Die US-Schauspielerin America Ferrera, die australische Schauspielerin Margot Robbie und der kanadische Schauspieler Ryan Gosling posieren auf dem rosa Teppich bei ihrer Ankunft zur Europapremiere von „Barbie“ in London.
Morgenpost

Ganz großes Kino, ganz langes Kino

Barbie, Oppenheimer, Indiana Jones. Während uns auf TikTok 15-Sekunden-Videos oft schon zu lang sind, feiern Blockbuster mit Überlängen einen Erfolg nach dem anderen.
Eva  Sager

Von Eva Sager

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Das ist jetzt etwas für Kinder vom Land, oder aus der Donaustadt - jedenfalls für Kino-Connoisseure. Und dazu wird man zwangsläufig, wenn man zu alt für „Wetten, dass..?“ mit den Eltern zuhause ist und zu jung für die lokale Bar/Club/Raststation-Verschmelzung im Dorf. Da ist das Kino im nächstgelegenen Einkaufszentrum, irgendwo in einem Industrieviertel mit einer mehr oder weniger passablen Busverbindung, der Ort des jugendlichen Geschehens. Dort wird man langsam erwachsen; schmuggelt zuerst die Cola-Eigenmarke aus dem Supermarkt, dann den picksüßen Litschi-Sekt in den Saal, bis man sich irgendwann den Spritzwein und das Popcorn an der Kassa leisten kann. Das ist heute im Cineplexx-Donau-Zentrum immer noch nicht anders als zu meinen Zeiten im FMZ-Kino Imst (Tiroler Oberland, für alle die nicht googeln wollen).

Und als auserkorene Kino-Kennerin ist mir eine Sache aufgefallen, spätestens als ich letzte Woche in Christopher Nolans „Oppenheimer“ saß, ganze drei Stunden lang: Filme werden gefühlt immer länger. Beispiele gefällig? „Indiana Jones und das Rad des Schicksals“: Zwei Stunden und 34 Minuten. Avatar: The Way of Water: Drei Stunden und zwölf Minuten. „Barbie“: Eine Stunde und 54 Minuten. „Guardians of the Galaxy Vol. 3“: Zwei Stunden und 30 Minuten. Das Live-Action-Remake von Disneys „Arielle, die Meerjungfrau“ ist sogar eine Stunde länger als der ursprüngliche Zeichentrickfilm.

Insgesamt ist diese Entwicklung dann doch ein wenig eigenartig; vor allem wenn man sich daran erinnert, dass unsere Gesellschaft ja eigentlich im Verruf steht, immer kürzere und schnellere Inhalte konsumieren zu wollen. Stichwort TikTok. Auf der Plattform sind die Videos bestenfalls zwischen elf bis 17 Sekunden lang, für alle mit langem Atem vielleicht sogar 21 bis 34 Sekunden. Untermauert wird die These der „sozialen Beschleunigung“ mittlerweile auch durch eine Studie der Technischen Universität Berlin, des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung, des University College Cork und der Technical University of Denmark. Jene besagt, dass die Zeitspanne, die die Gesellschaft einem Thema widmet, immer kürzer wird. Die „kollektive Aufmerksamkeit“ sinkt.

Und bei den Filmen? Die Deutsche Presse-Agentur hat recherchiert, dass seit 2003 die zehn erfolgreichsten Filme in Deutschland um fast sechs Minuten länger wurden. Das liege laut „Vanity Fair“ vor allem an der wachsenden Zahl von Firmen, die Filme ankaufen würden; Netflix, Amazon, Apple, da steige der Druck bei traditionellen Studios, eine verlangte längere Spieldauer nicht gleich abzulehnen. „Wer möchte der Manager sein, der Nein zu Scorsese sagt und ihn an Netflix verliert?“, fasste „Vanity Fair“ zusammen. Gelten lassen kann man das primär nur für Filme mit kommerziellen Erfolgen, von namhaften Regisseurinnen und Regisseuren oder für Fortsetzungen. Abseits davon lässt sich laut der DPA nicht feststellen, dass Filme heute grundsätzlich länger sind als früher.

Bei „Barbie“, eine Stunde und 54 Minuten, war dieser Faktor jedenfalls allen egal. Er spielte in den letzten zwei Wochen schon mehr als eine Milliarde Dollar ein. Damit ist Greta Gerwig die erste weibliche Solo-Regisseurin, die so einen Erfolg feiern darf. Und ich muss gestehen, ganz unschuldig war ich daran nicht. Mittlerweile habe ich “Barbie” schon zwei Mal gesehen. Zwar nicht im FMZ-Kino Imst, aber das kann ja noch werden. 

Eva  Sager

Eva Sager

seit November 2023 im Digitalteam. Schreibt über Gesellschaft und Gegenwart.