Rainer Nikowitz
Satire

Von Wien nach Bratislava: Wie im Flug!

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen flog im Juni mit dem Privatjet in 19 Minuten von Wien nach Bratislava, um ihren „Green Deal“ zu feiern. Da musste profil natürlich mit!

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profil: Frau Präsidentin, Sie sind wahrlich nicht zu beneiden. Dieser ganze Stress mit all diesen total wichtigen Terminen!
Von der Leyen: Nun ja, just another day at the office eben! Aber wenn Sie mir dieses kleine Bonmot gestatten: Ich schließe die Augen – und tue es für die große Idee!

profil: Aber gerade noch Wien – und schon in 19 Minuten in Bratislava! In einer völlig anderen Welt! Was für ein unglaublich cleverer Einsatz für Europa. Gut, dass Sie einen Privatjet haben. Ich wüsste echt nicht, wie Sie sonst von Wien nach Bratislava kommen sollten. Ich meine, das sind immerhin gute 60 Kilometer!
Von der Leyen: Es war tatsächlich schwierig, auf diese Möglichkeit zu kommen. Aber da muss ich mich bei meinem Team bedanken, da haben das Logistik-Departement, der Nachhaltigkeitsbeirat und erst recht mein PR-Stab wirklich ganze Arbeit geleistet.

profil: Fürwahr. Und wir fliegen jetzt von Wien nach Bratislava, weil …?
Von der Leyen: … die EU Wohltaten zu verteilen hat – wie so oft, wenn ich mir auch noch diese kleine schelmische Anmerkung erlauben darf! Diesmal in Form von geradezu ausufernd großzügigen Corona-Hilfen. Und so etwas erledige ich natürlich gern persönlich.

profil: Das ist nur zu verständlich.
Von der Leyen: Sieben Hauptstädte in zwei Tagen!

profil: Wie aufreibend! Aber ohne jetzt zu realistisch erscheinen zu wollen … Könnte man das nicht auch mit einer salbungsvollen Rede per Videoschaltung genauso gut erledigen?
Von der Leyen: Das wäre im Prinzip natürlich möglich. Aber Sie vergessen dabei, wie sehr man in diesen sieben Hauptstädten nach meiner persönlichen Anwesenheit lechzt.
Das einfache Volk draußen in den Regionen liebt das nun einmal, wenn Brüssel einmal kurz vorbeischaut und sich spendabel zeigt. Es ist auch für die lokalen Medien ein Riesenunterschied, ob sie sieben Mal die eine Rede bringen – oder sieben Mal die eine.

profil: Wem sagen Sie das! Es geht bei Ihrer veritablen Tour de Force aber, wie ich annehme, schon auch darum, einige mahnende Worte und unangenehme Wahrheiten auszusprechen.  
Von der Leyen: Es geht bei Brüssel natürlich immer auch um mahnende Worte. So viele Sonntage hat das Jahr gar nicht, wie ich da Reden halten könnte! Das Geld, das ich jetzt großherzig verteile, soll von den Staaten im Rahmen meines „Green Deals“ mit besonderem Augenmerk auf Klimaschutzmaßnahmen reinvestiert werden und … Huch! War das jetzt etwa eine Turbulenz??

profil: Die können tückisch sein zwischen Wien und Bratislava. Deshalb wird diese Strecke auch so selten geflogen.  
Von der Leyen: Tatsächlich?
profil: Außerdem besteht der Flug nur aus Start und Landung. Das sind die gefährlichsten Teile.
Von der Leyen: Dieses persönliche Risiko gehe ich gerne ein im Kampf gegen den Klimawandel!

profil: Wenn die Eliten nicht mutig voranschreiten – wer denn dann?
Von der Leyen: Es muss uns allen klar werden, dass es nicht so weitergehen kann. Dass jeder Einzelne seinen Beitrag leisten muss. Und ja: Man muss im Kampf gegen den Klimawandel auch einmal lieb gewordene Gewohnheiten überdenken.

profil: Wie zum Beispiel: Warum mit dem Zug fahren – wenn dann der Privatjet ungenützt in der Gegend herumsteht.
Von der Leyen: Den wir noch dazu übertragen gekauft haben!

profil: So wird es natürlich gleich viel leichter mit dem Predigen der leider notwendigen Einschränkungen unseres Lebensstils zugunsten des Klimas. Wenn man selbst an der Spitze Europas solche schmerzhaften Einschnitte hinnimmt – und sich, für alle sichtbar, in Verzicht übt.
Von der Leyen: Ich weiß schon, dass die liebe Greta Thunberg da in puncto Street Credibility noch die Nase vorn hat. Aber in aller Bescheidenheit: Dann komm schon ich! 

profil: Ich kann es kaum erwarten, Sie beide auf den Gipfelfotos von Glasgow zu sehen. Vereint – und entschlossen!
Von der Leyen: Jetzt rüttelt das schon wieder so … Oh mein Gott! Was ist das da unten? Machen wir etwa eine Wasserlandung?

profil: Das ist nur die Donau. Der folgen wir schon die ganze Zeit. In … nicht allzu großer Höhe. Zahlt sich nicht aus auf die Distanz. Wenn unser Bundesheer Radar hätte, wären wir drunter.
Von der Leyen: Wissen Sie … Manchmal bin ich mir nicht sicher, ob sich all der Einsatz lohnt. Ob das am Ende auch wirklich jemandem auffällt.

profil: Ach. Machen Sie sich da keine Sorgen!

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort