AfD-Ausschluss

Kickl 2010: „Waffen-SS nicht kollektiv schuldig zu sprechen“

FPÖ-Chef Herbert Kickl tätigte 2010 eine sehr ähnliche Aussage über die Waffen-SS wie der gefallene AfD-Spitzenkandidat Maximilian Krah.

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Es kommt nicht oft vor, dass eine Aussage dem französischen „Ressemblement National“ von Marine Le Pen oder der italienischen „Lega“ von Matteo Salvini zu rechts ist. Doch Maximilian Krah hat offenbar eine rote Linie überschritten. „Ich werde nie sagen, dass jeder, der eine SS-Uniform trug, automatisch ein Verbrecher war“, teilte der EU-Spitzenkandidat der rechtsextremen „Alternative für Deutschland“ (AfD) der italienischen Zeitung „La Repubblica“ mit. Ob alle Mitglieder der Waffen-SS im nationalsozialistischen Deutschland Kriegsverbrecher waren? Krah: „Es gab sicherlich einen hohen Prozentsatz an Kriminellen, aber nicht alle waren kriminell.“ 

Ich werde nie sagen, dass jeder, der eine SS-Uniform trug, automatisch ein Verbrecher war.

Maximilian Krah, AfD-Spitzenkandidat für die EU-Wahl

in einem Interview mit der italienischen Zeitung „La Repubblica“

Als Kontext: Der Waffen-SS gehörten neben Kampfeinheiten etwa auch die Wächter der Konzentrationslager an. Doch auch nahezu alle anderen Divisionen der Waffen-SS begingen Kriegsverbrechen. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Waffen-SS daher im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur verbrecherischen Organisationen erklärt. In Österreich sind die Symbole der Waffen-SS verboten.

FPÖ gegen AfD-Ausschluss

Aufgrund dieser Aussagen hat die AfD ihrem Spitzenkandidaten am Mittwoch alle öffentlichen Auftritte untersagt. Am gestrigen Donnerstag wurde die AfD aus der rechten Fraktion im EU-Parlament, der „Fraktion Identität und Demokratie“ (ID), geschmissen. Neben der „Estnischen Konservativen Volkspartei“ stimmte nur die FPÖ für einen Verbleib der AfD.

Da werden wir uns nicht darauf verständigen können, dass ein Verein als solcher oder eine Einheit wie die Waffen-SS kollektiv schuldig zu sprechen ist.

FPÖ-Chef Herbert Kickl

2010 in der ATV-Diskussionssendung „Am Punkt"

Immerhin hatte FPÖ-Chef Herbert Kickl bereits vor 15 Jahren ähnliche Aussagen über die Waffen-SS getätigt. In der ATV-Diskussionssendung Am Punkt" sagte der heutige blaue Kanzlerkandidat zum damaligen Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant: „Da werden wir uns nicht darauf verständigen können, dass ein Verein als solcher oder eine Einheit wie die Waffen-SS kollektiv schuldig zu sprechen ist.“ 

Schuld sei etwas Individuelles, argumentierte Kickl. Muzicants Einwand, die Waffen-SS sei bei den Nürnberger Prozessen als verbrecherische Organisation erkannt worden, wischte der heutige FPÖ-Chef mit einem Vergleich vom Tisch: Es wäre genau der gleiche Unsinn, der nationalsozialistischen Wehrmacht eine kollektive Unschuldsvermutung auszusprechen wie die Waffen-SS kollektiv schuldig zu sprechen.

Anders als Herbert Kickl sehen die rechten Parteien von Marine Le Pen und Matteo Salvini die Schuld der Waffen-SS offenbar geklärt.

Max Miller

Max Miller

ist seit Mai 2023 Innenpolitik-Redakteur bei profil. Schaut aufs große Ganze, kritzelt gerne und chattet für den Newsletter Ballhausplatz. War zuvor bei der „Kleinen Zeitung“.