Rainer Nikowitz: Posttaktisch

Die FPÖ bietet jetzt Social-Media-Schulungen an, in denen man lernt zu posten, ohne sich strafbar zu machen. Warum nur?

Drucken

Schriftgröße

Experte: Ich begrüße Sie sehr herzlich zu unserem Social-Media-Seminar mit dem Titel: „Die Wahrheit wird man doch noch sagen dürfen! Aber wie?“ Ein Thema, das in Zeiten von Lügenpresse und Unterdrückung der freien Meinungsäußerung durch die linkslinken Systemmedien natürlich unter den Nägeln brennt. Kurt: De Tschurnalisten ghören alle an die Wand gstellt! Experte: Und da haben wir auch schon eine Wortmeldung, die so auch zum Beispiel ein Posting auf Facebook sein könnte und über die sich die üblichen Verdächtigen natürlich wieder aufregen würden – oder gar mit dem Anwalt drohen. Elfriede: Drohen? Wo samma denn? Ins Arbeitslager mit denen! Durt kennan sa si dann aufregen! Experte: Das ist natürlich ein allzu verständlicher Standpunkt, aber ich will Ihnen heute zeigen, wie Sie diesen äußern können, ohne mit der Jagdgesellschaft Probleme zu bekommen. Machen wir einmal einen Test. Ich sag Ihnen jetzt eine Zeitungsschlagzeile, und Sie sagen mir, was Sie darauf gleich so im ersten Schleim posten würden. Also: „Achtfache Asylanten-Mutter (23) saugt mit Burkini Hallenbad leer!“ Hermann: Die Muftis züchten um unser Geld wie die Karnickel und passen sich null an. Danke, Merkel! Elfi: Immer wenn ich so eine sehe, wünsche ich mir, dass die Glawischnig einmal so richtig von sechs Moslems … Experte: Äh …, ja! Danke! Und der Kurt? Kurt: Die Asylanten ghören alle an die Wand gstellt. Experte: So. Und jetzt mach ma eine Gegenprobe. Damit ihr seht’s, dass es eigentlich immer nur gewisse Themen sind, die uns begreiflicherweise so ärgern, dass wir vielleicht ein bissl die Contenance verlieren. Ihr werdet’s sehen, bei anderen Sachen ist dieser Impuls nicht so stark. Also, die Meldung wäre: „Sommer so verregnet wie noch nie“. Hermann: Danke, Merkel. Du schiacher alter Trampel, du! Kurt: Die Asylanten ghören alle an die Wand gstellt. Und die Tschurnalisten auch. Elfriede: Mag sein, dass das Wetter davon nicht besser wird, aber: Die Glawischnig ghört einmal so richtig … Experte: Äh …, ja. Sie sehen also: Wenn es sich eher um ein Allerweltsthema handelt, dann tut man sich leichter, seinen berechtigten Ärger … äh, hintanzuhalten. Kurt:I will mein Ärger aber net hintanhalten. Elfriede: I a net. I will allen, de net meiner Meinung san, mit dem Stellwagen ins Gsicht fahren. Hermann: No genau! Des is schließlich mei Recht! Experte:Nun, da wird es eben mitunter manchmal schwierig. Es gibt nicht unbedingt ein Recht darauf, andere zu beschimpfen oder zu bedrohen. Auch nicht auf Social Media. Elfriede: Weit hamma’s bracht. Hermann: Danke, Merkel. Du Ossi-Drecksschlampe! Experte: Darum sollten wir auf unsere Formulierungen achten. Zum Beispiel beim Kurt: Man könnte Ihre Ausdrucksweise als kaum verhüllte Gewaltfantasie brandmarken. Kurt: Jo, eh. Experte: Vielleicht wäre es so besser: Den Herrschaften wäre einmal nähere Bekanntschaft mit Füsilierungsfachpersonal zu wünschen. Kurt: Aha. Guat, i üb des amoi. Experte: Desgleichen bei Ihnen, Elfriede: Ich wünsche Frau Glawischnig ein erotisches Erlebnis der Sonderklasse, eine Erfüllung ihrer geheimsten Wünsche: Die Verführung durch einen glutäugigen orientalischen Liebhaber. Oder auch mehrere. Elfriede: Hmm. Na ja, i weiß net so recht … Experte: Hermann. Sie bewegen sich in den sozialen Medien sowieso wie ein Fisch im Wasser, denn ihr „Danke, Merkel!“ passt eigentlich immer und überall. Nur der Rest. Wie wäre es mit „Freizügige Frau aus dem Osten“? Hermann: Oba wirkli net. Des is net annähernd so guat wie „Ossi-Drecksschlampe“. Kurt: Mei Text is net zum Dermerken. Außerdem: Was is Füsilierungsfachpersonal? Elfriede: Verführung, so a Schas. I will, dass es weh tut! Experte: Aber ich will ja als Social-Media-Experte nur erreichen, dass Sie lieber zwei Mal statt ein Mal nachdenken, bevor Sie auf den Knopf drücken. Kurt: De ghören alle an die Wand gstellt, de Social-Media-Experten. Experte: Gut, ich sehe, bei dieser Gruppe ist eher Modul B als Seminarinhalt angebracht. Schritt eins: „Wie lege ich ein Fake-Profil an und verwische meine Spuren“. Elfriede: Endlich lern ma was Gscheites! Hermann: Danke, Mer… Ah so, na. Experte: Und dann, wenn wir endlich wirklich anonym sind, Kurt: Nur an die Wand stellen? Wie wär’s mit einem Flammenwerfer? Kurt: Geilo! Experte: Elfriede: Warum auf halbem Weg stehen bleiben? Fesseln? Peitschen? Sicherheitsnadeln? Elfriede: Gehen Hunderter-Nägel a? Experte: Und Hermann? Sie müssen überhaupt noch viel lernen.

Dieser Artikel stammt aus dem profil Nr. 13 vom 25.3.2017. Das aktuelle profil können Sie im Handel oder als E-Paper erwerben.

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort