Preisträger De Niro begrüßt seinen Laudator

Goldene Ehren-Palme für Robert De Niro in Cannes: „Ich umarme das Leben“

Robert De Niro macht es wie immer: Er schaut mürrisch in die Welt, sagt wenig und lässt dabei abgrundtief blicken. Bericht von einer melancholischen Masterclass mit der New Yorker Schauspiellegende beim Filmfest in Cannes.

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In der Lobrede, die der US-Schauspieler Leonardo DiCaprio am vergangenen Dienstag im Palais des Festivals in Cannes, am Eröffnungsabend der 78. Filmfestspiele, auf seinen Kollegen Robert De Niro hielt, sagte der Laudator einen denkwürdigen Satz: De Niro begreife sein Handwerk nicht als „Performance“, sondern als „physische Transformation“. Diese Idee könnte dabei helfen, zu verstehen, wie De Niro es geschafft hat, zu einem derart singulären, ganz unnachahmlichen Filmdarsteller zu werden: Denn er „spielt“ seine Figuren nicht einfach nur, er verwandelt sie sich an, dringt tief unter ihre Haut, legt mit ein paar feinen Schnitten ihre Psychen offen wie ein Chirurg die inneren Organe seiner Patienten. An diesen Menschenstudien arbeitet De Niro seit 60 Jahren.

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Als er schließlich auf die Bühne trat, um sich für sein Lebenswerk mit einer Ehren-Palme in Gold auszeichnen zu lassen, nahm er die Gelegenheit wahr, gegen die in seiner US-Heimat neuerdings grassierende Kunstfeindlichkeit zu polemisieren (profil berichtete): De Niro verwies auf die „Bedrohung für Autokraten und Faschisten“, die von der Kunst, einem Instrument der Diversität und der Demokratie, ausgehe. Deshalb werde in den USA gerade so heftig an der Kultursubvention gesägt. Den aktuellen Präsidenten seiner Heimat nannte er einen „Philister“, einen Feind der Künste und der Bildung, gegen den mit aller Kraft zu kämpfen sei. „Wir müssen jetzt handeln, mit Leidenschaft und Entschlossenheit. Es ist Zeit, dass jeder, dem die Freiheit am Herzen liegt, sich organisiert und protestiert.“

Stefan Grissemann

Stefan Grissemann

leitet seit 2002 das Kulturressort des profil. Freut sich über befremdliche Kunst, anstrengende Musik und waghalsige Filme.