Das Projekt „White Lotus“ in Österreich ist vom Tisch?
Stoisits
Ja. Leider.
Auch Salzburg ist raus?
Stoisits
Ja, Salzburg wäre nur ein Nebenschauplatz gewesen.
Das Hotel Sacher hätte das Zentrum der vierten Staffel sein sollen?
Stoisits
Das Hotel war bis zuletzt nicht fixiert. Mehrere Wiener Hotels waren im Gespräch, und in einem der Bundesländer wollte man zusätzliche Drehorte finden. Wir hatten vielversprechende Gespräche, haben jede Menge Meriten erworben, und dann endet das im gegenwärtigen Chaos, weil man sich auf nichts mehr verlassen kann. Das Agieren des Bundes ist – freundlich formuliert – sehr ungeschickt!
Medien haben „The White Lotus“ vor wenigen Wochen noch als „fix“ in Österreich gemeldet.
Stoisits
Es sah auch wirklich gut aus. HBO hat sich anfangs noch sehr breit umgesehen, Location-Scouts reisten durch halb Europa. Wien war dann bald, Anfang 2025, unter den letzten vier Kandidaten. HBO hatte bei „The Regime“ nur gute Erfahrungen mit Wien gemacht. Seither haben wir ein sehr gutes Vertrauensverhältnis. Aber dann kam der jähe FISA+-Antragsstopp, von dem selbst ich Mitte Jänner nur zufällig erfahren habe. Nicht einmal das wurde klar kommuniziert! Wir sind da mit einem Streaming-Konzern in regem Austausch, fädeln ein 100-Millionen-Dollar-Projekt ein – und wissen nicht einmal, dass man gar keine Anträge mehr stellen kann? Das ist doch absurd! Dann hieß es, man hoffe, dass das Portal „bis zur Berlinale“ im Februar wieder geöffnet werden könne, daraus wurde dann Ende März. Wir kommunizierten dies nach Los Angeles, aber auch das wurde verworfen. Man verlautbarte „Ende Mai“, inzwischen ist man bei „eher September“. Ich kann verstehen, dass HBO sagt: Danke, auf Wiedersehen, wir gehen woanders hin.
Sollte FISA+ im Herbst wieder geöffnet werden …
Stoisits
… wäre das für „White Lotus“ viel zu spät. Autor Mike White verbringt üblicherweise mehrere Monate am fixierten Drehort, um sich für sein Drehbuch von den Gegebenheiten vor Ort inspirieren zu lassen. Für die Österreich-Werbung wäre das fette Beute gewesen, aber dort war man leider nicht bereit, auch nur einen Cent in ein solches Serienprojekt zu investieren.
Es gibt immer noch keine FISA+-Richtlinien.
Stoisits
Im Sommer 2024 wurde eine Evaluierung begonnen, dafür wurde ich als Expertin zu meinen Erfahrungen befragt; ich habe auch internationale Branchengrößen dafür vermittelt, meinen Wissensstand gerne weitergegeben, von den evaluierten Ergebnissen aber nichts erfahren. Warum wurde die Änderung und Anpassung der Richtlinien nicht noch von der alten Bundesregierung verabschiedet? Dann wäre sie rechtzeitig in Kraft getreten, denn die Laufzeit des alten Gesetzes war allen bekannt, ebenso die möglichen Folgen für die heimische Branche.
Ich nehme an, Sie wären auch dafür, dass man die großen Streamingdienste mit Investment Obligations, mit Abgaben für die heimische Filmbranche belegt?
Stoisits
Das wäre sinnvoll und wichtig. Wenn es das anderswo in Europa gibt, warum nicht bei uns? Es muss sich nur jemand finden, der das verhandelt. Denn es wird ein paar Jahre dauern.
Aus dem Kulturministerium heißt es seit Wochen nur: Wir sind dran.
Stoisits
Aber wer verhandelt das konkret? Dazu gibt es, wie so oft, keine Informationen.
Die Situation könnte für viele Service-Produktionen existenzgefährdend werden.
Stoisits
Allerdings. Was sich die arbeitslosen Teams beim AMS abholen werden, kann man jetzt schon aus- und gegenverrechnen. Und das wird viel sein. In der heimischen Filmbranche fokussiert man sich allzu oft auf den nächsten Happen, und der Weitblick kommt dann zu kurz. Erst haben die Produktionsfirmen ewig über die Art des Incentives diskutiert, die man einführen wollte: ein Steueranreizmodell? Ein Ausgabenrabatt? Laut US-Experten ist Letzteres, der simple Cash Rebate, das einzig wirklich sinnvolle Modell. Bei allen anderen Ansätzen versickern die Gelder bei Mittelsmännern, die Budgets hin- und herschieben. Als man sich auf das Cash-Rebate-Modell geeinigt hatte, war man plötzlich erstaunt, wie gut es funktioniert. Ich habe immer gesagt: Wenn ein Incentive kommt, dann brauchen wir auch mehr ausgebildete Crews und Studios. Jetzt haben wir das alles: tolle Studios, viele Filmschaffende – nur das Incentive haben wir nicht mehr.