Spekulieren gemeinnützige Genossenschaften auf Kosten der Mieter?
Von der Politik versprochen, von der Realität überholt: Trotz Mietpreisbremse der Bundesregierung zahlt Frau P. aus dem Bezirk Oberpullendorf im Burgenland ab Juli 2025 um 38 Prozent mehr Miete. Ihr Vermieter, die Oberwarter Siedlungsgenossenschaft (OSG), darf legalerweise die gestiegenen Zinsen für ihre Finanzierung weitergeben – ermöglicht durch das Prinzip der Kostendeckung bei Genossenschaften, profil berichtete.
Mietpreisstopp stoppt nicht alles
Der Fall im Burgenland zeigt exemplarisch, wo die Mietpreisbremse an ihre Grenzen stößt: Sie schützt lediglich vor der Inflationsanpassung, nicht aber vor Mehrkosten aufseiten des Vermieters. Und die sind im gemeinnützigen Wohnbau derzeit keine Ausnahme. Bauträger wie die OSG dürfen nicht gewinnbringend wirtschaften, aber auch keine Verluste schreiben. Ohne die Weitergabe der gestiegenen Finanzierungskosten könne nicht mehr kostendeckend gewirtschaftet werden, so die Genossenschaften. Die logische Folge: Mieterhöhungen – im Falle des Burgenlands erst später, aber nicht minder heftig.
Hätten Gesetzgeber oder Landespolitik die Mieter besser schützen können? Ja, meinen Kritiker. Hätten die Bauträger ihre langfristigen Kreditverträge mit fixen Zinsen abgeschlossen, wäre sie von den plötzlichen Zinssteigerungen nicht betroffen gewesen. Mit dem Zuschuss staatlicher Wohnbauförderung hätte die öffentliche Hand präventiv eingreifen können. Möglich wäre das über das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG), das die Förderbedingungen regelt. Auch die OSG finanzierte ihre Bauprojekte nicht nur über Bankdarlehen und Eigenmittel, sondern bezog Wohnbauförderung – seit 2022 ist der öffentliche Zuschuss für Neubauten versiegt.
Das Burgenland, das in der Krise mit millionenschweren Zuschüssen einsprang, drängt seit Längerem auf eine Reform des WGG. „Die bundesrechtlichen Regelungen des WGG lassen diese Spekulation zu“, heißt es aus dem Büro von Landesrat Heinrich Dorner (SPÖ). Gemeint ist damit das Geschäftsmodell, langfristige Wohnbauprojekte mit variabel verzinsten Krediten zu finanzieren – in der Hoffnung auf dauerhaft niedrige Zinsen. Nach wie vor sei das Praxis und rechtlich möglich. „Ob man auf das Vorkrisenniveau der Niedrigzinsphase bis 2022 wieder zurückkommt, kann heute niemand sagen, auch das wäre Spekulation.“
Förderung im Sinkflug
Ein Blick auf die Zahlen zeigt: Der Stellenwert der Wohnbauförderung ist über die Jahre gesunken. Während 1990 noch 1,5 Prozent der österreichischen Wirtschaftsleistung in den geförderten Wohnbau flossen, waren es 2022 nur noch 0,4 Prozent. Im selben Jahr wurden österreichweit nur 18.500 Wohneinheiten gefördert – 2018 waren es noch rund 27.600. Für 2024 bis 2026 möchte die Bundesregierung eine Milliarde Euro bereitstellen – neu ist die Zweckbindung. Bisher flossen oft die Mittel auch in andere Bereiche: etwa in Kreisverkehre, Spielplätze oder zur Stopfung von Budgetlöchern in den Landeshaushalten.
Wie sich im Burgenland zeigt, dürfte die Wohnbauförderung immerhin tatsächlich in den Wohnbau geflossen sein. Weil es kein Verbot von variablen Zinsen im WGG gibt, dürfen die Mieterinnen und Mieter die Zinssteigerungen nun (verspätet) ausbaden.
Mittels eigener Landes-Richtlinie schließt das Burgenland zudem die gemeinnützigen Bauträger nun praktisch von der Wohnbauförderung aus. Das entsprechende Gesetz sieht für Förderwerber vor, „die Möglichkeit der leistbaren Eigentumsbegründung zu einem Verkaufspreis, der maximal den anteiligen Grund- und Errichtungskosten der Wohneinheit entspricht.“ Hohe Baustoffpreise und Kreditzinsen tun ihr Übriges. Genossenschaften haben ein Finanzierungsproblem.
Auch deshalb ist das Land Burgenland seit 2022 fleißig dabei selbst als Wohnbauträger wie mit der „So Wohnt Burgenland GmbH“ zu bauen. Die Landesregierung betont, ihre Projekte würden ausschließlich mit fix-verzinsten Darlehen finanziert – im Sinne der Mieter und Käufer. Das schütze vor Zinsschwankungen am Kapitalmarkt. Wer in einer Wohnung der Landesholding wohnt, könne sich auf eine verlässliche Finanzierung im Hintergrund verlassen, überraschende Mieterhöhungen soll es dadurch keine geben.
Wer im geförderten Wohnbau lebt, der noch nicht gänzlich abbezahlt wurde, sollte acht geben. Die Mietpreisbremse schützt auch in anderen Bundesländern nicht gänzlich vor einer Mieterhöhung.