FPÖ

U-Ausschuss: Dieser Antistressball macht die Blauen nervös

Der frühere FPÖ-Verkehrsminister Norbert Hofer bedachte einen Parteifreund mit einem Auftrag über 188.540 Euro – ohne Ausschreibung. Die ÖVP will die Causa im Untersuchungsausschuss durchleuchten.

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Wenn die ÖVP die angeblichen Machenschaften ihrer früheren Koalitionspartner SPÖ und FPÖ in einem eigenen U-Ausschuss durchleuchten will, dann lässt sich das zwar schnell als wahltaktisches Ablenkungsmanöver von den eigenen Affären durchschauen. Man sollte allerdings nicht den Fehler machen, den U-Ausschuss deshalb für gänzlich wertlos zu halten.

Im Verlangen auf Einsetzung des „rot-blauen Machtmissbrauchs-U-Ausschusses“ versucht die Volkspartei, etliche alte Causen neu aufzurollen. Einige der Fälle könnten durchaus neue Brisanz bekommen, denn das mächtigste Instrument des U-Ausschusses ist das Recht auf Aktenlieferungen aus Ministerien und Behörden. Gut möglich, dass neue Details zu alten Skandalen für Diskussionsstoff sorgen. Hinter vorgehaltener Hand bestätigen ÖVP-Politiker: Der Fokus soll auf roten und blauen Ex-Ministern liegen, die heute noch politisch aktiv sind – also vor allem auf Ex-Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) und den früheren Verkehrsministern Jörg Leichtfried (SPÖ) und Norbert Hofer (FPÖ).

Hofer wird im Verlangen der ÖVP im Zusammenhang mit einer Affäre genannt, die einst von profil aufgedeckt wurde: Es geht um einen Parteifreund Hofers, um Antistressbälle und eine ziemlich schiefe Optik.

Deals unter Freunden

Die Geschichte spielt im Jahr 2018. Ex-FPÖ-Verkehrsminister Norbert Hofer war damals erst wenige Monate im Amt und wollte offenbar mit einer Kampagne auffallen, gegen die niemand etwas haben konnte: Eine Initiative gegen Drogenlenker. Ein Millionenbetrag wurde freigeschaufelt und die Autobahnen mit „Drogen = Gefahr“-Plakaten zugekleistert.

Das reichte Hofer aber noch nicht – die Bevölkerung sollte nicht nur an seinen Slogans vorbeifahren, die Botschaften sollten direkt unter die Leute gebracht werden. Mit der Wiener Werbeagentur Outsell war man sich offenbar schnell einig. Die Outsell ließ einen ausrangierten Linienbus mit den BMVIT-Sujets bekleben und ging auf Tournee.

In größeren Städten machte der Tourbus Halt und Promotion-Mitarbeiter von Outsell verteilten Anti-Drogen-Merchandise. Darunter: 100.000 weiße Antistressbälle und Silikonarmbänder, die das Ministerium via Outsell produzieren ließ: „BMVIT – Lass Drogen nicht ans Steuer“, war darauf zu lesen.

Und wie das in Österreich bei öffentlichen Aufträgen so üblich ist, muss man auch in diesem Fall nicht lange nach Parteifreunden suchen, die profitierten. Denn der Eigentümer und Geschäftsführer der Werbeagentur Outsell ist der frühere Wiener FPÖ-Bezirksrat und Funktionär der Freiheitlichen Wirtschaft Andreas Bussek. Er durfte sich über 188.540 Euro freuen, die vom Ministerium auf das Konto seiner Agentur wanderten.

Bekam Busseks Agentur den Zuschlag, weil er ein Parteifreund des damaligen Ministers war? Mails aus dem Verkehrsministerium, die profil vorliegen, deuten darauf hin: Darin tauschen sich zwei Mitarbeiterinnen des Ressorts darüber aus, wie es zum Deal mit der Outsell kam: „Es gab keine Ausschreibung“, schreibt eine Beamtin, die mit der Auftragsvergabe befasst war. Und das, obwohl der Auftrag über dem Schwellenwert von 100.000 Euro lag.

Wunsch des Ministers

Zum Motiv des Auftrages schreibt die Beamtin: „Die Firma Outsell war damals der Wunsch des HBM und GS.“ HBM, das steht für Herr Bundesminister, gemeint ist also Norbert Hofer. Generalsekretär (GS) war damals der FPÖ-nahe Spitzenbeamte Andreas Reichhardt.

Agenturchef Bussek teilt in einer schriftlichen Stellungnahme mit, er sei „im Rahmen dieses Geschäftsvorganges niemals mit Herrn Ing. Norbert Hofer oder irgend einem Mitarbeiter aus seinem Stab in Kontakt" gewesen. Der von der ÖVP geäußerte „Vorwurf der Parteienfinanzierung durch diese Kampagne entbehrt jeder Grundlage".

Die ÖVP will Hofer zu dieser Causa als Auskunftsperson laden. Ein Sprecher Hofers erklärt auf profil-Anfrage, dass der Dritte Nationalratspräsident „selbstverständlich zur Verfügung“ stünde – er habe sich in diesem Zusammenhang aber nichts vorzuwerfen. Die Direktvergabe ohne Ausschreibung an Outsell sei rechtmäßig erfolgt, weil das Unternehmen die einzige Werbeagentur war, die über einen solchen Kampagnenbus verfügte.

Die Freiheitlichen zürnen hinter den Kulissen über das „Aufwärmen“ der Causa. Auf den Hinweis von profil, dass die Akten zur Auftragsvergabe aus dem nunmehrigen Klimaministerium interessant sein könnten, gibt sich ein Blauer siegessicher: „Die sollen die Akten liefern, sie werden nichts Verwerfliches finden.“

Nicht auszuschließen, dass die FPÖ in nächster Zeit öfter zum Antistressball greifen muss.

Jakob   Winter

Jakob Winter

ist Digitalchef bei profil und leitet den Faktencheck faktiv.