Morgenpost

Panzer aus Luft

Ein Unternehmen in Tschechien, das früher Hüpfburgen produziert hat, stellt aufblasbare Panzer her. Hilft das der Ukraine?

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Im tschechischen Děčín, nahe der Grenze zu Deutschland, produziert ein Unternehmen Panzer aus Kunstseide. Was wie ein pazifistisches Kunstprojekt klingt, ist tatsächlich Teil der modernen Kriegsführung. Panzer-Attrappen können als Täuschungsmanöver oder als Köder für feindlichen Artilleriebeschuss dienen. Es dauert nur zehn Minuten, bis die Attrappe aufgeblasen ist. Von weitem lässt sich dann schwer feststellen, ob es sich um echte Technik oder – im wahrsten Sinne – um ein Luftgespinst, handelt.

Die Firma „Inflatech“ macht gegenüber Medien keine Angabe, ob sie an die Ukraine liefere. Aber die Vermutung liegt nahe. Im vergangenen Jahr hat das Geschäft um mehr als 30 Prozent angezogen. Die Mitarbeiterzahl soll sich verdoppeln. Und: Die Firma liefert bereits seit Jahren an NATO-Staaten und ihre Verbündeten.

Aber was ist der Nutzen solcher Attrappen?

Aufblasbare Panzer wirken bizarr, können Kriegsparteien aber tatsächlich helfen. Damit kann eine Seite suggerieren, dass sie mehr Waffen besitzt, als ihr wirklich zur Verfügung stehen. Kriegsparteien können damit auch Scheinmanöver andeuten und den Gegner in die Irre führen oder ganz bewusst Angriffe auf sich ziehen. So vergeudet der Feind unnötig Munition oder Raketen.

Schon im Zweiten Weltkrieg wurden solche Attrappen gebaut. Sie sind also alles andere als neu und kommen auch in der Ukraine zum Einsatz. Russische Truppen sollen damit im Januar eine Präsenz im Gebiet Saporischschja vorgetäuscht haben.

Und echte Panzer? Europa rüstet auf

Aber nicht nur das Geschäft mit den Attrappen boomt – sondern auch mit dem echten Kriegsgerät. Während der weltweite Waffenhandel leicht zurückgeht, importieren die europäischen Staaten immer mehr Waffen. Das zeigt ein neuer Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstitut (SIPRI), der einen Anstieg bei Waffenimporten in der EU feststellt. Bei NATO-Staaten in Europa hat sich die Waffeneinfuhr in den letzten fünf Jahren sogar um 65 Prozent erhöht. Die meisten Waffen in Europa werden derzeit nach Großbritannien, nach Norwegen – und natürlich in die Ukraine geliefert.

Die Lage im umkämpften Bachmut

In der Ukraine sind alle Augen auf die umkämpfte Stadt Bachmut gerichtet. Dort toben seit über sieben Monate schwere Kämpfe. Drohnenaufnahmen zeigen, dass von der Stadt nicht mehr viel übrig ist. Die Kämpfe aber gehen weiter. Russischen Truppen gelang es zuletzt, immer mehr Gebiete um die Stadt einzunehmen. Die ukrainische Seite sprengt Brücken, um die Offensive aufzuhalten.

Die Kämpfe verlagern sich nach Angaben beider Seiten immer mehr ins Zentrum der Stadt. Ukrainische Truppen kontrollieren den Westen der Stadt, die russischen Söldner-Einheiten den größten Teil des Ostens. Die Frontlinie bildet nach britischen Geheimdienstangaben ein Fluss, der durch die Stadt fließt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bleibt dabei, die Stadt mit allen Mitteln zu verteidigen. „Wir müssen die militärische Kraft des Feindes brechen. Und wir werden sie brechen“, sagte er unlängst in einer Videoansprache. Die Zukunft der Ukraine hänge vom Ausgang der Schlachten an der Ostfront ab – auch von jener in Bachmut.

Mehrere ukrainische Militäranalysten haben sich diese Woche kritisch über diese „Bachmut-Strategie“ geäußert. Man verliere dort Reservisten, die anderorts für eine Gegenoffensive gebraucht würden.

 

Franziska Tschinderle

Franziska Tschinderle

schreibt seit 2021 im Außenpolitik-Ressort. Studium Zeitgeschichte und Journalismus in Wien. Schwerpunkt Südosteuropa / Balkan.