46-215260325

Sparpaket der Regierung: Kürzen ohne Kompass

Die österreichische Bundesregierung legt mit dem Budgetentwurf einen Sparkurs vor, der zur falschen Zeit kommt – und die falschen Leute zur Kasse bittet. Ein Gastkommentar von Oliver Picek.

Drucken

Schriftgröße

Österreich steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise. Drei Jahre in Folge schrumpft die Wirtschaftsleistung. Die Zahl der Firmenpleiten erreicht Höchststände, die Arbeitslosigkeit steigt. In einer solchen Lage 6,4 Milliarden Euro aus dem Budget zu nehmen, ist aus gesamtwirtschaftlicher Sicht riskant bis fahrlässig. Denn wer in die Krise hineinspart, verschärft die Krise. Der internationale Forschungsstand ist da eindeutig. 100 Euro Sparpaket kosten 75 Euro Wirtschaftsleistung – konservativ geschätzt. Hochgerechnet auf das geplante Sparvolumen heuer von 6,4 Milliarden Euro bedeutet das einen Wachstumsverlust von bis zu einem Prozentpunkt.

Was den Budgetkurs besonders fragwürdig macht: Die Bundesregierung schnürt dieses Sparpaket nahezu ausschließlich über die Ausgabenseite. Über 70 Prozent der Konsolidierung bis 2029 erfolgt durch Kürzungen. Nur ein Bruchteil durch höhere Einnahmen. Statt also bei Übergewinnen, Vermögen oder Konzernsteuern anzusetzen, kürzt man bei den Leistungen für jene, die ohnehin wenig haben – Familien, Pensionist:innen oder Erwerbsarbeitslose. Private Haushalte tragen fast die Hälfte der Konsolidierungslast, Unternehmen hingegen nur 13 Prozent.

Diese Verteilung ist nicht nur unsozial, sie ist politisch gewagt. Denn eine derart einseitige Lastenverteilung untergräbt Vertrauen: in die Gerechtigkeit staatlichen Handelns, in die Ausgewogenheit demokratischer Entscheidungen. Sie trifft insbesondere jene, die in den letzten Krisenjahren bereits stark belastet wurden: Familien mit Kindern. Frauen mit Betreuungspflichten. Mieter:innen mit steigenden Wohnkosten.

Gerade die Aussetzung der Inflationsanpassung bei Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld ist in ihrer Symbolik wie in ihrer Wirkung gravierend. Sie bedeutet reale Einkommensverluste – auch für Haushalte mit mittlerem Einkommen. Eine Familie mit zwei Kindern verliert allein dadurch im kommenden Jahr über 160 Euro, langfristig ein Vielfaches. Auch bei der Gesundheitsversorgung und bei den Pensionen wird gespart.

Auch ökologisch ist der Kurs ein Rückschritt. Die Klimaförderungen fallen einem Streichkonzert zum Opfer. Die Abschaffung des Klimabonus – einer Gutschrift für alle Haushalte als Ausgleich für die CO₂-Steuer – trifft ärmere Haushalte stärker als reichere. Die „soziale Abfederung“ dafür, ein höherer Pendler-Euro, kommt hingegen vor allem Besserverdienenden am Land zugute. Ein großer Teil der Klimapolitik wird also einfach abgeschafft. Alternativen dazu wie mehr Klimagesetze oder bessere Regulierung bietet die Regierung nicht an.

Ein Budget ist mehr als eine Rechenoperation. Es ist Ausdruck politischer Prioritäten. Und dieses Budget sendet ein klares Signal: Verschont werden Vermögende – bezahlen sollen jene, die ohnehin schon zu kämpfen haben.

Dagegen bleibt die im internationalen Vergleich extrem niedrige Vermögensbesteuerung unangetastet. Die Erbschaftssteuer, deren Wiedereinführung von OECD und IWF empfohlen wird, ist weiterhin kein Thema. Das Budget bürdet die Konsolidierung primär jenen auf, die sie am schwersten schultern können. Und schont jene, die am stärksten zur Finanzierung beitragen könnten – ob Unternehmen, Schwerverdiener:innen oder Vermögende. Dabei gäbe es Alternativen: höhere Beiträge großer Gewinner der letzten Jahre – etwa aus der Energie- oder Finanzbranche –, eine faire Besteuerung großer Vermögen, ein Wiederanheben der Steuer auf die Gewinne der Unternehmen auf ihr früheres Niveau. Und vor allem: ein Investitionsprogramm, das die Konjunktur stärkt und soziale wie ökologische Zukunftsaufgaben absichert – von der Elementarpädagogik über den Pflegeausbau bis zum leistbaren Wohnen.

Die Bundesregierung verpasst mit diesem Budget die Chance auf ein ökonomisch kluges und sozial ausgewogenes Krisenmanagement. Statt die Konjunktur zu stabilisieren, wird sie ausgebremst. Statt Lasten fair zu verteilen, werden sie asymmetrisch verteilt – zuungunsten jener, die sich kaum wehren können. Ein Budget ist mehr als eine Rechenoperation. Es ist Ausdruck politischer Prioritäten. Und dieses Budget sendet ein klares Signal: Verschont werden Vermögende – bezahlen sollen jene, die ohnehin schon zu kämpfen haben. Das ist keine Notwendigkeit.

Es ist eine Entscheidung. An dieser muss sich die Regierung messen lassen.