Novak Djoković bei einer Trainingseinheit in Melbourne
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Novak Djoković und wie er die Welt sieht

Spiel, Satz, Djoković: Gibt es nicht wichtigere Nachrichten als das Drama um den serbischen Tennis-Superstar? Jein.

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Ich habe nur gute Erinnerungen an die Australian Open. Das liegt einerseits daran, dass ich 2010 selbst einige Spiele live in der Rod Laver Arena in Melbourne verfolgen durfte (Serena Williams! Roger Federer!), andererseits diese Fernreise nach Down Under wie aus einem anderen Leben nachklingt. Man wird halt nicht jünger, darf aber noch träumen. Jetzt ist es allerdings so, dass das erste Grand-Slam-Turnier des Jahres in den letzten Tagen zum (Corona-)Politikum wurde, und das in einer Welt, die auch ohne Pandemie und verhaltensoriginelle Superstars genug Krisenherde zu bewältigen hätte (Ukraine! Kasachstan! Klima!).

Immerhin hat der Fall des ungeimpften Tennis-Superstars Novak Djoković (Australien gestattet grundsätzlich nur doppelt geimpften Personen die Einreise) dazu geführt, dass die Staatschefs von Australien und Serbien miteinander telefonieren mussten. Der 34-jährige Djoković, Nummer eins der Weltrangliste, ist in der Vergangenheit eben nicht nur durch erstklassiges Tennis, sondern auch durch einen gewissen Hang zu Esoterik, obskuren Theorien und Wissenschaftsskepsis aufgefallen, die er bereits mit seinen Millionen Fans auf Instagram teilt. So ließ sich Djoković lange nicht am Ellbogen operieren, weil er lieber auf eine alternative Heilmethode setzte, bis er den Eingriff nicht länger hinauszögern konnte. Die Corona-Impfung lehnt der Serbe weiter ab. Als einer der bekanntesten Sportler der Welt ist Djoković ein Vorbild für viele (junge) Menschen. Wenn sich ein Star wie der 20-fache Grand-Slam-Champion nicht impfen lässt, fragen sich wohl viele Fans und Anhänger, warum sie es dann tun sollten. Und was Wissenschaftsskepsis in Zeiten wie diesen anrichtet, können Sie im History-Podcast mit dem Physiker Florian Aigner und meiner Kollegin Christa Zöchling nachhören.

Mit der Bedrohung leben“

Einem anderen Krisenherd widmet sich indes meine Kollegin Franziska Tschinderle. Denn: Noch nie standen so viele russische Soldaten an der ukrainischen Grenze. Die Politologin Brigitta Triebel erklärt im Gespräch mit profil, was Russlands Präsident Putin mit der Drohkulisse bewirken will und ob Europas Sicherheit in Gefahr ist. Triebels Fazit über das Leben im Grenzgebiet: „Es scheint, als hätten sich die Menschen an diesen Konflikt gewöhnt. Vieles von dem, was wir jetzt wieder diskutieren, ist für sie zum Alltag geworden. Die Menschen haben gelernt, mit der Bedrohung zu leben.“

Ist das nicht wunderbar”

Da wir uns bei profil ohnehin Tag für Tag mit den Schattenseiten der Welt auseinandersetzen müssen, starten wir in diesem Jahr mit der so schön futuristisch klingenden Zahl 2022 eine neue (Online-)Rubrik. Unmissverständlicher Titel: „Ist das nicht wunderbar?“ Meine Kollegin Ines Holzmüller, eine Grenzgängerin zwischen Faktenchecks und Netzwelt, sammelt die großen und kleinen Alltagsfreuden unserer zahlreichen Leserinnen und Leser. Was macht Ihr Leben schöner? Was bringt Sie durch graue Omikron-Tage? Auf welches (Lockdown-)Ritual können Sie nicht mehr verzichten? Schreiben Sie uns Ihren Good-News-Beitrag an [email protected], um Teil der neuen Kolumne zu werden. 

Meine (aktuelle) Antwort ist so einfach wie einleuchtend: Laufen bei Minusgraden im Park, am besten mit heimischer Popmusik, die schon in Richtung Frühling weist. Aktuelle Empfehlung: der Kärntner New-Wave-Feingeist und Multiinstrumentalist Kevin Kostner alias Cherry Toast, der als Ein-Mann-Projekt bereits im Pandemiejahr 2021 seine „Spring Issue EP“ veröffentlicht hat. Anspieltipp: “Hollywoo Nights” – zu finden auch in unserer Spotify-Playlist.

Wir sehen uns im Park.

Philip Dulle

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Philip Dulle

Philip Dulle

1983 in Kärnten geboren. Studium der Politikwissenschaft in Wien. Seit 2009 Redakteur bei profil. Hat ein Herz für Podcasts, Popkultur und Basketball.