Rainer Nikowitz: In die Traufe

Rainer Nikowitz: In die Traufe

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Merkel: Mr. President! Trump: Ja, der bin ich! Ist das nicht großartig? Habe ich schon erwähnt, dass ich die meisten Wahlmänner seit diesem Kolumbus-Guy hatte?

Merkel: Bei allem Respekt, aber das stimmt nicht. Trump: Oh-oh! You are Fake News! So sad! Ganz schlechter Stil. Und wenn einer etwas über Stil weiß, dann ich.

Merkel: Apropos Stil: Würden Sie bitte meine Hand jetzt wieder loslassen? Trump: Keine Angst, honey. Sonst greife ich dir ohnehin nirgends hin. Dafür bist du um 40 Jahre zu alt. Und – entschuldige meine Offenheit – zu hässlich. Und niemand weiß mehr über Schönheit als ich, ich habe schließlich einen ganzen Trump-Tower voller Spiegel. Aber bevor ich deine Hand loslasse, muss ich darauf bestehen, dass du meiner Security deine Mikrowelle übergibst.

Ich glaube, du hast einfach ein Problem mit selbstbewussten Männern.

Merkel: Die nehme ich zu Staatsbesuchen nur in Ausnahmefällen mit. Trump: Und womit hörst du mich dann im Auftrag deines Freundes Obama ab? Die Briten haben es gemacht, also ihr sicher auch. Niemand weiß besser als ich, wie ihr verdammten Europäer seid!

Merkel: Wie denn? Trump: Schwache Liberale, die neidisch auf meine Stärke sind. Und die unseren Markt mit ihren Ramschprodukten überschwemmen. BMW, Mercedes – ich weiß das, ich habe selbst ein paar. Und warum fahren umgekehrt in Belgien nicht genauso viele Chevrolets herum?

Merkel: Das sollte man vielleicht eher die Belgier fragen. Trump: Das ist doch eure Hauptstadt da drüben in Europa – und du weißt das nicht? Siehst du, darum habe ich die Wahl gewonnen. Weil ich viel näher an meinen Leuten dran bin. Nicht so abgehoben und kopflastig wie ihr. Wunderschöne Stadt übrigens, dieses Belgien. Großartige Gebäude. Ich war da einmal vor ein paar Jahren.

Merkel: Ich finde Berlin auch ganz nett. Das liegt ein Stück weiter im Osten. Trump: Ich dachte, weiter im Osten sitzt Putin? By the way: großartiger Mann, oder?

Merkel: Nun ja. Er sät in Europa Unruhe, wo er nur kann, und mit Demokratie und bürgerlichen Freiheiten ist es in Russland nicht weit her. Trump: Sage ich ja: großartig! Aber was ist eigentlich das Problem mit diesem Erdoğan-Guy?

Merkel: Er sperrt Zigtausende Oppositionelle und Journalisten ein und will sich zum Alleinherrscher machen lassen. Trump: Ich habe gefragt, was das Problem ist.

Merkel: Mittlerweile geht man schon ins Gefängnis, wenn man einen Witz über ihn macht. Trump: Das habe ich mit den Kommunisten von „Saturday Night Live“ auch vor.

Merkel: Er nennt uns Nazis. Trump: Und was soll daran schlimm sein? Ich glaube, du hast einfach ein Problem mit selbstbewussten Männern, weil du nicht akzeptieren willst, wo dein Platz ist. Ich meine, wenn Erdoğan ein verdammter Muslim wäre, na gut. Dann würde die Sache natürlich ganz anders aussehen. Aber so.

Merkel: Wann hatten Sie eigentlich das letzte Briefing über Europa? Trump: Gott, das ist immer so langweilig! So viele Länder. Lauter komische Sprachen und Namen. Außerdem ist um die Zeit immer Schlammringen im Kabelfernsehen. Niemand versteht Schlammringen besser als ich.

Merkel: Gut, dann hätten wir jetzt also wohl nach der Wirtschaft auch die Außenpolitik durch. Nach Maßgabe der vorhandenen Möglichkeiten zumindest. Trump: Noch nicht ganz! Die Chinesen. Wir müssen etwas gegen die Chinesen unternehmen.

Merkel: Wegen der Diktatur und den Menschenrechten? Trump: Gott, wie unbeleckt kann man eigentlich sein? Das ist ja selbst dann kaum zu fassen, wenn man in Betracht zieht, dass du nur eine Frau bist. Weil sie den Klimawandel erfunden haben, um der amerikanischen Wirtschaft zu schaden, stupid! Aber ich muss zugeben, dass ich ihr Essen mag.

Merkel: Ich habe ja gehört, dass sie diese Glückskekse so präpariert haben, dass sie den weißen Mann impotent machen. Trump: Damn! Davon hat mir die CIA natürlich wieder einmal nichts gesagt. Womit verschwenden die eigentlich den ganzen Tag ihre Zeit?

Merkel: Mit Mikrowellen? Trump: War das ein Witz? Lass das, honey. Das ist nicht deine Kragenweite. Niemand macht bessere Witze als ich. Merkel: Unabsichtliche gelten also auch?

Trump: So, ich muss jetzt gehen. Dieses Treffen dauert schon sieben Minuten, und eine längere Aufmerksamkeitsspanne habe ich nicht. Wir sind uns also einig: America first! Merkel: Es könnte sein, dass meine Zusammenfassung dieses Treffens ein wenig von dieser Konklusion abweicht.

Trump: Niemand versteht mehr von Konfusion als ich.

Dieser Artikel stammt aus dem profil Nr. 12 vom 20.3.2017. Das aktuelle profil können Sie im Handel oder als E-Paper erwerben.

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort