Der Marterbauer-Trick: Doppelmoral im Doppelbudget
Finanzminister Markus Marterbauer ist der neue Liebling der Nation. Kein Regierungspolitiker kann sich über so hohe Zustimmungswerte freuen wie der neue Finanzminister. Das ist auch kein Wunder, das halbe Land freut sich über einen Finanzminister, der sich selbst nicht so wichtig nimmt, der komplexe Zusammenhänge verständlich über die Rampe bringt und noch dazu eine glasklare Vorstellung davon hat, wohin er das Land politisch steuern will. Mit der Präsentation des Doppelbudgets 2025/2026 ist allerdings auch geklärt, wohin dieser Weg führen wird. Er führt in die falsche Richtung. Gespart wird nicht wie versprochen beim Staat, gespart wird bei den Bürgern. Marterbauer treibt die Steuer- und Abgabenlast auf 45,5 Prozent der Wirtschaftsleistung, das ist der höchste jemals gemessene Wert.
Gleichzeitig steigen die Staatsausgaben auf 57 Prozent der Wirtschaftsleistung und verfehlen damit den in der Coronapandemie erzielten Spitzenwert nur um Zehntelprozentpunkte, während die Staatsschulden in Richtung
90 Prozent der Wirtschaftsleistung unterwegs sind. Und das alles verkauft Markus Marterbauer – ohne lachen zu müssen – als ausgabenseitige Budgetsanierung. Eine PR-technische Meisterleistung. In der Bevölkerung hat sich nämlich das Bild festgesetzt, dass den öffentlichen Stellen nicht nur das Personal weggekürzt, sondern auch noch das Toilettenpapier rationiert wird. Obwohl der Staat heuer um 8,1 Milliarden Euro mehr ausgibt als vergangenes Jahr.
Wir dürften es mit einem durchaus eigenwilligen Sparverständnis zu tun haben. Während im Infrastrukturministerium höhere Mauttarife unter Einsparungen laufen, „spart“ die Justiz über höhere Gerichtsgebühren.
Dabei sollen die Verhandlungen mit den Ministern ja beinhart gewesen sein. Marterbauer sprach in seiner Budgetrede von „Sparbemühungen über die Schmerzgrenze hinaus“. Hier dürften wir es nicht nur mit hypersensiblen Patienten zu tun haben, sondern auch mit einem durchaus eigenwilligen Sparverständnis. Während im Infrastrukturministerium höhere Mauttarife unter Einsparungen laufen, „spart“ die Justiz über höhere Gerichtsgebühren. Das Wirtschaftsressort wiederum „spart“ über höhere Dividenden der Staatsbetriebe. Nicht ausgeschöpfte Fördertöpfe laufen ebenso unter „Sparen im System“ wie nicht valorisierte Mieten der Ministerien. Der durch die Finger schauende Vermieter ist – erraten – der Staat. Die Idee wäre ausbaufähig: Die Energieversorger fahren ein knallhartes Sparprogramm über höhere Strompreise, die Freibäder über verdoppelte Eintrittspreise und die Gemeinden über rasant steigende Gebühren.
Was aber wäre zu tun gewesen? Bevor der Finanzminister den Bürgern auch nur einen Finger in die Taschen steckt, hätte der Staat bei sich selbst anfangen müssen. Etwa mit harten Ausgabengrenzen: Wären die hohen Staatsausgaben von 2019 nur mit der Inflation gestiegen, würde der Staat um 50 Milliarden Euro mehr ausgeben als damals – aber um 30 Milliarden Euro weniger, als er das heute tut. Österreich hätte damit einen Budgetüberschuss. In den Ressorts sollten nicht nur Sachkosten sinken, sondern auch die heillos aufgeblähten Personalstände. Das weitgehend digitalisierte Estland zeigt, wie ein Staat mit weniger Beschäftigten eine bessere Dienstleistung anbieten kann. Der überhöhte Lohnabschluss der Beamten wäre aufzuschnüren, weil niemand versteht, warum von ungeschützten Beschäftigten der Privatwirtschaft Lohnzurückhaltung erwartet wird, während die Einkommen der bestens geschützten Beamten schneller steigen als die Teuerung.
Die völlig überzogene Förderung heimischer Unternehmen ist zumindest auf das Vorkrisenniveau zu senken, bei Doppelförderungen sollte der Bund das Geld von Ländern und Gemeinden zurückfordern. Und ja, das gesetzliche Pensionsantrittsalter ist am besten noch vorgestern zu erhöhen.
Die völlig überzogene Förderung heimischer Unternehmen ist zumindest auf das Vorkrisenniveau zu senken, bei Doppelförderungen sollte der Bund das Geld von Ländern und Gemeinden zurückfordern. Und ja, das gesetzliche Pensionsantrittsalter ist am besten noch vorgestern zu erhöhen. Denn 90 Prozent der bis 2029 entstehenden Mehrkosten im Bundesbudget gehen auf das Konto der explodierenden Defizite im staatlichen Pensionssystem – das muss diese „größte Pensionsreform der letzten 20 Jahre“ (@ Beate Meinl-Reisinger) sein, von der so viel die Rede ist. Aber würde Finanzminister Markus Marterbauer all das umsetzen, hätte er natürlich nicht mehr die höchsten Beliebtheitswerte. Und das scheint ja noch immer das größte Ziel aller Politiker zu sein, unabhängig von der Parteifarbe.