal nach Male auf den Malediven.

Der Inhaber der Karte, der am 19. Dezember 2004 in Richtung „Baros Holiday Resort“ auf eine der lieblichen Malediven-Inseln entschwebte, tastete freilich keinen einzigen Bonuspunkt seines Guthabens an.

Mag. Karl-Heinz Grasser (Status: „Senator“; Buchungsadresse: Himmelpfortgasse 4, 1010 Wien) und seine Verlobte Nathalia Corrales-Diez flogen vielmehr mit zwei ordinären Economy-Tickets. In der viel geschmähten engen Holzklasse mussten er und seine Herzensdame dennoch nicht Platz nehmen: Dafür sorgte ein kostenloses „Upgrade“ in die ungleich noblere Business-Class, für das AUA-Chef Vagn Sörensen bereits Tage vor dem Abflug persönlich gesorgt hatte – hin und retour, versteht sich.

Die Ersparnis für den Finanzminister, der monatlich 14.837 Euro und 20 Cent brutto verdient: rund 1300 Euro.

Nachdem profil vergangene Woche die delikaten Details von Grassers wohlfeiler Lustreise enthüllt hatte, ergießen sich Spott und Hohn über das sorgsam frisierte Haupt des Ministers. Die „Kleine Zeitung“ wusste vom „Upgr(ade-Cl)asser“ zu berichten, die Wiener Stadtzeitung „Falter“ von der „New Economy-Class“. Und der „Kurier“ mokierte sich über ein in ÖVP-Kreisen kursierendes Synonym für Flunkern und Faseln: „Grassern“.

Karl-Heinz Grasser könnte der Billigtrip teuer zu stehen kommen. Innerhalb der Kanzlerpartei regt sich nach der jüngsten Eskapade ihrer Nachwuchshoffnung a. D. zunehmend Unmut. Umso mehr, als Grasser erst vergangenen Montag in der „ZiB 2“ allen Ernstes meinte, es wäre einmal „eine Debatte zu führen, wer aller von Österreichs politischen Repräsentanten ein Upgrading bekommt“.

profil spielte diese Frage an die Austrian Airlines weiter: „Zählen auch andere Mitglieder der Bundesregierung zu ‚guten Kunden‘?“

Und weiter: „Ist Minister Grasser diese Bonifikation auf Privatflügen schon früher zuteil geworden?“

Das AUA-Management antwortet ausweichend. Konzernsprecher Johannes Davoras: „Wir haben das Thema aus unserer Sicht offen und ausreichend kommentiert und haben dem bereits Gesagten nichts hinzuzufügen.“

Eines freilich fügt der AUA-Sprecher sehr wohl hinzu: „Wir sehen Minister Grasser als Spitzenrepräsentant des größten Aktionärs und haben uns daher entschlossen, ihm für diese Reise ein Upgrading in die Business Class zu gewähren.“

Die Widersprüche. Dieses Argument steht freilich in krassem Widerspruch zur ursprünglichen Rechtfertigung der Airline. Unmittelbar nach Auffliegen der Affäre hatte die AUA noch festgehalten, „guten Kunden in Einzelfällen eine Bonifikation zu gewähren“.

Auf dieser Linie bleibt das Finanzministerium bis heute. Kabinettschef Matthias Winkler: „Da der Herr Bundesminister als Privatperson seit vielen Jahren Fluggast dieser Linie ist, wurde ihm durch das Flugunternehmen dieses Upgrade wie auch anderen Kunden zuteil.“

Völlig offen bleibt, wie AUA-Chef Sörensen überhaupt Kenntnis von der Grasser-Privatreise erlangen und so ein Upgrading veranlassen konnte.

Tatsache ist, dass Grasser seine Economy-Tickets für die Malediven-Reise bereits am 19. Oktober 2004 buchen hat lassen. Tatsache ist weiters, dass sein „VIP-Status“ und das damit einhergehende Upgrading aber erst am 14. Dezember 2004, also fünf Tage vor Abflug, bei der Buchungsstelle der AUA eintraf. Mit dem Zusatz: „Upgrade to Business Class according to CEO“ (Aufwertung in die Business Class in Absprache mit dem Vorstandsvorsitzenden).

Ist AUA-Chef Sörensen ganz alleine auf die Idee gekommen, dem „guten Kunden“ und „Spitzenrepräsentanten des größten Aktionärs“ ein Upgrade zu gewähren? Hat Grasser nachhelfen lassen?

Die Austrian Airlines schweigen sich dazu beharrlich aus. Das Kabinett des Ministers ebenso.
Grasser hat Tarnen und Täuschen offenbar zum System gemacht.

Schon in der Vergangenheit ist der Finanzminister immer wieder in einer Grauzone zwischen bezahlt und unbezahlt, dienstlich und privat unterwegs gewesen.

Im Mai 2001 etwa verfügte sich Grasser kurzfristig nach Hawaii. Dabei ließ er eine Dienstreise, die ihn zur Tagung des Internationalen Währungsfonds in Washington geführt hatte, nahtlos in den Urlaub übergehen. Gemeinsam mit seinem engsten Mitarbeiter Matthias Winkler und Gefährtinnen sonnte man sich ein paar Tage auf Maui.

Die Trips. Bis heute ist nicht klar, wer für diese Lustreise aufgekommen ist. Auf eine einschlägige parlamentarische Anfrage der SPÖ ließ Grasser im April 2004 bloß mitteilen, er könne „dezidiert ausschließen, dass für ressortfremde mitreisende Personen dem Bundesministerium für Finanzen Kosten entstanden sind“.

Die ressortfremden mitreisenden Personen müssen wohl die Begleiterinnen von Grasser und Winkler gewesen sein. Ob die Herren für Flug und Aufenthalt selbst aufgekommen sind, geht aus der Anfragebeantwortung nicht hervor.

Im Mai 2002 weilte Grasser – wie schon öfter – beim Formel-1-Grand-Prix im Fürstentum Monaco. Auch diese Reise hatte ein Nachspiel im Parlament. Die SPÖ begehrte Auskunft, welche dienstlichen Angelegenheiten Grasser an den glamourösen Ort geführt hatten.

Der Minister darauf: ein Gedankenaustausch über „Zinspolitik und Geldwäsche“ mit seinem monegassischen Amtskollegen Franz Biancheri und Ministerpräsident Patrick Leclerq. Eine Expertendelegation des Finanzministeriums hatte Grasser allerdings – entgegen den Usancen – nicht im Schlepptau. Das mag auch die vergleichsweise bescheidenen und von der Republik getragenen Flugkosten von gerade einmal 576 Euro erklären. Den Rest habe der österreichische Industrielle und Honorarkonsul Peter König getragen.

Der wiederum erklärte damals prompt, er habe für den österreichischen Finanzminister „keinerlei Kosten“ übernommen. Grasser ruderte daraufhin zurück: Er habe den Großteil der Kosten selbst bezahlt, König habe nur ein Mittagessen spendiert.

Da hat Grasser ja gerade noch einmal Glück gehabt. Eine Einladung zu einem Dinner nämlich hätte ihn – laut eigenem Reglement – ganz schön in die Bredouille gebracht.

Die Benimmfibel. Den Finanzbeamten im Lande wurde vor mittlerweile zwei Jahren die „Anti-Korruptions-Informationsbroschüre“, Untertitel: „Die Finanzverwaltung – unbestechlich und transparent“, übermittelt. Auf schlanken sechs Blättern mahnen Minister Karl-Heinz Grasser und sein Staatssekretär Alfred Finz: „Eine Einladung zu einem Abendessen ist beispielsweise eine Situation, die Sie hellhörig machen sollte. Ihre Antwort kann bereits eine Entscheidung über Recht oder Unrecht bedeuten.“ Oder: „Seien Sie Vorbild, lehnen Sie Geschenke und Vorteile konsequent ab.“ Oder: „Trennen Sie Dienstliches und Privates.“ Denn: „Wie die Berichterstattung in den Medien immer wieder zeigt, geht es um unseren Ruf bei den Steuerzahlern.“

Und schließlich: „Verständigen Sie Ihren Vorgesetzten unverzüglich, wenn Ihnen Tatsachen bekannt geworden sind, die einen konkreten Korruptionsverdacht nahe legen.“

Im Zweifelsfall wird den Beamten empfohlen, den Antikorruptionsbeauftragten, „Hofrat Dr. Robert Steiner“, zu konsultieren. Der kam Ende vergangener Woche hörbar ins Schleudern. Steiner, von profil auf die subventionierten Privatreisen des Ministers angesprochen: „Die Bestimmungen gelten für alle. Aber da sind die näheren Umstände zu beleuchten.“ Hat sich Grasser etwa bei seinem Malediven-Trip einen Vorteil herausgeschlagen? Antikorruptionsbeauftragter Steiner: „Mag sein.“