Angstlust: Jenna Ortega in "X"
Kino

Der Kino-Schocker "X": Jugend forscht

In dem neuen Hipster-Horrorfilm "X" wird das Slasher-Kino der 1970er-Jahre mit der Amateur-Pornoszene jener Epoche kurzgeschlossen.

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Eine Gruppe gut gelaunter junger Leute macht sich 1979 auf, um ein paar Tage in einer Hütte am Land zu verbringen-und dort einen Pornofilm zu drehen. Aber sie geraten, im Nirgendwo des texanischen Hinterlandes, an ein unheimliches Paar: Die beiden uralten Besitzer des Hauses, die der Amateurtruppe ihre Unterkunft vermieten, erweisen sich als gewaltbereit, unberechenbar und sexuell frustriert.

Die Kinoerzählung, die sich dieser seltsamen, nur anfangs leichtgängigen Geschichte widmet, heißt "X", nach jenem Kürzel, das traditionell für ein Jugendverbot steht. Und sie will zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, empfindet einerseits liebevoll die filmischen Subkulturen der 1970er-Jahre-zwischen den fleischlichen Exzessen des "Texas Chainsaw Massacre" und den pornografischen Freiheiten von "Debbie Does Dallas" nach, möchte aus dem Basismaterial aber andererseits auch einen genuin beängstigenden, blutigen Horrorfilm entstehen lassen. Ersteres gelingt US-Regisseur Ti West deutlich besser als Letzteres.

Die Besetzung des Films ist gut, vor allem die junge britische Schauspielerin Mia Goth fasziniert mit eigenwilliger, träger Erotik; aber auch ihre Kollegin Brittany Snow und der als Musiker bekannte Kid Cudi agieren auf durchwegs höherem Niveau, als man dies aus dem Sex-und Angst-Kino der Ära gewohnt ist; schon dies zeigt, wie sehr "X" als Hochglanzprodukt konzipiert wurde, koproduziert bezeichnenderweise von der Hipster-Indie-Filmschmiede A24.

Libido und Schreckenserregung werden in "X" ebenso clever miteinander verknüpft, wie hier auch der Abgrund zwischen forscher Jugend und altersschwacher Bitterkeit ausgelotet wird; aber am Ende steht dann doch nur ein herzlich geschmacklos in Szene gesetztes Gemetzel, von dem das artifizielle Make-up der hochbetagten Killer leider über Gebühr ablenkt.

Stefan   Grissemann

Stefan Grissemann

leitet seit 2002 das Kulturressort des profil. Freut sich über befremdliche Kunst, anstrengende Musik und waghalsige Filme.