Morgenpost

Was die VfGH-Entscheidung für den ORF bedeutet

Der Verfassungsgerichtshof hat einzelne Bestimmungen des ORF-Gesetzes über die Bestellung und die Zusammensetzung des Stiftungsrats und des Publikumsrats als verfassungswidrig aufgehoben. Und jetzt?
Eva  Sager

Von Eva Sager

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Zum ORF hat fast jeder eine Meinung. Den einen ist er zu sanft, den anderen zu kritisch und für den Rest läuft zu oft „How I met your mother“. Es darf also niemanden wundern, dass sich mittlerweile sogar der österreichische Verfassungsgerichtshof mit dem Öffentlich-Rechtlichen beschäftigt hat. Am Dienstag hob er einzelne Regelungen zur Zusammensetzung des ORF-Stiftungs- und Publikumsrates als verfassungswidrig auf - sie würden gegen das Gebot der Unabhängigkeit und pluralistischen Zusammensetzung verstoßen. Hier sind vier Dinge, die Sie darüber wissen sollten.

1. Was ändert sich im Stiftungsrat?

Wäre der ORF eine Aktiengesellschaft, dann wäre der Stiftungsrat wohl sein Aufsichtsrat. Schließlich bestellt er unter anderem den Generaldirektor und genehmigt Budget und Rechnungsabschlüsse. Derzeit besteht er aus 35 Mitgliedern, teilweise werden sie auch von der Bundesregierung (neun Mitglieder) oder dem ORF-Publikumsrat (sechs Mitglieder) nominiert. Und hier hakt es laut Verfassungsgerichtshof ordentlich - denn, dass die Bundesregierung mehr Mitglieder nominieren darf als der Publikumsrat verstößt gegen das Pluralismusgebot. Außerdem widerspricht es dem Unabhängigkeitsgebot, dass bereits bestellte Stiftungsräte noch vor dem Ende ihrer Funktionsperiode, beispielsweise nach Bildung einer neuen Regierung, abberufen werden können.

2. Was ändert sich im Publikumsrat?

Ähnlich verfassungswidrig sieht es beim Publikumsrat aus. Ins Gremium, das vor allem die Interessen der Zuschauer:innen vertreten soll, beschickt die Medienministerin derzeit mehr Mitglieder als andere Stellen (Kammern, Kirchen, Parteiakademien). Außerdem regelt das ORF-Gesetz nicht genau genug, wie viele Mitglieder der einzelnen Gruppen zu bestellen sind und welche Vorschläge von welchen Organisationen berücksichtigt werden müssen. 

3. Bis wann muss es neue Regelungen geben?

Der Verfassungsgerichtshof hat dem Gesetzgeber für eine Reparatur der aufgehobenen Regelungen bis zum 31. März 2025 Zeit gegeben. Die Tätigkeit der Gremien bleibt bis zu einer Änderung unberührt.

 

4. Warum reden wir überhaupt darüber?

Die Burgenländische Landesregierung beanstandete die Zusammensetzung von ORF-Stiftungsrat und -Publikumsrat beim Verfassungsgerichtshof; sie kritisierte den Einfluss der Bundes- und Landesregierungen. 

 

Eva  Sager

Eva Sager

seit November 2023 im Digitalteam. Schreibt über Gesellschaft und Gegenwart.