Geld

Haben wir ein Geldwäsche-Problem?

Die Geldwäsche-Verdachtsmeldungen haben sich im vergangenen Jahr fast verdoppelt. Und das hat auch ein bisschen mit Russland und den Sanktionen zu tun. Aber: Für den Finanzplatz ist das gar nicht so schlecht.

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„Know your customers“, also kenne deine Kunden. Das ist ein ganz grundlegendes Wirtschaftsprinzip. Nicht nur im Marketing, wo man ja ganz genau wissen muss, wer sie sind und welches Produkt sie von mir haben möchten. Das gilt seit Russlands Überfall auf die Ukraine und den danach verhängten Sanktionen ganz besonders für Banken. Diese müsse, dem Prinzip folgend, ganz genau dokumentieren, wer ihre Kunden sind und woher ihr Geld stammt. Wurde es bereits versteuert? Wurde es gar illegal erworben? Oder versucht womöglich eine sanktionierte Person hier Gelder unerlaubt von Russland oder Weißrussland in die EU zu schleusen?

Heimische Banken haben derzeit jedenfalls alle Hände damit voll zu tun, jede einzelne Buchung, jede Überweisung und jede Transaktion mit Russland-Bezug doppelt und dreifach zu prüfen. Laut dem aktuellen Bericht der heimischen Finanzmarktaufsicht (FMA) zu Geldwäsche und Terrorismusbekämpfung haben sich die Geldwäsche-Verdachtsmeldungen 2024 gegenüber dem Vorjahr von 6.000 auf 11.000 fast verdoppelt. In 78 Fällen wurde im Vorjahr ein weiterführendes Ermittlungsverfahren eingeleitet – Tendenz steigend. „Die Zahlen zeigen, dass das Bewusstsein für das Thema Geldwäsche im Finanzsektor angekommen ist“, sagte Eduard Müller, einer der beiden FMA-Vorstände bei einem Hintergrundgespräch vor Journalisten am Dienstag.

Die Zahlen zeigen aber auch etwas anderes – nämlich, dass nicht nur das Problembewusstsein gestiegen ist, sondern auch dass Geldwäsche ein handfestes Problem für den heimischen Finanzplatz ist. Immer wieder wird versucht, Geld unbekannter Herkunft oder aus – nennen wir sie mal – dubios intransparenten Geschäften auf heimische Bankkonten zu schleusen. Das ist nicht neu. Mit den Russland-Sanktionen ist aber auch das Bewusstsein dafür und das Interesse der Kontrollbehörden daran deutlich gestiegen. 

Die Devise in den beaufsichtigten Banken lautet derzeit: Lieber ein Mal zu viel melden, als erwischt werden. Denn für Banken wird es mitunter sehr teuer, wenn sie Geldwäsche-Vorschriften missachten oder sogar zum Kanal für fragwürdiges Kapital werden. Im vergangenen Jahr verhängte die FMA-Strafen in der Höhe von fast 4,5 Millionen Euro. Zwei Millionen Euro davon entfielen auf die Raiffeisen Bank International. Sie soll gegen Geldwäsche-Vorschriften in Zusammenhang mit Transaktionen nach Kuba und Bahrain verstoßen haben.  

Aber zurück ins sanktionierte Russland. Seit ungefähr 2019, also schon vor dem Überfall auf die Ukraine, gelten Russland und Weißrussland als sogenannte „Hochrisiko-Themen“ in der Aufsicht – insbesondere bei der Geldwäscheprävention. Seitdem sind auch die Kundenbeziehungen in diese beiden Länder Jahr für Jahr zurückgegangen. 2019 hatten heimische Banken noch an die 10.000 Geschäftsbeziehungen zu Personen oder Firmen, deren Wohnsitz in Russland war. Heute sind es nicht einmal 4000. Aktuell sind Konten, Depots und andere Assets von 46 sanktionierten Personen eingefroren. 

Und hier führt der aktuelle Bericht noch eine Auffälligkeit zu Tage: nämlich die Transaktionen in sogenannte „Hochrisikoländer“ für Geldwäsche oder gar Terrorismusbekämpfung. Als solche sind neben Russland etwa die Vereinigten Arabischen Emirate, China, die Türkei, Panama oder die an Russland grenzenden GUS-Staaten eingestuft. Laut FMA betrug das Transaktionsvolumen, das 2024 in die Hochrisikoländer geflossen ist, fast 40 Milliarden Euro, fast 14 Milliarden gingen nach Russland und neuneinhalb in die Emirate. Auffällig ist, dass deutlich weniger Geld in die umgekehrte Richtung fließt, also nach Österreich. Im Vorjahr waren es gute 25 Milliarden Euro. 

Dass nun viel mehr kontrolliert und gegebenenfalls zur Anzeige gebracht wird, ist, so paradox es auf den ersten Blick scheint, gut für Österreich. Einen schlechten Ruf als Finanzplatz kann sich Österreich einfach nicht leisten – so ehrlich muss man sein. Derzeit befinden wir uns auf der weißen Liste der Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) für besonders saubere, vertrauenswürdige Finanzplätze. Ein Abrutschen auf die schwarze Liste, also zu den Schurkenstaaten, würde laut Berechnungen des Finanzministeriums einen wirtschaftlichen Schaden von rund 75 Milliarden Euro mit sich bringen. Mit dem Geld lassen noch etliche Budgetlöcher stopfen.

Um Russland geht es übrigens auch in der aktuellen Spionage-Geschichte von Chefredakteurin Anna Thalhammer und Max Miller. Jan Marsalek – er wird per internationalen Haftbefehl gesucht – soll mit der Hilfe bulgarischer Agenten versucht haben, von Russland erbeutete ukrainische Drohnen nach China zu liefern. Und er findet Elon Musk ganz toll, wie interne Telegram-Chats zeigen. 

Um Marsalek geht es auch bei unserer nächsten Veranstaltung anlässlich „55 Jahre profil“: 

17.06.2025: profil, Wirecard & Putins Spione
Als die Chefredakteurin Teil eines Spionage-Thrillers wurde

Wer seine Nase zu tief in die Angelegenheiten anderer steckt, wird selbst zum Ziel. So ergeht es profil-Chefredakteurin Anna Thalhammer gerade, der Putin seine Spione auf den Hals hetzt. Sie bewegt sich journalistisch seit Jahren im geheimdienstlichen Milieu – und hat federführend Maulwürfe im System auf die Bühne gezerrt. Mutmaßlich korrupte Beamte haben im Auftrag des flüchtigen Wirecard-Chefs Jan Marsalek für den Kreml spioniert. Sie laufen ebenso frei herum, wie jene Spionin, die Thalhammer verfolgt hat. Wie kann das sein? Was tut sich in Wien, der Hauptstadt der Spione?

Kommen Sie! Und haben Sie noch einen schönen Tag!

Marina Delcheva

Marina Delcheva

leitet das Wirtschafts-Ressort. Davor war sie bei der "Wiener Zeitung".