Auinger, Dankl
Analyse

Bürgermeister-Wahl in Salzburg: Langweiler schlägt Pseudo-Kommunisten

Bernhard Auinger gewinnt die Bürgermeister-Stichwahl. Salzburg ist wieder SPÖ-Stadt. Drei Erkenntnisse daraus.

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Auch ein Pseudo-Kommunist bleibt ein Kommunist

Linksradikale, die sich als Linke tarnten, nannte man früher „Krypto-Kommunisten“. Kay-Michael Dankl ist kein Krypto-Kommunist, sondern ein bekennender. Misst man ihn an seinen Aussagen, ist dieses Bekenntnis irreführend. Dankl befürwortet Eigentum, hat mehr Manieren als revolutionäre Flausen und schließt Enteignungen – im Gegensatz zum offiziellen KPÖ-Programm – aus. Dankl ist maximal ein Pseudo-Kommunist, der sich nicht um Ideologie schert, sondern um politische Kommunikation. Und diese beherrscht er so gut, dass er die KPÖ-plus bei der Gemeinderatswahl am 10. März 2024 mit 23,1 Prozent zur zweitstärksten Partei machte und es eindrucksvoll in die Bürgermeister-Stichwahl schaffte, bei der er dem SPÖ-Kandidaten Bernhard Auinger mit 37,5 zu 62,5 Prozent unterlag. Dankl schöpfte sein Potenzial bereits im ersten Wahlgang aus. Die entscheidenden Stimmen für Auinger kamen wohl auch von Bürgerinnen und Bürgern, die das von Dankl gewählte Label „Kommunismus“ aus historischem Bewusstsein ablehnen. Auch ein Pseudo-Kommunist bleibt ein Kommunist.

Auch Langweiler können Sieger sein

Der neue Salzburger Bürgermeister, Bernhard Auinger, 50, ist ein Langweiler – im besten Sinn. Die politische Kommunikation beherrscht der gelernte Maschinenbauer schlechter als der Akademiker Dankl, 35. Dem Reiz des Neuen hatte Auinger erst in der Stichwahl ein Atout entgegenzusetzen: seine Erfahrung. Seit 2017 ist er stellvertretender Bürgermeister in Salzburg. Sein Amt hat er mehr verwaltet als gestaltet. Von großspurigen Reformansagen – wie dem „brutalen Hineinfahren“ in Wohn- und Verkehrspolitik – blieb in der ÖVP-geführten Stadtregierung wenig übrig. Nun ist er selbst Bürgermeister, verfügt im Gemeinderat mit der KPÖ über eine Mehrheit und könnte mit Dankl „brutal hineinfahren“, wo es ihm beliebt. Allerdings ist Auinger ein – langweiliger – Pragmatiker, der sich um breite Mehrheiten bemühen wird. Als Typ erinnert der neue Bürgermeister an den Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser, der ebenfalls fade Sachlichkeit über unterhaltsame Politkommunikation stellt. Dabei bietet Bernhard Auingers Biografie Stoff für eine rote Heldensaga: vom Maschinenbau-Lehrling aus einer Salzburger Arbeiterfamilie zum Bürgermeister der Festspielstadt.

Salzburg ist nicht bürgerlich, aber auch nicht sozialdemokratisch

Das Bild vom bürgerlich-konservativen Lodenmantel-Salzburg ist ein mächtiges Klischee, mächtiger noch als Mozartkugel und Nockerl. Seit Kriegsende war die SPÖ bei 16 von 17 Gemeinderatswahlen stärkste Partei, nur 2019 lag die ÖVP dank des Sebastian-Kurz-Effekts voran. Gemessen an den politischen Verhältnissen sind Graz, Innsbruck und Bregenz wesentlich „bürgerlicher“ als die Stadt Salzburg, in der Bernhard Auinger und seine SPÖ nun wieder die traditionelle Ordnung hergestellt haben – allerdings nur in dem Sinne, dass die Sozialdemokratie stärkste Partei ist und den Bürgermeister stellt. Denn mit 25,6 Prozent erzielte die SPÖ bei der Gemeinderatswahl vor zwei Wochen das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte. Mit der KPÖ ist ihr ein neuer Konkurrent herangewachsen. Links ist Platz. Dass sie in der größten (Wien), der drittgrößten (Linz) und mit Salzburg in der viertgrößten Stadt des Landes den Bürgermeister stellt, kann die SPÖ nicht in Sicherheit wiegen. Salzburg mag nicht bürgerlich sein, unbedingt sozialdemokratisch ist es auch nicht mehr.

Gernot   Bauer

Gernot Bauer

ist Innenpolitik-Redakteur.