profil-Morgenpost

Eine Ode an die Langeweile

Warum Sie sich über Ostern ein bisschen langweilen und im Lockdown der Faulheit frönen sollten.

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Guten Morgen!

Faulheit, Prokrastination, Nichtstun. Bereits zu Zeiten Immanuel Kants hatte das Ruhen einen schlechten Ruf: „Faulheit ist der Hang zur Ruhe ohne vorhergehende Arbeit.“ Der Begriff Faulheit stammt aus dem Mittelhochdeutschen, „so lange liegen geblieben, bis Fäulnis eintritt“. Doch hinter der passiven Natur des Zurücklehnens kann Produktivität stehen. Eine philosophische Ehrenrettung des Nichtstuns bietet die Wiener Literaturwissenschaftlerin Daniela Strigl (in der aktuellen profil-Ausgabe nachzulesen).

Der Versuch einer Rückholaktion

Seit über einem Jahr befinden wir uns alle in einer aufgezwungenen Faulheit (Hallo, Lockdown Nummer 4!). Die Rückkehr zu einer Normalität ante Corona scheint eine Illusion zu sein. Nach Lektüre der profil-Serie über unser Leben nach Corona, stellt man aber doch fest – es wird eines geben. In vier Kapiteln beleuchten Sebastian Hofer und Angelika Hager Gastronomie, Reisen, Wohnen und Mode in einer Post-Corona-Zeit.

Und sie kommen zum Schluss: Auch nach dieser Seuche dürfen wir uns auf neue Entwicklungen freuen. Restaurants werden zur Simplizität der heimischen Küche zurückkehren. Reisen werden nicht nur im Kopf stattfinden, sondern uns über panoramische Straßen in die Alpen führen. Auch in der Modewelt finden sich einige Souvenirs aus der Pandemie - Menschen im Trainingsanzug könnte man auch heute schon beim nächsten Gulaschautomaten begegnen.

Und diese Momente darf man festhalten. Zum Beispiel in Form eines Fotos. In „Zum Greifen wahr“ (profil-Ausgabe 11) erklärt Angelika Hager, was mit dem digitalen Lifestyle alles verloren ging. Ihr Appell, Briefe, Tagebücher und Fotoalben zu reanimieren, hat mich überzeugt. Also holte ich mir einige Ausgaben später, denn wozu die Eile, eine analoge Fotokamera vom Flohmarkt.

Mir war natürlich bewusst, dass ich die Fotos nicht mittels einer App direkt in meiner Instagram-Story posten kann. Doch im ersten Moment wurde ich tatsächlich mit meiner Gen-Z-Sozialisation konfrontiert. Um einen analogen Fotoapparat zu bedienen muss man doch so einige Tricks kennen. Glücklicherweise sind in unserer Redaktion viele Generationen vertreten, die spätestens beim Generationentalk zum Thema Feminismus gezeigt haben, wie viel man voneinander lernen kann – zum Beispiel, wie ich ein vermeintliches Artefakt dazu bringe, seine ursprüngliche Bestimmung zu erfüllen.

Die Kamera kann zwar nicht viel. Aber sie kann Lebenssequenzen festhalten – Sequenzen der Langeweile, des Stehenbleibens und Blumenriechens, und der banalen Momente des Alltags.

Gute Nachrichten

Und um zu zeigen, dass nicht alles schlecht ist – weder die primitiven Fotoapparate des letzten Jahrhunderts, noch die auf den ersten Blick von negativen Nachrichten dominierte Berichterstattung – haben wir die schnelllebigen Meldungen der letzten Wochen durch eine neue Linse gefiltert. Der März ist vorbei – doch was bleibt? Ein Projekt zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit, mehr Steuertransparenz, der TikTok-Lerneffekt: Wir haben das Positive aus den vergangenen Wochen gesammelt.

Ich wünsche Ihnen Langeweile und Banalität, die Freude bringen!

Schönes Oster-Wochenende!

 

Elena Crisan

PS: Gibt es etwas, das wir an der „Morgenpost“ verbessern können? Das Sie ärgert? Erfreut? Wenn ja, lassen Sie es uns unter der Adresse [email protected] wissen.