Der letzte Winter der Signa
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Schneller, höher, weiter, mehr. Der kometenhafte Aufstieg des René Benko schien lange schier unaufhaltsam – seine Geschichte ist eine, die man sich gerne bei Tisch erzählt: ein Mann, der es kraft eigener Anstrengung vom Tiroler Bursch aus dem Sozialbau zum Milliardär geschafft hat. Mehr noch: Benko wurde zu einem Mann mit großem Einfluss, bei dem sich die gesamte Polit- und Wirtschaftselite Österreichs anbiederte. Wie sehr, das zeigten die Bilder seiner jährlichen großen „Törggelen“-Party. Alles, was Rang und Namen hatte – oder haben wollte –, riss sich um die Einladungen zu diesem glamourösen Event im Wiener Park Hyatt. Der Luxustempel samt Benkos geliebter Zigarrenlounge steht für etwa 350 Millionen Euro jetzt ebenso zum Verkauf wie das Goldene Quartier (für etwa 400 Millionen) oder das Kaufhaus Tyrol (etwa 300 Mille) in Innsbruck. Allesamt Leuchtturmprojekte, für die der Name Benko weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt wurde.
Grenzen. Das ist etwas, das Benko zeit seines Lebens wenig respektieren wollte, dafür aber allzu gern ausgereizt hat. Das ging lange gut – seine Risikobereitschaft war mehr noch sogar ein wesentlicher Teil seines Erfolgsrezepts. Doch dann kam der Punkt, an dem er den Bogen offenbar überspannte – vielleicht sogar, ohne es selbst zu merken. Dabei gab es doch deutliche Warnsignale. Der Zusammenbruch der Signa ist keinem singulären Ereignis geschuldet, sondern ist eine Mischung aus äußeren Umständen und Totalversagen im Konzern auf mehreren Ebenen, wie sich nun Stück für Stück herauskristallisiert. profil hat recherchiert, wie das letzte Jahr vor dem tiefen Fall eines des so erfolgsverwöhnten René Benko abgelaufen ist.
Von Betongold und Baugruben
Blasen sind vor dem Platzen immer am größten – und nie waren sie in der Immobilienbranche so groß wie 2022. Geld in Betongold anzulegen, war seit einem Jahrzehnt ein gutes und stabiles Geschäft. Zwischen 2009 und 2020 stiegen die Immobilienpreise im Wohnbereich um durchschnittlich 5,7 Prozent pro Jahr. Allein von 2021 auf 2022 legten die Preise um satte elf Prozent zu. Eine wunderbare Sache, wenn man viele Immobilien besitzt – schlecht für jene, die darin investieren und neu kaufen wollen. Als Immobilienprojektentwickler, der von Kauf- und Verkauf lebt, ist es wichtig, solche Momente rechtzeitig zu erkennen und elegant auszutarieren. Sonst wird es mit der Liquidität schnell eng.
Signa wuchs – bildlich gesprochen – in Österreich auf und ging zum Erwachsenwerden nach Deutschland. Dort widmete man sich ab 2013 zuerst kleineren Immobilienprojekten, um ab 2014 zu expandieren. Zuerst kaufte man einige Immobilien des Kaufhausriesen Karstadt in schicken Innenstadtlagen – um schließlich nicht nur die Handelskette an sich, sondern auch gleich noch die Konkurrenz Kaufhof zu schlucken.
Ein näherer Blick zeigt: Das Agieren der Signa auf ihren Kernmärkten in Österreich und Deutschland unterschied sich doch gravierend. Es waren andere Menschen am Ruder, Benko hatte für diese Länder auch unterschiedliche Berater. Manche davon waren wohl nicht die besten, denn bei genauerer Betrachtung der Marktlage scheinen manche Entscheidungen schwer nachvollziehbar.
In Österreich hatte die Signa schon im letzten Quartal 2022 begonnen, die Immobilien-Einkaufsteams in Verkaufsteams zu konvertieren. Verkäufe sollten die nötige Liquidität für die großen, offenen Baustellen bringen.
Und das waren viele – vor allem im Handelsbereich. Benko hatte ab 2014 massiv begonnen, in diese Sparte zu investieren, die deutlich weniger erfolgreich war als sein Immobiliengeschäft und unzählige Millionen verschlang, die woanders fehlten. Aber dazu später.
In Deutschland setzte man weiter auf Expansion und riss zu den vielen offenen Baustellen noch weitere auf, kaufte neue Projekte wie der Flüggerhöfe in Hamburg oder den Femina-Palast in Berlin, für deren Entwicklung oder Fertigstellung dann mitunter nicht mehr das nötige Kapital da war.
Wie steil es bergab ging, das zeigt ein Blick in die Bilanzen der Signa-Holding aus den Jahren 2021 und 2022. Letztere wurde monatelang – obwohl das verpflichtend ist – nicht veröffentlicht. Aus jetziger Sicht logisch, denn hätten Öffentlichkeit, Politik und Behörden schwarz auf weiß gesehen, was sich hier zu Buche schlägt, hätten die Alarmglocken wohl viel früher viel lauter geschrillt.
Nach einem Gewinn von einer halben Milliarde 2021 rutschte die Signa Holding nur ein Jahr später mit einer halben Milliarde ins Minus, wie das Magazin „News“ zuerst berichtete. Das Anlagevermögen summierte sich auf 5,2 Milliarden Euro: rund 700 Millionen mehr als im Vorjahr. Auf der anderen Seite haben sich die Verbindlichkeiten auf 1,996 Milliarden Euro fast verdreifacht.
Die Shoppingfalle
Benko roch im Jahr 2014 eine Chance. Karstadt gilt in Deutschland als das letzte deutsche Warenhaus, mit einer langen Tradition, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreicht – aber seit den 1990er-Jahren eigentlich ein Ladenhüter ist, der von Shopping-Zentren verdrängt wurde. Ab dem Jahr 2012 ist der Handelskonzern wieder einmal in einem Sanierungsverfahren – und im Herbst 2013 erscheint dann er: René Benko, der mit 75 Prozent bei den Sport- und Premiumhäusern von Karstadt einsteigt – und diese im Sommer 2014 komplett übernimmt. Der Preis der Handelssparte samt Immobilien in besten Innenstadtlagen, denen Benkos eigentliches Interesse galt: ein Euro. Mit Benko geht es der Kaufhauskette nicht besser, die Misere nimmt kein Ende: Der Verlust in der Bilanz 2016 betrug 64,8 Millionen Euro.
Die Zeiten bleiben rau – und Benko weiterhin risikofreudig. Da hat er noch eine waghalsige Idee.
DM und Bipa. Spar und Billa. Saturn und Merkur. So ist das auch mit Karstadt und Kaufhof. In beinahe jeder deutschen Innenstadt stehen beide Rivalen einander praktisch gegenüber und buhlen jahrzehntelang um dieselben Kunden. Benko versucht in mehreren Anläufen, Kaufhof zu kaufen – die Eigentümer lehnten immer wieder ab. Im fünften Anlauf im September 2018 gelingt Benko, was er seit Jahren vorhatte: Die Signa Holding erwirbt mit 50,01 Prozent die Mehrheit an der Kaufhof-Gruppe.
Aber die Fusion bringt nicht das gewünschte Ergebnis: Das Unternehmen, zu dem mittlerweile auch die Warenhäuser von „Hudson’s Bay“ gehören, schreibt hohe Verluste – das ist vorerst aber egal. In Utrecht wird sogar noch ein neues Haus eröffnet. Und im November 2019 übernimmt Galeria Karstadt/Kaufhof auch noch 106 Filial-Reisebüros des pleitegegangenen Reisekonzerns Thomas Cook sowie die E-Commerce Plattform „Golden Gate“. Benkos Berater bei wesentlichen Entscheidungen in der Handelssparte: Ernst Dieter Berninghaus. Er war zuvor für Migros, Denner und Rewe tätig. 2016 wurde er Vorsitzender des „Executive Boards“ der Signa, ein Gremium ohne gesellschaftsrechtliche Funktion, aber für den Erfolg und die Ausrichtung der Gruppe von enormer Bedeutung. Benko vertraute ihm blind.
Und dann kam Corona: Lockdown, Laden zu – die bisher schon nicht funktionierende Kaufhauskette geht im April 2020 das erste Mal pleite und wird in die Sanierung geschickt.
Die Kaufhauskette braucht Staatshilfen, im Jänner 2021 bekommt sie einen Kredit vom deutschen Steuerzahler in der Höhe von 460 Millionen Euro. Benko verspricht Heilung – aber die gelingt auch dieses Mal nicht. Im Jänner 2022 schießt der Staat weitere 250 Millionen Euro zu – von der Dachgesellschaft Signa-Holding kamen rund 15 Prozent der Kreditsumme. Die Empörung, dass die deutschen Steuerzahler gleich zweimal mit Hunderten Millionen einspringen mussten, war damals groß, immerhin erwirtschaftete die Signa Holding 2021 noch einen Gewinn von einer halben Milliarde Euro. Heute wissen wir: In schnell verfügbarem Cash war davon reichlich wenig da.
Es nützt alles nichts. Im Februar 2023 eröffnet das Amtsgericht Essen erneut ein Insolvenzverfahren. Signa versprach, bis 2025 200 Millionen Euro für die Sanierung beizusteuern. Die Warenhausgruppe versucht sich mit Filialschließungen zu retten, um Kosten zu reduzieren – das bedeutet aber auch einen Entfall der Mieteinnahmen, ein Teufelskreis. Daneben fressen Megaprojekte wie Elbtower, das Milliarden-Projekt Chrysler Building in New York und das sündteure „Beam“ nahe dem Berliner Alexanderplatz Unsummen. Und im Handel kommt man einfach nicht aus den roten Zahlen.
Das ist kein deutsches Phänomen: Auch in Österreich nahm sich Benko einer maroden Handelskette samt ihrer gut gelegenen Immobilien an: Signa kaufte kika/Leiner im Jahr 2018 – und verkaufte die Möbelkette im Frühsommer 2023 wieder. Kurz danach schickte der neue Eigentümer kika/Leiner in die Insolvenz – der Insolvenzvermerk wurde mittlerweile aufgehoben.
Auch beim Online-Händler Signa Sports United kommt der Geldfluss ins Stocken und löst Kettenreaktionen aus. Sportscheck und Tennispoint schlittern in die Insolvenz. Teilweise wurden die Online-Händler von ihren Gründern zurückgekauft und sind heute wieder liquide. Für Benko muss das bitter sein: Andere haben geschafft, was er jahrelang nicht zusammenbrachte. Sein Chefberater verließ das sinkende Schiff bereits im Vorjahr: Berninghaus legte im März 2023 seine Funktion als Vorsitzender des „Executive Boards“ nieder.
Loch auf, Loch zu – schon im Jahr 2022
Heute ist von Signa vor allem ein riesiger Schuldenberg übrig. Allein die Passiva, also die Verbindlichkeiten der drei großen insolventen Signas – die Signa Holding, die Signa Prime und Signa Development – summieren sich auf mehr als zehn Milliarden Euro. Man muss die Dinge beim Namen nehmen: Es war Prunk auf Pump. Solange das Geld dank Niedrigzinspolitik nichts kostete, war das auch kein Problem. Denn die erworbenen Immobilien wurden Jahr für Jahr in der Bilanz aufgewertet, wodurch die Gewinne der Signa stiegen und stiegen. Die Dividenden für Investoren waren üppig und die Mieteinnahmen reichten, um Zinsen und Kredite zu bezahlen.
Die Pandemie und die folgenden Lockdowns setzten dem Gewerbe-Mietmarkt zu. Russland überfiel die Ukraine, Baustoffe und Energie wurden teurer. Die Inflation explodierte und die Europäische Zentralbank erhöhte die Zinsen, um die Teuerung irgendwie in den Griff zu bekommen. Für ein Geschäftsmodell, das auf billiges Geld und auf volles Risiko setzt, waren das keine guten Nachrichten. Denn wer viel Geld ausborgt, muss noch mehr Geld zurückzahlen.
Ein Blick in die Bilanz der zentralen Immobilien-Sparte „Signa Prime“ für das Geschäftsjahr 2022 offenbart nicht nur einen horrenden Verlust von mehr als einer Milliarde Euro – im Jahr davor hatte man noch einen Gewinn von 732 Millionen ausgewiesen. Sondern auch, dass Signa immer mehr neues Geld brauchte, um alte Schulden zu begleichen. Ein Beispiel: Man bezahlte 641,1 Millionen Euro für Kreditverbindlichkeiten. Und im gleichen Jahr nahm man 641,7 Millionen Euro für neue Kredite auf. Man tilgt Anleiheverbindlichkeiten, man begibt neue Anleihen in fast gleicher Höhe. Laut Bilanz mussten die Investoren noch mal 750 Millionen Euro zuschießen, wohl um die Signa Prime überhaupt noch liquide zu halten. Der Wind hatte sich gedreht und Signa verlor massiv an Wert. Die Buchhalter mussten die Bestandsimmobilien, Bau- und Entwicklungsprojekte und so ziemlich alle wesentlichen Assets der Signa Prime um mehr als eine Milliarde Euro wertberichtigen.
Das Problem dabei ist aber, dass die Kredite, die man für den Kauf oder den Bau von Immobilien aufgenommen hatte, nicht an Wert verloren. Ganz im Gegenteil: Sie wurden teurer, weil die Zinsen schnell stiegen. Spätestens ab Mitte 2022 war dem Management und dem Aufsichtsrat der wesentlichen Signa-Gesellschaften klar: Es wird verdammt eng.
Die europäische Aufsicht
Signa bekam von vielen Banken im deutschsprachigen Raum Geld. Und nicht nur hier. Die Hessische Landesbank (Heleba), die Raiffeisenlandesbanken, die Unicredit, die Kommerzbank in Deutschland und die Raiffeisenbank International (RBI) – Letztere beide gehören nach profil-Informationen zu den größten Geldgebern. Allein bei der RBI betrug das Kreditexposure zuletzt mehr als 700 Millionen Euro. Und warum sollte Signa auch kein Geld bekommen? Die Gruppe war jahrelang ein verlässlicher und großer Kunde gewesen. Zudem dürfte es zumindest nicht hinderlich gewesen sein, dass zwei ehemalige Vorstände der Bank Austria Unicredit und der RBI im Signa-Beirat saßen.
Doch dann kam Anfang 2023 die Prüfung der Europäischen Zentralbank. Sie wollte von den ihr unterstellten europäischen Banken wissen, wie groß ihr Engagement bei Signa ist. Etwa wie hoch die Kredite waren – und wie diese besichert sind. Einigen Instituten soll empfohlen worden sein, mehr Risikovorsorge für Signa-Engagements zu bilden oder später sogar Kredite abzuschreiben.
Die Vorgehensweise der Aufseher sorgte für helle Aufregung in der Bankenszene. Manche sprachen von einer Kompetenzüberschreitung der EZB. Solche Abfragen betreffen sonst nur ganze Segmente – etwa Gewerbeimmobilien oder Länder. Außerdem sah die EZB die Bewertungen der Immobilien als teils zu hoch an. Henning Koch, der Chef der Commerzbank-Fondstochter Commerz Real, behauptete später, dass das negative Auswirkungen auf Signa hatte.
Andrea Enria ist oberster europäischer Bankenaufseher. Und sieht das naturgemäß anders: „Die Idee, dass wir einen Kreditnehmer ins Visier nehmen, ist eine Flause“, schimpfte er laut „Handelsblatt“. Menschen, die so etwas behaupteten, „verbreiten Fake News“.
Es sei eine „bizarre Deutung“ von dem, was passiert sei. Es sei offensichtlich, dass es bei der Finanzierung von Gewerbeimmobilien große Risiken gebe. Die Immobilienpreise stünden wegen gestiegener Zinsen und Baukosten unter Druck. „Banken sind im großen Stil bei Gewerbeimmobilien engagiert“, betonte Enria. Deshalb schauen sich Aufseher diese Engagements an – nicht nur bei bestimmten Entwicklern, sondern bei allen.
Nun gut, Tatsache ist: Nur die Signa schlug namentlich medial auf. Das kann für ein Unternehmen mit einer derartigen Größe und derartigen Investitionsvolumina Gift sein. Und im Unternehmen behauptet man heute, man habe große Probleme deswegen bekommen. Tatsächlich hatte die EZB aber genügend Grund zur Sorge. Denn die Probleme hatten schon vor der Prüfung begonnen.
Die Suche nach den Milliarden
Signa brauchte schnell frisches Geld, bekam aber 2023 so gut wie keines mehr von den Banken, weil die EZB ja auch indirekt davor gewarnt hatte, Signa Geld zu leihen. Schon 2022 beginnt Benko, Assets zu verkaufen, um Cash zu bekommen.
Außerdem setzte Signa zuletzt – wie profil aus involvierten Kreisen erfuhr – besonders oft auf sogenannte Mezzaninkredite. Das ist eine Art Hybridfinanzierung, bei der einem die Bank Geld borgt, dieses aber wie Eigenkapital behandelt werden kann. So, als hätte man das Geld von einem Investor bekommen. Der Vorteil ist: In der Firmenbilanz kann das unter Umständen eben als Eigenkapital und nicht als Kredit verbucht werden. Der Nachteil aus Sicht der Geldgeber: Im Falle einer Insolvenz werden Mezzaninkreditgeber erst nach allen anderen Gläubigern bedient. Der Vorteil: Weil das Risiko hoch ist, sind auch die Zinsen sehr hoch – nämlich im zweistelligen Bereich. Signa soll so zuletzt Finanzierungen im dreistelligen Millionenbereich eingesammelt haben. Solche Mezzaninkredite sollen auch als Ergänzungsfinanzierung zu anderen Krediten fungiert haben. Man kann sich das zum Beispiel so vorstellen: Die Signa plant ein Projekt und braucht dafür x Millionen Euro, die sie nicht flüssig hat. Damit sie einen Kredit von der Bank bekommt, muss sie ein Mindestmaß an Eigenkapital vorweisen. Nun ist man bei Signa offenbar immer wieder in die Situation gekommen, dass das Eigenkapital wohl nicht ausreichte. Also hat man auf andere Instrumente zurückgegriffen, zum Beispiel auf Anleihen oder eben solche Mezzaninkredite. Und: Diese Darlehen wurden mit Signa-Aktien besichert.
Aber auch das war offenbar zu wenig – die Volumina, die Signa mittlerweile brauchte, um Kredite, Baustellen und Anleihe-Gläubiger zu bedienen, waren riesig. Also mussten wieder neue Investoren her. Und wer hat besonders viel Geld? Staats- und Pensionsfonds.
Als Sebastian Kurz noch Bundeskanzler von Österreich war, nahm er seinen Freund Benko auf Reisen in die Golfstaaten mit. Diese Kontakte versuchte Benko dann zu vergolden: Er flog in die Emirate – und schuldet dem Staatsfonds Mubadala heute zum Beispiel laut Gläubigerbericht rund 713 Millionen Euro. Über das Geld wird jetzt vor einem internationalen Schiedsgericht gestritten, wie profil berichtete.
Im Sommer 2023 soll Benko profil-Informationen zufolge versucht haben, Kontakte zum Staatsfonds GIC in Singapur aufzuwärmen – und er fand in Asien schließlich jemanden, der ihm tatsächlich Geld geben wollte: Der Südkoreanische Pensionsfonds NPF, einer der größten der Welt, der zuvor schon in Signa investiert hatte, soll bereit gewesen sein, rund 400 Millionen US-Dollar bereitzustellen. Die Finanzspritze scheiterte aber an der koreanischen Finanzaufsicht, die das Investment nicht genehmigte. Damit war Benkos letzter Hoffnungsschimmer passé.
Im November kam der große Crash – nach einigen kleineren Signa-Teilsparten musste die Dachgesellschaft der Gruppe, die Signa Holding, am 29. November 2023 Insolvenz anmelden.
Das Jahr war für Benko damit gelaufen. Und wohl auch seine Karriere, wie er sie bisher gekannt hatte: schneller, höher, weiter, mehr.
Marina Delcheva
leitet das Wirtschafts-Ressort. Davor war sie bei der "Wiener Zeitung".
Stefan Melichar
ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ).
Anna Thalhammer
ist seit März 2023 Chefredakteurin des profil. Davor war sie Chefreporterin bei der Tageszeitung „Die Presse“.