Feuerwehrleute am 5. August bei Bränden im Norden Athens: Schaffen wir das noch?
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Vor uns die Sintflut

1,5 Grad und die Folgen: Unser Autor wundert sich, warum die Klimakatastrophe noch nicht alle Menschen beschäftigt.

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Wir wollen hier nicht schwarzmalen. Es bietet sich aber durchaus an, so ehrlich muss man an diesem Freitag – der auch noch der 13. ist – sein. Der Weltklimarat der UNO hat Anfang dieser Woche den jüngsten, bereits sechsten Bericht zur Lage unseres Planeten vorgelegt, der erstmals den Zusammenhang zwischen Extremwetterereignissen und dem Klimawandel deutlich aufzeigt. Eine der Kernaussagen: „Seit dem fünften Sachstandsbericht im Jahr 2013 gibt es stärkere Belege für beobachtete Veränderungen von Extremen wie Hitzewellen, Starkniederschlägen, Dürren und tropischen Wirbelstürmen sowie insbesondere für deren Zuordnung zum Einfluss des Menschen.“ Weiters: Bereits um das Jahr 2030 wird die mittlere globale Temperatur um 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter gestiegen sein – und damit zehn Jahre früher als bisher prognostiziert.

Vor uns also die Sintflut? Das letzte profil-Titelblatt haben wir, und das ist der Dringlichkeit des Themas geschuldet, gleich selbst symbolisch in Brand gesteckt. Es ist eines jener Coversujets und eine der Geschichten, die von den frühen Zwanzigern bleiben werden. Meine Kolleg:innen Christina Hiptmayr und Joseph Gepp aus dem Wirtschaftsressort haben die Frage aller Fragen („Kommt die internationale Politik angesichts der sich häufenden Hiobsbotschaften endlich in die Gänge?“) nun auch in einer, Sie entschuldigen die Wortwahl, brandaktuellen Folge unseres Klimapodcasts „Tauwetter“ zusammengefasst, und sie kommen zu dem bitteren Schluss: Österreich wird die EU-Klimaziele bis 2030 und 2050 nicht erreichen. Auch das hat der Rechnungshof sicherheitshalber schon vorgerechnet. Meine Kollegin Ida Wührer hat zum Thema auch noch das passende Quiz gebastelt, das Sie gerne weiterempfehlen dürfen. Ein Auszug: Welches war das heißeste Jahr in Österreich? Hat Russland eigentlich das Pariser Klimaabkommen unterzeichnet? Und ist „Fit for 55“ ein Trainingsplan für die goldenen Jahre – oder doch das Klimaschutzpaket der EU? Mein mageres Ergebnis beim ersten Durchlauf: 7 von 10 Punkten. Sie schaffen da mehr!

„Große Verdrängungsmaschine“

Dass der Klimawandel erstens verheerend, zweites menschengemacht ist, leuchtet sogar mir ein. Als naiver Fragensteller habe ich mich dann diese Woche doch gewundert, warum die Grünen in Österreich trotz aktueller Lage schon seit Monaten bei 12 Prozent Zustimmung grundeln (siehe profil-Sonntagsfrage im August), nicht vom Fleck kommen. Meinungsforscher Peter Hajek erklärt im profil-Podcast, dass die Menschen eine „große Verdrängungsmaschine“ seien und die Ökopartei komme eben mit unangenehmen Wahrheiten um die Ecke, mit denen ein Gutteil der Menschen sich lieber nicht beschäftigen möchte. Zudem, so Hajek in seiner monatlichen Analyse, haben sich auch alle anderen Parteien dem Thema angenähert und für ihre Klientel die passenden Interpretationen parat. Die ÖVP, Stichwort Steinzeit, will das Problem mit Technologie lösen, während für die FPÖ, der insbesondere die Autofahrer:innen am Herzen liegen, der Klimawandel nicht menschengemacht ist; die SPÖ betont dagegen wie auf Knopfdruck die soziale Komponente. Es gibt also, und das macht die Sache so kompliziert, sehr viele Antworten auf die eine große Frage: Schaffen wir das noch? Schreiben Sie uns an: [email protected]

Philip Dulle

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Philip Dulle

Philip Dulle

1983 in Kärnten geboren. Studium der Politikwissenschaft in Wien. Seit 2009 Redakteur bei profil. Hat ein Herz für Podcasts, Popkultur und Basketball.