Der Dunkelmann

Porträt. Immobilienmakler Ernst Karl Plech: vom Rotlichtmilieu über die FPÖ zu den Buwog-Deals

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Keiner der langjährigen freiheitlichen Parteigänger kann mit Gewissheit sagen, wann Ernst Karl Plech das erste Mal an der Seite Jörg Haiders aufgetaucht war: ein Mann mit klassischer Boxernase und einem liebenswerten Ganovengesicht, jovial und schlitzohrig, bisweilen galant zu den Frauen.

Er habe Haider bewundert, doch bei der Partei sei er nie gewesen, gab Plech kurz vor Weihnachten in einem Medienverfahren gegen profil zu Protokoll. Er hatte auch eine neue Erklärung für seine Verstrickung in den ­Buwog-Skandal parat. Das Missverständnis sei entstanden, weil er „Meischbergers Testamentsvollstrecker“ sei. Er kümmere sich eben seit Langem um die finanziellen Angelegenheiten des ehemaligen FPÖ-Politikers Walter Meischberger.

Seit Kurzem erst steht der 67-jährige Immobilienmakler im Blickpunkt der Öffentlichkeit: als mutmaßlicher Nutznießer freiheitlicher Seilschaften bei der Privatisierung von Bundeswohnungen in den schwarz-blauen Regierungsjahren. Nach bisherigen Ermittlungen einer Sonderkommission des Innenministeriums besteht der Verdacht, dass sich Plech für die Investmentbank Lehman Brothers, die den Verkauf der Wohnungen organisierte, starkmachte (obwohl ein anderes ­Angebot billiger war) und selbst einen Vorteil daraus zog, dass ein Konsortium rund um die Immofinanz den Zuschlag zum Kauf der Bundeswohnungen bekam.

Naturgemäß äußerte sich in diesen Tagen keiner seiner ehemaligen Bekannten und Geschäftspartner gern über Plech. „Dass ich eine Erwähnung meines Namens mit dem Herrn Plechs so sehr schätze wie Mumps und Masern, versteht sich von selbst“, lässt man uns ausrichten. Der Immobilienmakler selbst ist auch nicht untätig und lässt so ziemlich alles klagen, was über ihn ­erzählt wird. Vor Kurzem musste etwa das „Wiener ­Bezirksblatt“ entgegnen, dass Plech niemals dem Boxsport gefrönt hatte.

Plechs Sympathie für die FPÖ ging Hand in Hand mit dem Aufstieg Jörg Haiders. In den späten achtziger Jahren finanzierte er die Hubschraubereinsätze des aufstrebenden Rechtspopulisten, der sich in Wahlkämpfen von einem Countdown zum nächsten einfliegen ließ.
Er passte so gar nicht zu den jugendlichen Zufallsbekanntschaften, die Haider in Wirtshäusern und Diskotheken aufgelesen und um sich geschart hatte.

Plech entstammt einer Leobner Arbeiterfamilie, besuchte in den fünfziger Jahren die Hauptschule und schloss eine kaufmännische Lehre ab. Mitte der siebziger Jahre tauchte er in Wien auf. Als Geschäftsführer eines Gürtellokals. Mit dem Taxiunternehmer Werner Donauer hatte er die Gaststättengesellschaft „PED“ am Lerchenfelder Gürtel Nr. 40 gegründet. Heute befindet sich dort das Etablissement „Bar Angelique“. Sein Kompagnon eröffnete 1980 das Bordell „Pour Platin“. Mitte der neunziger Jahre, als immer mehr Rotlichtgrößen bei der „PED“ mitzumischen begannen, zog sich Plech zurück. Parallel dazu hatte er die Firma „Auto make up“ ins Leben gerufen, die Neu- und Gebrauchtwagen aufpolierte, ab 1989 auch Dachböden ausbaute und 1991 in die Plech und Plech Immobilientreuhändergesellschaft überging.

Anfang der neunziger Jahre stellte Plech Haider ein Penthouse im Pratercottage zur Verfügung. Später durfte Finanzminister Karl-Heinz Grasser dort wohnen.

Als Sprecher des Personenkomitees für Heide Schmidt, die 1992 als Präsidentschaftskandidatin das liberale Aushängeschild der FPÖ gab, trat Plech erstmals öffentlich für die Partei in Erscheinung. Von da an war der Immobilienmakler häufig bei freiheitlichen Feierstunden anzutreffen. 1995 soll er Haiders Reise in die USA gesponsert haben. 1997 gründete Plech mit weiteren FPÖ-Sympathisanten, dem Industriellen Ernst Hofmann und dem Vater von Karl-Heinz Grasser eine Privatradiogesellschaft in der Hoffnung, eine bundesweite Radiolizenz zu bekommen, was jedoch nicht gelang. Im selben Jahr kam Plech für die FPÖ in den Sparkassenrat der Bank Austria.
In Meischberger mit seinem sonnigen Gemüt, der vom Tankstellenpächter zum Generalsekretär der FPÖ aufgestiegen war, schien Plech geradezu vernarrt zu sein. Als im Wahlkampf 1999 bekannt wurde, dass Meischberger eine größere Summe „bar aufs Handerl“ (Meischberger) bekommen und nicht versteuert hatte, schlug sich Plech auf Meischbergers Seite, der sich den Rückzug aus dem Nationalrat teuer abkaufen ließ. Ein Meischberger-Sparbuch mit einer Einlage von 2,5 Millionen Schilling (182.000 Euro) und eine schriftliche Vereinbarung, die Meischberger den Posten eines ORF-Stiftungsrats garantierte, wurden im vergangenen Jahr bei einer Hausdurchsuchung bei Plech gefunden.

Mit Karl-Heinz Grasser, dem höflichen Gesicht der FPÖ mitten im bierschwangeren Drumherum, verband Plech eine strategische Partnerschaft. Als die schwarz-blaue Regierung den Verkauf Tausender Bundeswohnungen in Angriff nahm, war Plechs Stunde gekommen. Der FPÖ-nahe Immobilienmakler sei im Büro des jungen Finanzministers ein und aus gegangen, wurde damals berichtet. Plech selbst prahlte noch im Jahr 2002, bei einer Auslandsreise nach China, zu der ihn Vizekanzlerin Riess-Passer mitgenommen hatte, dass er ­jeder Sitzung mit Grasser beigezogen werde.

Der Immobilienmakler war bald Vorsitzender des Buwog-Aufsichtsrats, Mitglied des Kontrollorgans der Bundesimmobiliengesellschaft und dreier weiterer staatlicher Wohnbaugesellschaften. Plech war auch stimmberechtigtes Mitglied jener Kommission im Finanzministerium, die die Investmentbank auswählte, die später den Buwog-Verkauf organisieren sollte – eine Schlüsselstelle. Die Vorgänge waren seltsam: Am 15. Juni 2004 hatte die Immofinanz mit hauchdünnem Vorsprung die Ausschreibung gewonnen. Sie hatte 961 Millionen Euro geboten, nur eine Million mehr als der zweitbeste Bieter. Als ob deren Manager gewusst hätten, welche Hürde zu überspringen war.

Vierzehn Tage vor der Entscheidung war der Lobbyist Peter Hochegger, ein ehemaliger Geschäftspartner von Plech und ein Freund Meischbergers, mit der Immofinanz handelseins geworden. Seine Agentur würde ein Honorar von einem Prozent des Verkaufspreises erhalten, wenn die Immofinanz erfolgreich wäre. Meischberger wurde daran mit 80 Prozent beteiligt. Dafür solle er sein Netzwerk einbringen. Die Provisionen wurden auf eine Hochegger-Briefkastenfirma in Zypern überwiesen, von dort über einen amerikanischen ­Finanzdienstleister nach Liechtenstein transferiert und auf drei Konten angelegt. Für eines der Konten waren Plech und seine Familie zeichnungsberechtigt.

Im Jänner 2009 gab es erste Hinweise auf Schwarzgelder im Zusammenhang mit der Buwog-Privatisierung. Ende 2010 packte Michael Ramprecht, ein ehemaliger Mitarbeiter Grassers, in profil und bei der Staatsanwaltschaft aus.

Plech erzählte den ermittelnden Beamten, er habe erst 2005 erfahren, dass Meischberger Provisionen kassiert habe. Er sei entsetzt gewesen. Er habe die Gelder Meischbergers nur treuhändisch verwaltet, um sie in Immobilien anzulegen. Wegen des Wirbels in den Medien sei das ins Stocken geraten. Er sei allein für das Konto zeichnungsberechtigt gewesen, weil Meischberger das so wollte. Seine Frau und sein Sohn waren zeichnungsberechtigt, weil er damals Herzprobleme hatte. Die Yacht, die von diesem Konto angekauft wurde, habe ihm Meischberger zur Hälfte geschenkt. Aus Dankbarkeit.

Die Telefongespräche zwischen Plech und Meischberger waren im Zuge der Ermittlungen abgehört worden. „Was war mei Leistung?“, hatte Meischberger seinen Mentor gefragt, was er den Ermittlern erzählen solle. Wenige Tage nach diesen Telefonaten war der Immobilienmakler am 10. Februar 2010 bei seiner Rückkehr aus Australien am Schwechater Flughafen gestellt und gebeten worden, ohne Aufsehen mitzukommen und seine Tresore zu öffnen. Zur selben Zeit wurde Meischbergers Haus durchsucht.

Ganz legal kassierte Plech im Jahr 2002 vom Justizministerium eine Maklerprovision von knapp 700.000 Euro – nachdem er ein Jahr zuvor den Umzug mehrerer Wiener Behörden (Handelsgericht, Bezirksgericht Innere Stadt und Bezirksgericht für Handelssachen) in den neuen „City Tower Vienna“ in Wien-Landstraße eingefädelt hatte. Meischberger bekam eine ähnlich hohe Provision vom Errichter des Turm, dem Baukonzern Porr. Für den Verkauf eines Teilareals des Frauengefängnisses Schwarzenau lukrierte Plech 25.000 Euro aus ­öffentlichen Geldern. Der Freiheitliche Harald Fischl ­bekam von der staatlichen Buwog, für die Plech zuständig war, einen äußerst günstigen Vertrag für das Sanatorium Purkersdorf. Mit der Übersiedlung des Finanzministeriums hatte Plech am Rande zu tun. Ermittlungen der Justiz wurden in diesem Fall eingestellt.

Im Jahr 2003, als von den Buwog-Vorgängen noch nichts bekannt war, sagte Plech, er sehe seine Maklertätigkeit „als Dienst an der Allgemeinheit“.

Christa   Zöchling

Christa Zöchling