Geschäftsführer im Salzburger Wirtshaus Weiserhof

Vom Flüchtling zum Gastwirt

Der Afghane Younus Sharifi rettete zunächst sein Leben vor den Taliban und dann eines der ältesten Lokale Salzburgs.

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Der Weiserhof hat alles, was ein gemütliches Wirtshaus braucht: einen Gastgarten mit Kiesboden, aus dem drei Kastanienbäume mit ausladenden Kronen ragen, Geruch nach Bratfett, der einen zur Eingangstür lotst; monotones Schnitzelklopfen, das aus der Küche dringt, und eine Kellnerin, die Bestellungen durchruft.

Vor dem 19. Jahrhundert war hier ein landwirtschaftliches Anwesen, laut Salzburger Stadtarchiv wurde das Gasthaus im Jahr 1876 gegründet. Dass es nach wie vor existiert und nicht Opfer des grassierenden Lokalsterbens wurde, ist das Verdienst des Afghanen Younus Sharifi. Nach rund zwei Monaten Schnuppern bei seinem Vorgänger übernahm er im Februar des Vorjahres dieses Salzburger Wirtshaus, es liegt nur wenige Gehminuten vom Bahnhof entfernt.

Sharifi ist hier der Mann für alles; er kocht, putzt und koordiniert als Geschäftsführer nahezu ein halbes Dutzend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „Gestern bin ich hier bis drei Uhr früh gesessen und habe die Buchhaltung gemacht“, sagt er, während er über die Tischplatte wischt. So wie er da sitzt, mit seinen Hosenträgern und seinem verschmitzten Lächeln, wirkt er mal wie ein Bub in einem Männerkörper und dann wieder wie ein Mann in einem Bubenkörper. Sharifi gehört zu jenen Menschen, die das Schicksal gezwungen hat, schneller zu leben.

Abschied und Aufbruch

Sharifi ist gerade einmal 25 Jahre alt, doch seine Lebensgeschichte reicht jetzt schon für drei Biografien: Sie handelt von seiner Mutter, die ihr Kind mit allem, was sie zusammenkratzen konnte, aus der afghanischen Provinz nach Europa schickte, damit es dieses einmal besser hat; von einer Fluchtroute über sieben Länder und 7000 Kilometer, die Sharifi als 15-Jähriger allein mehr als ein Jahr lang zurücklegte; und seiner neuen Existenz zwischen Schnitzel und Halben Bier, als Chef eines der traditionsreichsten Lokale der Mozartstadt. Sharifi ist ein Mensch, der nach seinen Chancen greift, auch wenn sie schwierig zu erreichen sind. Auch deshalb ist sein Leben Stoff, aus dem Heldengeschichten gemacht sind.

Nina Brnada

Nina Brnada

Redakteurin im Österreich-Ressort. Davor Falter Wochenzeitung.