25 Jahre EU-Beitritt: "Mitten im Herzen Europas gelandet"

Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) zieht nach einem Vierteljahrhundert eine positive Bilanz über Österreichs EU-Mitgliedschaft.

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Österreich trat vor 25 Jahren, am 1. Jänner 1995, der EU bei, gemeinsam mit Schweden und Finnland. Festakte sind diesmal nicht vorgesehen, wenn man von der Einladung an die Regierungschefs von Schweden und Finnland zum Neujahrskonzert absieht.

Dabei sieht die Bilanz durchaus positiv aus: Laut „Wirtschaftsforschungsinstitut“ (Wifo) sind vor allem die Exportsteigerungen Österreichs um die Hälfte höher ausgefallen als ohne EU-Mitgliedschaft. Insgesamt haben sich die Exporte Österreichs schon in den ersten zehn Jahren in der EU vervierfacht.

Der EU-Beitritt brachte Österreich bisher knapp 500.000 neue Jobs. Durch billigere Importe – hauptsächlich wegen des Wegfalls von Zöllen – liegt auch das Preisniveau um 2,4 Prozent niedriger.

Osterweiterung: Österreich profitierte überdurchschnittlich

Ein großer Wachstums-Effekt für Österreich war die 2004 erfolgte Osterweiterung. "Österreich konnte seine geografische Lage zu seinem Vorteil nutzen und somit zu einem der großen ökonomischen Gewinner der EU-Osterweiterung werden" hält das Wifo in seiner Bewertung fest. Die heimischen Unternehmen hätten sehr früh die Marktpotenziale in Osteuropa erkannt. Das habe letztlich auch im Vergleich zu Finnland und Schweden den Ausschlag gegeben, dass Österreich von der EU-Mitgliedschaft so stark profitieren konnte. Die Auslandsinvestitionen in Österreich haben sich verzehnfacht, österreichische Unternehmen investieren um das Zwanzigfache mehr als vor dem EU-Beitritt.

Österreicher können sich in der EU mehr leisten

Österreich stieg – nach Luxemburg und Irland - beim BIP pro Kopf zum drittreichsten Land in der EU auf. Sogar der umstrittene „Ederer-Tausender“ – die damalige Europastaatssekretärin Brigitte Ederer prognostizierte 1994 für eine vierköpfige Familie pro Jahr einen Gewinn von 1000 Schilling, also 75 Euro- sei laut Wifo sogar höher ausgefallen. Die Österreicher könnten sich heute um 16 Prozent mehr leisten als ohne EU-Beitritt, errechnete das Wifo. Dazu komme die Modernisierung des Landes, etwa durch die Liberalisierung im Telekom-Bereich.

EU-Kritiker wandten ein, dass Österreich ähnlich wie die Schweiz auch außerhalb der EU wirtschaftlich vom Binnenmarkt profitiert hätte, etwa als Mitglied im „Europäischen Wirtschaftsraum“ (EWR). Doch im Unterschied zu Norwegen verfügt Österreich über keine Öl-Reserven. Und die EU–Kommission hat klargemacht, dass sie mit kleineren Ländern keine aufwändigen bilateralen Verträge schließen wolle. Schließlich hat sogar die Schweiz für die Teilnahme am Binnenmarkt und für die EU-Osterweiterung hohe Beiträge ans EU-Budget zahlen müssen.

Drittstaaten wie die Schweiz oder Norwegen übernehmen außerdem fast alle EU-Regelungen im Wirtschafts- und Finanzbereich, ohne an deren Ausarbeitung beteiligt zu sein.

„Nicht unangenehme Dinge auf Brüssel schieben“

Der frühere Bundeskanzler Franz Vranitzky (SPÖ), der Österreich 1995 gemeinsam mit den ÖVP-Politikern Erhard Busek und Alois Mock in die EU geführt hatte, forderte in einem „Kurier“-Interview, dass sich die Österreicher „mehr als Teil der Europäischen Integration begreifen“ sollten. „Da muss man auch damit aufhören, notwendige, unbequeme Dinge auf Brüssel zu schieben und sich die komfortablen auf die eigenen Fahnen zu schreiben.“

Der damalige Wirtschaftsminister und spätere Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hob in einem APA-Interview die Bedeutung des Wendejahres 1989 für Europa und Österreich hervor, vor allem die Folgen des Falls des Eisernen Vorhangs: „Früher waren wir Randlage - das östlichste Land des Westens oder das westlichste Land des Ostens - und auf einmal sind wir mitten im Herzen Europas gelandet, und alles war offen. Das ist der heutige Öster-Reichtum geworden“, bilanzierte Schüssel. „Das ist für mich unglaublich, ein ungeheures Glück, dass ich das erleben und auch ein bisschen daran mitwirken konnte.“