Bandion-Ortner und Saudi-Arabien

Bandion-Ortner und Saudi-Arabien: Wie naiv dürfen Politiker sein?

Kommentar. Wie naiv dürfen Politiker sein?

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In einem der schönsten Wiener Ringstraßenpalais befindet sich das "König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog“. Das Palais Sturany, ein herrliches Gebäude, in dessen Beletage frühe Deckengemälde von Gustav Klimt zu bewundern sind, wurde durch eine saudische Stiftung unter Erlass der Grundsteuer vom österreichischen Staat im Jahr 2011 erworben und derart aufwendig modernisiert und veredelt, dass das Wort "luxussaniert“ nicht mehr passen mag. Sieht man von kleinen Geschmacklosigkeiten ab, wie einem vier Meter hohen Huldigungsgemälde eines saudischen Künstlers, auf dem König Abdullah, dem das Zentrum seinen Namen verdankt, umringt von hüpfenden Kindern einen Baum wässert.

Seit der pompösen Eröffnungszeremonie im November 2012, bei der ein Grundsatzvertrag zwischen dem österreichischen, dem spanischen und dem saudi-arabischen Außenministerium unterzeichnet wurde - der Vatikan hat Beobachterstatus -, ist diese Einrichtung, gemessen an ihrer Leistung, wahrscheinlich die teuerste PR-Agentur auf dem europäischen Kontinent. Kamingespräche unter Ausschluss der Öffentlichkeit, Konferenzen in Wien, Argentinien, Äthiopien und Indien, Dialog-Training-Workshops haben in den vergangenen zwei Jahren stattgefunden. Im Vorstand sind alle Weltreligionen vertreten. Als Generalsekretär fungiert Faisal Bin Abdulrahman Bin Muaammar, ein Vertrauter des saudischen Königshauses, der auch in Saudi-Arabien sogenannte Dialog-Foren organisierte, bei denen weibliche Teilnehmerinnen von Männern abgeschirmt über Videokonferenz mitdiskutieren durften.

Als stellvertretende Generalsekretärin und Aushängeschild hat sich die ehemalige Justizministerin der Republik Österreich, Claudia-Bandion-Ortner, einspannen lassen. Selbst auf hartnäckiges Nachfragen lässt sich im Gespräch mit ihr schwer ermitteln, welche Fortschritte dieser Eínrichtrung im interreligiösen Dialog zu verdanken wären. Das Zentrum war von Anfang an umstritten, weil ausgerechnet die saudische Regierung, die in ihrem Land keine Religion außer dem Islam zulässt, selbst gemäßigte islamische Strömungen verfolgt, öffentliche Enthauptungen inszeniert, archaische Strafen wie Handabhacken, Peitschenhiebe und strengste Geschlechterapartheit pflegt, den laufenden Betrieb und seine 42 Mitarbeiter finanziert. Man habe hier den "Bock zum Gärtner gemacht“ sagt die Grüne Abgeordnete Alev Korun und fordert den Rückzug Österreichs aus dem Vertrag.

Vor einem Jahr hatte der damalige ÖVP-Außenminister Michael Spindelegger (Foto) noch gemeint, mit dem Zentrum gehe man in der Frage der Todesstrafe in Saudi-Arabien "einen großen Schritt voran“. Davon scheint Saudi-Arabien weiter entfernt denn je. 60 öffentliche Enthauptungen gab es seit Jahresbeginn. Ein frommer Blogger, der die wahabitische Auslegung des Islam kritisierte, wurde zu zehn Jahren Haft und 1000 Pfeitschenhieben, ein schiitischer Gelehrter zum Tode verurteilt, und ein neues Gesetz stellt Atheismus dem Terrorismus gleich.

Bandion-Ortner sagt dazu, sie habe "keinen Einblick in die genaue Gesetzeslage“, die Damenrunden, die sie in Saudi-Arabien erlebte, erinnerten sie an Wiener Damenkränzchen, und die schwarze, den Körper verhüllende Abaya, die für Frauen dort Vorschrift ist, an den Richtertalar. Ihre Antworten im profil-Interview legen nahe, dass Bandion-Ortner nicht einmal wegen der Apanage als Marionette der Saudis agiert, sondern aus unbegreiflicher Naivität.

+++ Lesen sie hier das Interview mit Claudia Bandion-Ortner: "Nicht jeden Freitag wird geköpft" +++

Christa   Zöchling

Christa Zöchling