Morgenpost

Ein Tag für Frauen, aber nicht als Farce

profil-Redakteurinnen diskutieren, was der Frauentag für sie bedeutet

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Der Frauentag hat Sonntagsredencharme – Rosen, Rabatte und leere Versprechen. Lassen Sie mich eine andere Geschichte erzählen. Gestern in der Früh lag ein Glückskeks in meiner Küche. Ich erwartete einen Sinnspruch, stattdessen: „dear sir: if you prevent violence against women*, this cake will only bring you happiness!“ vom 24-Stunden Frauennotruf.

Doch zurück zum Frauentag: Die profil-Redaktion versammelt Feministinnen verschiedener Generationen. Wie sehen Sie den Tag, der vor gut hundert Jahren in Moskau eingeführt wurde, um daran zu erinnern, dass Frauendemonstrationen die Zarenherrschaft beendeten und eine Revolution auslösten? Feministinnen wird oft ein Generationenzwist vorgeworfen, beim Thema Frauentag bleibt dieser aus. Das Fazit ist: Es braucht ihn, aber nicht als Farce.

Für Kollegin Edith Meinhart ist der Frauentag wie der jährliche Kontrolltermin beim Zahnarzt - ohne gröbere Nebenwirkungen nicht zu streichen, solange sich nichts ändert. Aber: „Ich würde den Frauentag, und als Draufgabe gleich auch noch die Frauenministerin und die Quoten, jederzeit für eine Politik eintauschen, die sich Tag für Tag um die Anliegen der Frauen kümmert.“ Innenpolitikjournalistin Iris Bonavida schließt sich an: „Als jährliches feministisches Mahnmal dafür, was noch passieren muss, braucht es den Frauentag einfach. Und das vermutlich noch sehr lange.“

Für Redakteurin Lena Leibetseder, eine der wenigen GenZ-Vertreterinnen in der Redaktion, ist der Frauentag als „Tag der pinken Rabattcodes und verteilten Rosen auf der mahü (Mariahilferstraße) höhnische Makulatur. Durch minus fünfzig Prozent auf Kosmetika wird der Pay Gap nämlich auch nicht kleiner.“ Als feministischen Kampftag, findet sie ihn aber sehr wichtig. Auch faktiv-Redakteurin Katharina Zwins kann getrost auf Blumen und Co verzichten. Wenn schon Symbole, dann lieber gleich wie in Berlin, wo der 8. März gesetzlicher Feiertag ist. Und für unsere neue Chefredakteurin – übrigens die erste Frau in dieser Position – ist es mehr „Gedenk- als Feiertag. Als Geschenk eignet sich darum lieber Hammer oder Bohrmaschine als Blumen.“

Das Patriarchat lacht sich ins Fäustchen

Die heißeste frauenpolitische Debatte wird gerade beim Thema Teilzeit geführt. Seit dem Vorschlag von Arbeitsminister Martin Kocher Sozialleistungen bei Teilzeitarbeit zu kürzen, reißt die Diskussion nicht mehr ab. Fachleute sehen die rund 1,1 Millionen Teilzeitbeschäftigten als „stille Reserve“ für den Arbeitsmarkt an, die in Zeiten von Arbeitskräftemangel dringend gebraucht werde. Gernot Bauer schlüsselte die Problematik auf – in einer alternden Gesellschaft kommen die sozialen Sicherungssysteme (Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung) unter Druck, wenn nicht mehr gearbeitet wird.

Das ist arbeitsmarktpolitisch schlüssig, aber wie könnte eine größere Vision aussehen? Wie stellen wir uns das Zusammenspiel aus Leben, Familie und Arbeit in Zukunft vor? Wir haben in Österreich ein konservatives Familienbild – das sollte aufgebrochen werden, aber ist die Lösung Vollzeitjobs für alle?

Nein, auch mit besserer Kinderbetreuung (die in vielen Teilen des Landes dringend notwendig ist), verschwindet Carearbeit nicht völlig. Teilzeit wurde vom frauenpolitischen Anliegen zur Falle, heißt

es mittlerweile öfter. Das sehe ich nicht so: Teilzeitarbeit wird zur Falle, wenn sie nur von Frauen geleistet wird. Wenn beide Elternteile (für eine gewisse Zeit) dreißig Stunden arbeiten, werden Kind, Haushalt und Co wirklich gleicher aufgeteilt, Lohn- und Pensionsunterschiede fallen geringer aus und ich würde ganz spekulativ sagen, die Zufriedenheit mit dem Leben steigt.

In der letzten Ausgabe widmete sich profil-Kolumnistin Elfriede Hammerl, die 1997 das Frauenvolksbegehren mitinitiierte, dem Thema. Für sie sind noch immer die alten Baustellen offen, wie sie gestern bei Puls 4 schilderte: Einkommensschere, ungleiche Verteilung von Care-Arbeit, Armut. Aber: „Statt darüber zu reden diskutieren wir Begrifflichkeiten (alter, neuer, queerer etc. Feminismus) und lassen uns gegeneinander in Stellung bringen (junge gegen alte Feministinnen, Trans gegen Cis, Vollzeitmütter gegen „Rabenmütter“..). Das Patriarchat lacht sich ins Fäustchen.“

Möge ein Glückskeks ihren Mittwoch versüßen,

Clara Peterlik

Clara Peterlik

Clara Peterlik

ist seit Juni 2022 in der profil-Wirtschaftsredaktion. Davor war sie bei Bloomberg und Ö1.