Kolumne

Was das Scheitern der Mietpreisbremse mit dem Erfolg der KPÖ zu tun hat

„Wohnen darf nicht arm machen!“ Mit dieser Ansage hat die KPÖ in Salzburg mehr als elf Prozent der Stimmen geholt, in Salzburg-Stadt sogar über 20 Prozent. Das ist kein Zufall. Wohnen war das wichtigste Motiv, um die KPÖ zu wählen.

Drucken

Schriftgröße

Hierzulande hat jeder Zweite kein nennenswertes Vermögen. In dieser „unteren“ Hälfte der Bevölkerung leben fast alle in einer Mietwohnung. Das heißt: Diese Hälfte der Bevölkerung spürt es als Erstes und am härtesten, wenn die Mieten steigen. Und die steigen nicht erst seit Krieg und Teuerungskrise. Seit 2010 sind die privaten Mieten um fast 60 Prozent gestiegen; die Einkommen aber nur um 34 Prozent.

Das hat brutale Auswirkungen auf die Haushaltsbudgets. In der unteren Hälfte der Bevölkerung gibt man mittlerweile zwei Drittel des Einkommens für Essen, Heizen und Wohnen aus.

Noch schlimmer ist es im ärmsten Zehntel der Bevölkerung: Dort bleiben nach Abzug der Wohnkosten nur noch 20 Prozent des Einkommens über. Also kaum Geld, um andere Dinge zu bezahlen. Und gar keines, um sich einen Notgroschen auf die Seite zu legen.

Wohnen macht in Österreich viele arm. Und einige wenige reich. Das Geld wandert mit den Mieten von unten nach oben; die Mietzahlung, die unten für schlaflose Nächte sorgt, kommt oben als Mieteinnahme an. Monat für Monat wird auf diese Weise Einkommen, das ohnehin schon ungleich verteilt ist, von unten nach oben geschaufelt.

Denn wer besitzt denn schon mehr als die Wohnung oder das Haus, in dem er selbst wohnt? Fast nur die oberen zehn Prozent. Jeder dritte Vermieter ist sogar in den Top-5-Prozent dabei, also im überreichen Segment unserer Gesellschaft.

Mit der Teuerungskrise hat sich das noch einmal zugespitzt. Wer mieten muss, zahlt heute mehrfach drauf. Denn wie alle anderen müssen Mieter:innen mehr für Energie zahlen – anders als andere haben sie es aber nicht selbst in der Hand, zu entscheiden, ob sie weiter mit Gas heizen oder auf Fernwärme umstellen wollen. Die saftigen Mieterhöhungen kommen dann oben drauf. Die Mietpreisbremse, die ihnen nachhaltig und langfristig geholfen hätte, ist am Njet der ÖVP gescheitert. Stattdessen gibt es – wieder einmal – Einmalzahlungen.

Diese Wohnkostenbeihilfe ist nicht einmal der viel strapazierte Tropfen auf dem heißen Stein. Im Altbau steigt die Miete heuer im Durchschnitt um mehr als 500 Euro. Nicht einmal die Hälfte davon – rund 200 Euro – übernimmt nun der Staat. Allerdings nur einmalig. Die höhere Miete, die wird aber auch im nächsten Jahr fällig. Und im übernächsten.

Die Regierung schaufelt so noch mehr Geld von unten nach oben. Aus dem gemeinsamen Staatshaushalt, aus unser aller Steuertopf, wandern so mittelbar 250 Millionen auf die Konten der reichsten zehn Prozent. Ausgeschüttet an die Mieter:innen, direkt weiterüberwiesen. Während andere EU-Länder mit Preisbremsen die Inflation in den Griff bekommen haben, setzt Österreich also nach wie vor auf Ausgleichszahlungen. Die Wohnkostenbeihilfe ist die vorläufige Krönung der Inflationsbekämpfung made in Austria – die am Ende sogar die Inflation befeuert.

Mit der Teuerungskrise ist in ganz Europa ein Verteilungskampf entbrannt: Wer soll den Wohlstandsverlust durch die hohen Energiepreise schultern? Arbeitnehmer:innen und Konsument:innen, Arbeitslose und Pensionist:innen haben in Österreich so viel Kaufkraft verloren wie seit 60 Jahren nicht mehr. Den Vermieter:innen hingegen wurde bisher rasch und vollständig die gesamte Teuerung durch die automatische Indexierung ausgeglichen – einschließlich gestiegener Energiepreise. Ohne gesetzliche Mietpreisbremse werden sie die Mieten auch weiterhin kräftig erhöhen.

Das ist für alle ein Problem. Denn die Mietpreise werden in die offizielle Inflationsrate eingerechnet. Steigen die Mieten, steigt die Inflation. Und die Mieten werden mit der Inflation automatisch erhöht … und feuern wieder die Inflation an. Und so weiter. Die Miet-Preis-Spirale dreht sich munter.

Auch WIFO-Chef Gabriel Felbermayr fordert angesichts dieser Situation die Einführung einer Mietpreisbremse und warnt: „Sture Inflationsindexierung führt zwangsläufig zu persistent hoher Inflation.“ Genau dieses sture Festhalten an überholten ökonomischen Dogmen, die direkte Eingriffe in die Preisbildung ablehnen, macht Österreich zu einem der EU-Staaten mit der höchsten Inflation.

In Ländern wie Frankreich, Belgien oder Spanien, die verstärkt auf Maßnahmen wie Preisbremsen gesetzt haben oder die Mehrwertsteuer gesenkt haben, ist die Inflationsrate signifikant niedriger als in Österreich. Dass eine Mietpreisbremse nicht alle Probleme am Wohnungsmarkt löst, ist klar. Ein wichtiger Teil der Lösung wäre sie allemal.

Und: Wer sich weigert, Maßnahmen umzusetzen, die längst politischer Common Sense sind, der braucht sich auch nicht wundern, wenn plötzlich Parteien erfolgreich sind, die Wohnen ins Zentrum ihrer Arbeit stellen – und damit die Sorgen der Hälfte der Bevölkerung.

Barbara Blaha

Barbara Blaha

leitet das ökosoziale Momentum Institut.