Morgenpost

Was fasziniert Trump so an Orbán?

Trumps größter Fan in Europa ist der ungarische Regierungschef. Das sind schlechte Nachrichten für die Ukraine.

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Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán war in Florida. Genauer gesagt: In Mar-a-Lago, der privaten Residenz von Ex-Präsident Donald Trump. Der will im November gegen Joe Biden bei den Wahlen antreten. Nachdem sich Nikki Haley, seine letzte parteiinterne Konkurrentin vergangene Woche aus dem Rennen zurückgezogen hat, steht ihm auch keiner und keine mehr im Wege. Von den zahlreichen Gerichtsverfahren und horrenden Geldstrafen einmal abgesehen.

Es gibt wohl niemanden in Europa, der sich so über einen Sieg Donald Trumps freuen würde, wie Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán. Das sagt er auch ganz offen und ehrlich. Ein Sieg Bidens wären „bad news“, so Orbán unlängst in einem Interview

„Wir brauchen Regierungschefs in der Welt, die respektiert werden und Frieden bringen. Er [Anm. Trump] ist einer von ihnen! Komm zurück und bring uns den Frieden, Mr. Präsident“, so Orbán in einem Tweet.

Trump konterte mit einer Video-Botschaft. „Es gibt niemanden, der besser, klüger und ein besserer Regierungschef ist als Viktor Orbán. Er ist fantastisch“, so Trump. Orbán spricht von Trumps als „eine Legende“. Ohne Frage: Die Zwei verstehen sich. 

Ikone für Republikaner 

Budapest gilt seit Jahren als eine Art neues Mekka für Rechtskonservative aus aller Welt. Es begann mit Steve Bannon, Trumps ehemaligen Wahlkampfleiter, der sich im Vorfeld der Europawahl von 2019 mehrfach mit Orbán traf, um eine rechte Allianz von europäischen Patrioten zu starten. „Wenn das ginge, würde ich die Zentrale der Bewegung in Budapest eröffnen“, sagte Bannon damals.

Tucker Carlson, einer der einflussreichsten, rechten Stimmen in den USA, sprach letztes Jahr beim „MCC Sommerfest“ in Budapest. Hinter dem Kürzel verbirgt sich ein regierungsnaher Think-Tank, der als Kaderschmiede der Fidesz-Partei gilt. Carlson ließ sich in seiner Rede unter anderem über den US-Botschaft aus. Dieser hatte Ungarns Regierung aufgrund homophober Gesetzgebungen kritisiert. Auch mit Ungarns Nähe zu Russland dürfte sich die US-Botschaft in Budapest sehr genau beschäftigen. Bei dem Treffen mit Trump vergangene Woche bewahrheitete sich diese Sorge. 

Kein Treffen mit Biden

So traf sich Orbán erst gar nicht mit dem amtierenden US-Präsident Joe Biden, obwohl Ungarn NATO-Mitglied ist. Orbán legitimierte das in einem Interview so: Die Demokraten in Washington seien „pro Krieg“ und er, Orbán, für den Frieden. Trump werde „keinen Cent“ in die Ukraine stecken und das werde den Krieg beenden. „Ich sehe keinen entschlossenen, starken Mann außer Donald Trump, der dazu fähig wäre“, so Orbán. Als die EU im vergangenen Dezember ein Hilfspaket für die Ukraine in der Höhe von 50 Milliarden schnüren wollte, waren sich 26 von 27 Regierungschefs einig, bis auf einer: Orbán.  

Genau das scheint dem Trump-Lager zu gefallen. Sie sehen im ungarischen Ministerpräsident eine Art Revoluzzer. Dieses Bild weiß Orbán für sich zu nutzen: „Sie vertreten die Ansicht, dass Europa ein großer liberaler, fortschrittlicher Ozean ist und dass es dort eine Insel namens Ungarn gibt, die versucht, anders zu leben, anders zu denken und sich anders zu verhalten.“ (Zitat)

In den USA hat Orbán für Debatten gesorgt. Viele stellen sich die Frage, was es über Trumps Regierungsstil aussagt, wenn er sich von einem Mann Blumen streuen lässt, der eine illiberale Demokratie ausgerufen hat. Amtsinhaber Joe Biden nutzt den Besuch bereits für seinen eigenen Wahlkampf. Orbán habe die Demokratie aufgegeben und Ziel der Wahl sei es auch, diese in den USA zu verteidigen.

Franziska Tschinderle

Franziska Tschinderle

schreibt seit 2021 im Außenpolitik-Ressort. Studium Zeitgeschichte und Journalismus in Wien. Schwerpunkt Südosteuropa / Balkan.