Morgenpost

Herbert Kickl: Wie wurde er zu dem, der er heute ist?

Kickl will Bundeskanzler werden. Daher hat die Öffentlichkeit ein Recht zu erfahren, wer Kickl ist, und wo er herkommt. Zwei profil-Redakteure erzählen die teils noch unbekannte Geschichte des FPÖ-Obmanns in einem neuen Buch.

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Wer ist Herbert Kickl? Wie wurde er zu dem, der er heute ist? Es gibt kaum einen Politiker, über dessen Herkunft und Werdegang – bei gleichzeitiger medialer Allgegenwart – so wenig bekannt ist. Der blaue Kickl ist eine Black Box. Ursache dieser Unkenntnis ist die mangelnde Auskunftsfreude des FPÖ-Obmanns. Kickl macht sich rar. Eines seiner wenigen Interviews gab er im Juni 2023 dem profil. 

Auch ranghohe FPÖ-Politiker erzählen, sie wüssten kaum etwas über Herbert Kickl persönlich, außer natürlich, dass er von Jörg Haider geprägt wurde. Aber weshalb hat er sich dann im entscheidenden Moment – bei der Parteispaltung der FPÖ im Mai 2005 – von Haider abgewendet? Der Mann ist ein Rätsel.

Kickl will Bundeskanzler werden. Daher hat die Öffentlichkeit ein Recht zu erfahren, wer Kickl ist, und wo er herkommt. Für eine Gesamtbeurteilung des Politikers Kickl ist auch die Frage nach dessen Charakter notwendig. Es erstaunt, dass bisher noch keine Biografie über jenen Mann erschienen ist, der „Volkskanzler“ werden und mit seinen rechtspopulistischen Mitstreitern wie AfD-Chefin Alice Weidel die EU umbauen will. Diese Lücke wird jetzt geschlossen. Im Zsolnay-Verlag erscheint am 15. April das Buch „Kickl und die Zerstörung Europas“, das der stellvertretende profil-Chefredakteur Robert Treichler und Ihr Morgenpostler geschrieben haben. Im aktuellen profil findet sich ein Vorabdruck.

Ein Innenminister als Sicherheitsrisiko

Es ist die Biografie eines Arbeiterkindes: der Großvater ein illegaler Nazi; die Eltern beide im Magnesitwerk in Radenthein beschäftigt. Der kleine Herbert erwies sich als begabter Bub, der einen Hang zum Militärischen entwickelte und zur Freude am Widerspruch. Kickls Weg führte von der Kärntner Provinz ins studentische Leben in Wien. Sein erster Kontakt zur FPÖ bestand in einer auf einen Bierdeckel gekritzelten Telefonnummer. Er war Jörg Haiders Redenschreiber und Heinz-Christian Straches Generalsekretär. Sein misstrauischer und spröder Charakter in Kombination mit einem Talent für aggressive Kommunikation prädestinierte ihn zur ewigen Nummer zwei, zum Offensivstrategen im Hintergrund. Dass er nun an der Parteispitze steht, scheint ihn manchmal selbst noch zu überraschen.

Als Innenminister von Dezember 2017 bis Mai 2019 war Herbert Kickl für den Schutz der Republik verantwortlich. Tatsächlich wurde er selbst zum Sicherheitsrisiko. Unter Kickl kam es im Februar 2018 zur rechtswidrigen Razzia im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Das Amt war danach zerstört, die Republik bloßgestellt.

Die Festnahme des früheren BVT-Beamten Egisto Ott lässt die Affäre in neuem Licht erscheinen. profil-Chefredakteurin Anna Thalhammer recherchierte den „Fall Ott“ bereits als Chefreporterin der „Presse“. Wie sie auf Basis ihr vorliegender Akten in einem Artikel schreibt, steht Ott in Verdacht, „schon im Zeitraum von Juli 2017 bis März 2021 in Wien als ehemaliger BVT-Beamter (und danach als Polizeibeamter) zum Nachteil der Republik Österreich einen geheimen Nachrichtendienst der russischen Föderation unterstützt zu haben“. Spielten russische Dienste bei der BVT-Razzia auch eine Rolle? Für kommenden Donnerstag, 11. April, ist Ex-Innenminister Kickl als Zeuge in den „Rot-Blauen-Machtmissbrauch-Untersuchungsausschuss“ geladen. Dort ist er zur Auskunft verpflichtet.

Gernot   Bauer

Gernot Bauer

ist Innenpolitik-Redakteur.