Autorin Jasmin Schreiber
Literatur

„Der Mauersegler“ von Jasmin Schreiber: Seltsame Menschlinge

Die Tiere blicken verwundert zu uns herüber: Um Schuld und Vergebung dreht sich Jasmin Schreibers zweiter Roman, „Der Mauersegler“.

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Ein Mensch im freien Fall: Prometheus ist auf der Flucht, vor der Polizei, seiner Familie – insbesondere aber vor sich selbst. Er landet auf einem dänischen Strand und will seinem Leben ein Ende setzen, denn, so schreibt die Autorin und Biologin Jasmin Schreiber: „Meer und Tod gehören irgendwie zusammen“. „Bilanzsuizid“ nennt Prometheus seine ausweglose Situation. Ein Weiterleben zahlt sich nicht aus, sterben will er aber auch nicht. Als Arzt hat er seinen besten Freund auf dem Gewissen, für die Karriere hat er Studien gefälscht.

Jasmin Schreiber, 1988 in Frankfurt am Main geboren, ist Fachfrau im literarischen Spannungsfeld zwischen Leben und Tod. Erst vergangenes Jahr landete sie mit ihrem Debüt, dem Trauerepos „Marianengraben“, einen Bestseller, heuer hat sie ein humorvolles Sachbuch über das Sterben („Abschied von Hermine“) nachgelegt. Mit ihrem zweiten Roman versucht sie nun das Hadern und Zaudern der Menschen mit Verweisen auf die Fauna zu erklären; der titelgebende Mauersegler ist eine Allegorie auf das Leben: „Kurz vor dem Aufprall betätigt der Vogel sein gefiedertes Höhenruder und kann sich wieder hochziehen, bevor es zu spät ist, bevor erst der große Schmerz und dann das große Nichts kommt.“

Man streift mit der Naturliebhaberin durch die Gegend, die über Menschen, so scheint es, nur den Kopf schütteln kann: „Vielleicht schauten die Eichhörnchen vom letzten Mal zu, vielleicht ließen sich die Quallen und Muscheln ganz nah ans Ufer treiben, um zu hören, wie es mit diesem seltsamen Menschling weiterging.“

Philip Dulle

Philip Dulle

1983 in Kärnten geboren. Studium der Politikwissenschaft in Wien. Seit 2009 Redakteur bei profil. Hat ein Herz für Podcasts, Popkultur und Basketball.