profil-Kolumnist Rainer Nikowitz
Satire

Rainer Nikowitz: Kurz’ Arbeit

Peter Filzmaier wagte es im ORF, angesichts des Impfdesasters die Frage zu stellen, was unser Kanzler eigentlich beruflich mache. profil hat die Antwort.

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Auch, wenn sich einiges geändert hatte, seit die Impfstoffroute nach Österreich erfolgreich geschlossen worden war  – die Morgenroutine des Kanzlers war immer noch dieselbe. Wie jeden Tag gleich nach dem Aufstehen flüsterte er dem gutaussehenden Kerl, der ihm aus dem Spiegel entgegenblickte – und an dessen Haarhelm nicht eine Faser verrutscht war, da der Kanzler ja ähnlich einem leicht reizbaren, stets zu einer Stampede bereiten Mustang immer im Stehen schlief –  das Motto seiner aus nicht nachvollziehbaren Gründen leider immer noch nicht Alleinherrschaft entgegen: „First Basti first!“

Also checkte er zuerst einmal, ob ihm einer seiner kaum 60 braven PR-Adlaten vielleicht eine neue Umfrage zu seinen Beliebtheitswerten zukommen hatte lassen. Nach einer für ihn vermutlich recht schweißtreibenden Nacht, vor allem, wenn die Ergebnisse nicht ganz dem entsprachen, was der Kanzler schon aufgrund seiner bloßen Bereitschaft, dem Land gütiger Weise vorzustehen, verdientermaßen erwarten durfte. Und das taten sie in letzter Zeit ja unerklärlicherweise immer weniger. Der Kanzler musste denn auch einräumen, dass ihm dieser erste und nobelste Teil seines Tagewerks zunehmend weniger Freude bereitete. Wie kam er überhaupt dazu? Hatte er nicht erst vorgestern einen formidablen Wahlsieg eingefahren? Und war es nicht praktisch gestern gewesen, dass seine türkise Erweckungskirche einen Zuspruch von 48 Prozent erfahren hatte? Eine Zahl, für deren Analyse es wahrlich keinen niemals einatmenden Peter Filzmaier brauchte. Das war des Kanzlers Verdienst! Wessen denn auch sonst? 

Und genauso musste man jetzt, da diese Werte immer bescheidener wurden, glasklar zu sein, dem Volk zu seinen Füßen ebenso unmissverständlich wie unablässig klarmachen, an wem das aber sicherlich nicht lag. 

Zur Erreichung dieses hehrsten Zieles, das eine Regierungspartei in Zeiten höchster Not für das Land, dem es zunehmend unbedankterweise ihre Expertise lieh, haben konnte, hatte der Kanzler verschiedene Steuerungsgruppen eingerichtet. Also Gremien, die in weniger entwickelten Ländern zum Beispiel zur sinnstiftenden Planung einer Impfkampagne verwendet wurden. Sie alle tagten täglich. Also auch heute.

Zuerst traf sich die Steuerungsgruppe „Aufdeckung“.  Das war ja eines der größten Talente des Kanzlers: Missstände aufzuspüren und sie umgehend ans Licht der Öffentlichkeit zu zerren, koste es andere, was es wolle. Manchmal waren solche meist in der Form von eilig einberufenen Pressekonferenzen abgehaltenen Standgerichte, bei denen es nie auch nur den leisesten Zweifel an der Schuldfrage gab, sogar in der eigenen Regierung nötig – sei es nun im Gesundheitsressort, bei der Justiz oder auch der Gesundheit. Hier unterstützten ihn die Spezialisten Gernot Blümel, der sich mitunter durchaus an etwas erinnern konnte, obwohl sein Laptop gerade Auslauf hatte. Und natürlich Karl Nehammer, der Mann, dem man garantiert keine 5000 für 186 vormachen konnte – und der mit seiner Flex ja beinahe nicht den Terrorplan von Wien nicht aufgedeckt hätte. Die Tätigkeit dieser Task-Force wies durchaus Berührungspunkte mit jener der zweiten auf, in der es um den richtigen Umgang mit Oppositionellen ging, ganz egal, ob diese jetzt Reinhold Mitterlehner oder Rudi Anschober hießen – oder auch Ursula von der Leyen. Hiefür hatten sich natürlich Karoline Edtstadler und Wolfgang Sobotka als exekutierende Organe angeboten, weil eine umgänglicher als der andere – also genau die Richtigen. 

Eine kleine Unter-Steuerungsgruppe zur Verträglichkeit von Pandemie und ÖVP gab es auch noch, sie trug den Arbeitstitel: „Wir haben alles richtig gemacht – und daran wird sich auch nie etwas ändern!“. Wie gut, dass man hier auf bewährte Kräfte wie Günter Platter oder den bescheidenen Wiener Neustädter Bürgermeister Klaus Schneeberger zurückgreifen konnte, digital unterstützt von Kaufhausdetektivin Margarethe Schramböck. 

Sie alle arbeiteten dem Kanzler bei der Verwaltung seiner eigenen Heldensaga aber natürlich nur zu, im Endeffekt lag die Last der Verantwortung für sein großes Ganzes auf seinen Schultern. Und die zuckten nur dann, wenn man ihm zum Beispiel die Frage stellte, ob er für irgendetwas in seiner Regierungspolitik auch die politische Verantwortung trage. Oder natürlich, wenn dieser ausgezehrte Vielredner im ORF, der glaubte, etwas von Politik zu verstehen, obwohl ihm der Kanzler überhaupt nie die Erlaubnis dazu erteilt hatte, in aller Öffentlichkeit und von keinem beherzt einschreitenden unabhängigen ORF-General gestoppt Ungeheuerlichkeiten von sich gab wie: „Ich frage mich, was der Bundeskanzler in diesem Jahr eigentlich beruflich gemacht hat.“ 

Diese unglaubliche Frechheit war natürlich keiner Antwort würdig. Der Kanzler würde stattdessen einfach das Offensichtliche noch mehr herausstreichen. Sebastian Kurz war beruflich – Sebastian Kurz. Und das sollte ja nun wohl wirklich mehr als genug sein. 

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort