Metallica
Aufgedreht

„72 Seasons“ von Metallica: Gelb ist die Hoffnung

Therapiestunde mit Metallica: Die erfolgreichste Metal-Band der Welt bekämpft mit einem neuen Album ihre und unsere Dämonen.

Drucken

Schriftgröße

Wenn man das Erfolgskonzept von Metallica auf den Punkt bringen möchte, ließe es sich so zusammenfassen: Das Leben da draußen ist hart, ungerecht und voller Stolpersteine, aber gemeinsam schaffen wir es aus dieser Misere. Denn die globale Metallica Family, die sich seit über vier Jahrzehnten an einer bestimmten Version harter Gitarrenmusik erfreut, ist größer als die individuellen Probleme der Band (Drogensucht und Depression). Frontmann, Gitarrist und Texter James Hetfield, 59, erzählt auf dem jüngsten Metallica-Album wieder von seinen persönlichen Traumata, sucht Hoffnung und Erlösung in der Musik.

Die „72 Seasons“, die hier besungen werden, stehen für die ersten 18 Lebensjahre eines Menschen und stellen große Fragen: Wie prägt uns die Kindheit, wie befreit man sich von fremden Erwartungen – und wie konnte aus dem kleinen James, aufgewachsen bei religiösen Fanatikern in Kalifornien, einer der größten Rockstars des Planeten werden?

Antworten liefert das elfte Studioalbum mit dem grellgelben Coversujet: Denn „72 Seasons“ ist ein ausuferndes, bedrohliches, bei allen schwierigen Themen wie Suizid, Selbsthass und Sucht doch lebensbejahendes Album geworden, das vor allem eines verlangt: Geduld. Die zwölf Songs belegen zwar erneut, warum Lars Ulrich, Kirk Hammett, Robert Trujillo und Hetfield immer noch zu den erfolgreichsten Rockmusikern der Gegenwart zählen, verlieren sich aber zu oft in Virtuositäts-Demonstrationen (lange Intros, eingängige Refrains, viele Soli).

„72 Seasons“ schafft dennoch den Brückenschlag in der eigenen Historie – vom Underground in San Francisco zum härteren Stadionrock für die ganze Familie. Nach 77 langen Minuten fühlt man sich glücklicher, gereinigt, auch ein wenig erschöpft. Und das ist doch mehr, als man sich erhoffen durfte.

Jetzt auf Spotify: Die Songs der Woche von Lena Leibetseder und Philip Dulle in der Aufgedreht-Playlist. Jeden Freitag neu.

Philip Dulle

Philip Dulle

1983 in Kärnten geboren. Studium der Politikwissenschaft in Wien. Seit 2009 Redakteur bei profil. Hat ein Herz für Podcasts, Popkultur und Basketball.

Stephan   Graschitz

Stephan Graschitz

ist als Chef vom Dienst bei profil tätig.