EU-Wahl: Kampf um den Gemeindebau
Michael Häupl will sonst sicher kein EU-Gegner sein, aber zur Zeit lässt er auf mehreren tausend Plakaten in ganz Wien seinen Zorn auf Brüsseler Überregulierung los. Beim sozialen Wohnbau lassen wir uns von der EU nicht reinreden, heißt es darauf. Dass der SPÖ-Spitzenpolitiker diese Kampfansage ausgerechnet jetzt im Europawahlkampf plakatiert, halten ÖVP und Grüne für keinen Zufall. Das ist eine Anbiederung an EU-Gegner, die nur die schlechte EU-Stimmung weiter anheizt, kritisiert der frühere EU-Kommissar Franz Fischler.
Aber Häupl hat für seine Sorge um den sozialen Wohnbau ein reales Motiv. EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia, ein konservativer Politiker, will den sozialen Wohnbau von der Meldepflicht für Beihilfen bei der EU-Kommission nur dann weiter ausnehmen, wenn ausschließlich sozial schwächere Bevölkerungsgruppen vom geförderten Wohnbau profitieren.
Häupl sieht darin einen Angriff auf die seit Langem in Wien geübte soziale Durchmischung bei der Vergabe von geförderten Wohnungen. Dafür wurde die Einkommensgrenze 2010 angehoben: Für 2 Personen auf monatlich 4594 Euro netto). Werden mittlere Einkommensbezieher aus Gemeindebauten verbannt, drohen soziale Ghettos wie in den Vorstädten von Paris, so Häupl.
Allerdings haben Klagen von privaten Wohnbauunternehmen bei der EU-Kommission wegen Wettbewerbsverzerrung zu ersten Urteilen des Europäischen Gerichtshofs geführt. In den Niederlanden wurden bereits die Einkommensgrenzen für den Zugang zum sozialen Wohnbau gesenkt. Auch in Schweden gab es Urteile über neue Verdienstgrenzen. In Frankreich wurde über eine neue Einkommensgrenze noch nicht entschieden.
Durch eine gemeinsame Resolution mit weiteren 29 Bürgermeistern von EU-Hauptstädten will Häupl verhindern, dass die EU-Kommission Regeln zum sozialen Wohnbau präsentiert. Doch dies würde wenn überhaupt erst die nächste EU-Kommission tun, die im kommenden Herbst antreten wird.