Wolfgang Sobotka steht im blauen Anzug im Wiener Volksgarten, hinter ihm ist das Parlament zu sehen
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Tatendrang statt Ausgedinge: Wolfgang Sobotkas Pensionsschock

Wolfgang Sobotka im Unruhestand: Auch nach dem Karriereende will der Ex-Nationalratspräsident in der ÖVP weiter mitmischen.

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Unlängst war Ex-Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka mit seiner Gattin auf der Wiener Ringstraße unterwegs. Auf Höhe des Parlaments fragte sie, ob er das Hohe Haus vermisse. Sobotkas Antwort: „Ich weiß gar nicht mehr, dass ich da einmal drinnen war.“ Natürlich war das Koketterie, aber mit einem wahren Kern, sagt Sobotka. Er habe keine Entzugserscheinungen von der Macht, die Politik fehle ihm „nicht einmal nix“. Im Gegenteil: Er sei froh, dass die Bäckerin, bei der er seine Semmeln kaufe, ihn nicht mehr mit „Herr Präsident“ begrüße, sondern „Herr Sobotka“ nenne.

Herr Sobotka (ÖVP-intern: „Soberl“) bäckt jetzt kleinere Semmeln. Vor knapp einem Jahr, im Oktober 2024, schied er mit der Konstituierung des neu gewählten Nationalrats aus seinem Amt. Sieben Jahre lang hatte er als dessen Präsident gedient. Aus Sobotkas Sicht war es wohl ein Abschied in einen Ruhestand, den er nicht verdient hat. Den Pensionsschock behandelt er mit Hyperaktivität.

Mit 69 Jahren fängt sein Politleben noch einmal an.

Für Sobotka war und ist alles Leben Politik. Der Musiklehrer startete seine Laufbahn als Referent für Bildung der ÖVP Niederösterreich; war Landesobmann des niederösterreichischen Arbeitnehmerbundes; Bürgermeister von Waidhofen an der Ybbs; Finanzlandesrat und Landeshauptmann-Stellvertreter in der niederösterreichischen Landesregierung. Von 2016 bis 2017 diente er als Innenminister in der SPÖ-ÖVP-Koalition, unterstützte tatkräftig Sebastian Kurz’ Aufstieg zum Parteichef, der ihn nach dem ÖVP-Wahlsieg 2017 mit dem Präsidentenamt im Nationalrat belohnte. Selbst in den eigenen Reihen galt er für das Amt als zu konfrontativ. Sobotka sagt: Als Politiker habe man für begrenzte Zeit „Potestas“: Macht. Und diese müsse man nutzen.

Gernot Bauer

Gernot Bauer

ist seit 1998 Innenpolitik-Redakteur im profil und seit 2025 Leiter des Innenpolitik-Ressorts. Co-Autor der ersten unautorisierten Biografie von FPÖ-Obmann Herbert Kickl.