Karlheinz Kopf: "Mit Neuwahlen kann man keinen U-Ausschuss abdrehen"
INTERVIEW: GERNOT BAUER
profil: Herr Präsident, Sie sind Vorsitzender des Dienstag startenden Untersuchungsausschusses zu den Eurofightern. Vor zehn Jahren befasste sich bereits ein U-Ausschuss mit dem Thema. Dazu gab es Rechnungshof-Berichte und Ermittlungen der Justiz. Sind neue Erkenntnisse überhaupt zu erwarten? Kopf: Der Vergleich des damaligen Verteidigungsministers Norbert Darabos mit dem Eurofighter-Hersteller aus dem Jahr 2007 wurde im ersten U-Ausschuss etwa nicht behandelt. Und so weit ich hier Interpretationen anstellen darf, wird in der Anzeige des Verteidigungsministeriums gegen Eurofighter und Airbus behauptet, es gäbe neue Erkenntnisse. Sonst macht die Anzeige ja auch keinen Sinn.
profil: Nach der Anzeige des Verteidigungsministeriums vom Februar ermittelt nun die Staatsanwaltschaft Wien. Wird deren Arbeit durch die Tätigkeit des U-Ausschusses nicht behindert? Kopf: Niemand kann ein Interesse daran haben, die Arbeit der Staatsanwaltschaft zu behindern. Wir haben klare Regelungen. Der Justizminister kann ein Konsultationsverfahren einleiten, in dem Justiz und Parlament gemeinsam klären, wie man auf staatsanwaltliche Ermittlungen Rücksicht nehmen kann. Es wäre etwa möglich, Zeugen erst später zu laden als geplant oder auf gewisse Akten vorerst zu verzichten.
profil: Es sind bereits massenhaft Akten ans Parlament geschickt worden. Gibt es darunter wieder Schwärzungen wie früher oder volle Transparenz? Kopf: Meines Wissens nach gibt es keine Schwärzungen. Im Vergleich zum ersten Eurofighter-U-Ausschuss gibt es aufgrund der neuen, gut funktionierenden Regelungen mehr Transparenz. Das bedeutet auch mehr Verantwortung für die Abgeordneten. Wer die Vertraulichkeit bricht, muss mit Strafen rechnen und beschwört wieder Debatten über die Sinnhaftigkeit und Seriosität von U-Ausschüssen herauf.
profil: Auskunftspersonen wurden vom U-Ausschuss in der Vergangenheit oft nicht wie Zeugen sondern wie Angeklagte behandelt. Kopf: Für die Wahrung der Rechte der Auskunftspersonen gibt es den Verfahrensanwalt und den Vorsitzenden. Man kann auch kontroverse Fragen in einem Stil stellen, der fair und nicht untergriffig sind.
profil: Der U-Ausschuss sieht sich also nicht als Ersatzgerichtshof? Kopf: Es handelt sich keinesfalls um eine Gerichtsverhandlung mit dem Anspruch auf Gerechtigkeit oder die eine Wahrheit. Der U-Ausschuss ist ein politisches Instrument, an dessen Ende unterschiedliche politische Bewertungen getroffen werden.
Ich werde Untergriffe, Beleidigungen und Unterstellungen unterbinden. Das ist meine Aufgabe.
profil: Der Ausschuss kann auch ein Schauplatz koalitionärer Auseinandersetzungen sein. Schon vor zehn Jahren sekkierten SPÖ und ÖVP einander gleichermaßen. Diesmal wird die Volkspartei gleich am Anfang den früheren SPÖ-Verteidigungsminister Norbert Darabos in die Mangel nehmen. Und die SPÖ wird sich später bei der Befragung ehemaliger ÖVP-Minister revanchieren. Kopf: Für die Inhalte der Befragungen sind die Fraktionen verantwortlich. Ich werde Untergriffe, Beleidigungen und Unterstellungen unterbinden. Das ist meine Aufgabe.
profil: Die Untergriffe haben ja schon begonnen. ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka spricht nur vom „Darabos-Ausschuss“. Kopf: Der Klubobmann der Volkspartei ist nicht Mitglied des U-Ausschusses.
profil: Wie viel kostet denn der Untersuchungsausschuss? Kopf: Der U-Ausschuss zur Kärntner Hypo hat etwa fünf Millionen Euro Kosten verursacht. Kontrolle ist Teil der parlamentarischen Arbeit. Demokratie kostet Geld. Sie sollte es uns wert sein.
profil: Was passiert eigentlich, wenn es zu Neuwahlen kommt? Laut Gesetz ist der U-Ausschuss dann automatisch zu Ende. Kopf: Im theoretischen Fall einer Neuwahl ist wohl davon auszugehen, dass in der nächsten Gesetzgebungsperiode ein neuer Ausschuss beantragt wird. Anders gesagt: Mittels Neuwahlen kann man sicher keinen U-Ausschuss abdrehen.
profil: Wie theoretisch sind denn solche Neuwahlen? Kopf: Ich bin seit 23 Jahren im Nationalrat. Fast jede zweite Wahl war eine vorzeitige. Rückblickend betrachtet war man in manchen Fällen zu leichtfertig bei der vorzeitigen Beendigung der Gesetzgebungsperiode.
profil: Meinen Sie etwa das Jahr 2008, als der damalige ÖVP-Obmann und Vizekanzler Wilhelm Molterer die Koalition auflöste? Kopf: Ich meine es pauschal. Die Erfahrung lehrt, dass Neuwahlen in den seltensten Fällen zum erwünschten Ergebnis führten. Es kann aber politische Gründe geben, die für eine Neuwahl sprechen. Der Bundespräsident hat etwa erst vor Kurzem den österreichischen EU-Vorsitz 2018 angesprochen.
Es gibt Rempeleien zwischen den Koalitionsparteien. Das ist auch okay, schließlich ist eine Koalition keine Liebesbeziehung.
profil: Sollte deswegen vorzeitig gewählt werden? Kopf: Natürlich ist der EU-Vorsitz in zeitlicher Nähe zu einer Nationalratswahl eine ziemliche Herausforderung. Aber derzeit gibt es keinen Konsens in der Regierung, dass dies ein Grund für vorzeitige Wahlen wäre.
profil: Die Präsidentin des Rechnungshofs, Margit Kraker, hat unlängst vorgeschlagen, Neuwahlen überhaupt gesetzlich zu verbieten. Kopf: Die Präsidentin ist in dieser Frage nicht zuständig. Ich bin nicht ihrer Meinung. Neuwahlen sollen weiterhin möglich sein. Man muss aber sorgfältig mit dieser Möglichkeit umgehen.
profil: Sehen Sie bei den Regierungsparteien noch genug gemeinsamen Willen? Kopf: Es gibt Rempeleien zwischen den Koalitionsparteien. Das ist auch okay, schließlich ist eine Koalition keine Liebesbeziehung. Man hat aber die Verpflichtung zur gemeinsamen Arbeit. Es ist ja bisher auch einiges gelungen. Dass es in wesentlichen Fragen unterschiedliche Meinungen gibt, liegt in der Natur der Sache.
profil: Die Regierung verordnete sich selbst einen strikten Zeitplan, etwa bei der Lösung der kalten Progression, und kann ihn nicht einhalten. Kopf: Ich glaube, Helmut Schmidt hat gesagt, dass das Schneckentempo das Tempo der Demokratie ist.
profil: Vielleicht bleibt auch manches deswegen unerledigt, weil die Protagonisten anderweitig beschäftigt sind, der Kanzler mit Pizza-Austragen etwa. Kopf: Jedem ist es selbst überlassen, wie er sich in Szene setzt. In Wahrheit ist das eine Nebensächlichkeit.
profil: Und die jüngste Broschüre des ÖVP-Generalsekretariats, in der Kanzler Christian Kern als Kommunist abgestempelt wird, ist auch eine Nebensache? Kopf: Die unterschiedliche Positionierung von Parteien gehört zum Alltagsgeschäft. Über den Stil kann man immer diskutieren. Mir ist die Debatte zu hoch gehängt.
profil: In Ihrer Landespartei in Vorarlberg wurde die Broschüre der Bundespartei als „Quatsch“ bezeichnet. Kopf: Die Vorarlberger haben festgehalten, diese Broschüre nicht zu verteilen. Das ist der richtige Umgang damit. Man sollte besser über politische Inhalte diskutieren.
In Zusammenhang mit dem Kopftuch-Zitat glaube ich auch, dass es letztlich ein missglückter Ironie-Versuch war.
profil: Wer wird denn bei allfälligen Neuwahlen ÖVP-Spitzenkandidat? Kopf: In der ÖVP legt dies der Bundesparteivorstand zu gegebener Zeit fest.
profil: Sie könnten bereits vorab eine Einschätzung äußern. Kopf: Ich sage nur so viel: Ich werde es nicht sein.
profil: Werden Sie selbst noch einmal kandidieren? Kopf: Ich habe die feste Absicht dazu.
profil: Auf der Vorarlberger Landesliste oder der Bundesliste der ÖVP? Kopf: Ich hoffe, dass ich in meinem Wahlkreis und auf der Landesliste noch einmal nominiert werde. Ich habe die Absicht, mich darum zu bewerben.
profil: Als Mitglied des Parlamentspräsidiums waren Sie mit den anderen Nationalratspräsidenten Doris Bures und Norbert Hofer bis zu Angelobung von Alexander Van der Bellen sieben Monate lang Teil der Staatsspitze. Kopf: Es ging vor allem um die staatsnotariellen Aufgaben. Es war intensiv, aber unspektakulär. Den repräsentativen Teil haben wir gar nicht wahrgenommen. Das wäre nicht opportun gewesen.
profil: Wen haben Sie denn bei der Stichwahl gewählt? Van der Bellen, Hofer oder keinen von beiden? Kopf: Einen der beiden, aber ansonsten verweise ich auf das Wahlgeheimnis.
profil: Wie beurteilen Sie eigentlich die umstrittenen Aussagen von Bundespräsident Van der Bellen, es würde der Tag kommen, an dem alle Frauen Kopftuch tragen müssten, aus Solidarität mit jenen Frauen, die es aus religiösen Gründen tragen. Kopf: Das politische Instrument des Bundespräsidenten ist das Wort. Ohne belehrend sein zu wollen, darf man dazu festhalten, dass es Gewicht hat, was der Bundespräsident zu welchem Thema sagt. In Zusammenhang mit dem Kopftuch-Zitat glaube ich auch, dass es letztlich ein missglückter Ironie-Versuch war. Es ist manchmal gefährlich, sich als Spitzenpolitiker in einer komplexen Frage differenziert zu äußern.
Karlheinz Kopf, 59 Der Unternehmer (Sportstättenbau) begann seine politische Laufbahn als Gemeinderat im Vorarlberger Altach. 1994 wurde er Nationalratsabgeordneter, 2000 Generalsekretär des ÖVP-Wirtschaftsbunds. Unter Parteichef Josef Pröll stieg Kopf 2008 zum Obmann des Parlamentsklubs auf. Nach der Wahl 2013 wurde er Zweiter Präsident des Nationalrats. Zusätzlich ist Kopf Präsident des Fußball-Bundesligavereins SCR Altach.