profil-Morgenpost: Social democratic son of a preacherman

Warum der Hl. Franz von Assisi in die SPÖ Wien eintreten würde, wenn er Michael Ludwig gekannt hätte.

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Guten Morgen!

Es gibt ein Genre in der darstellenden Kunst, das so absolut nicht miteinander vergleichbare Persönlichkeiten wie den Hl. Franz von Assisi, den nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un und den Wiener Bürgermeister Michael Ludwig auf charmante Weise miteinander verbindet: Nennen wir seine Hervorbringungen – bar jeder Wissenschaftlichkeit, aber vielleicht sind unter den treuen Leserinnen und Lesern der Morgenpost ja Fachleute, die das schon in aller Herrgottsfrüh besser einordnen können – einfach mal „Welterklärungs-Ikonen“.

Einschlägige Bildnisse zeigen die jeweilige Persönlichkeit dabei, wie sie einer angemessen großen Zahl anderer Lebewesen grundlegende Unterweisungen über die Welt und das Leben erteilt. Das sieht, zieht man Schilderungen über die berühmte „Vogelpredigt“ der Hl. Franz heran, dann folgendermaßen aus: „Als er ihnen aber dies und ähnliches sagte, begannen die Vögel, in wunderbarer Weise ihre Freude bezeugend, die Hälse zu recken, die Flügel auszubreiten, die Schnäbel zu öffnen und aufmerksam auf ihn zu schauen.“ In Assisi bestand das andächtig lauschende Auditorium aus Tieren; in Pjöngjang setzt es sich aus gatschbraun uniformierten Generälen zusammen; und in Wien … hier gilt es, kurz abzuschweifen.

Also: niemand pflegt die Welterklärungs-Ikonenmalerei (freilich mit den Mitteln moderner Technologie) heute noch so liebevoll und beherrscht sie dabei so meisterhaft wie die österreichische Sozialdemokratie. Das beweist sie in jedem Wahlkampf aufs Neue; jetzt gerade in Wien.

Gut, die Konkurrenz schwächelt. Die Grünen haben das Genre nie so richtig für sich entdeckt, und auch Birgit Hebein macht keine diesbezüglichen Anstalten. NEOS-Spitzenkandidat Christoph Wiederkehr, den Rosemarie Schwaiger im aktuellen Heft porträtiert, kämpft auf den Plakaten „für ein weltoffenes Wien“ und so umständlich mit seinem Sakko, dass man nicht weiß, ob er es gerade an- oder ausziehen möchte. Gernot Blümel lungert auf den ÖVP-Werbematerialien derart lasziv in einem menschenleeren türkisem Setting herum, dass man meinen könnte, er bewerbe sich gerade um eine Rolle in „Frozen III“ und nicht um das Bürgermeisteramt. FPÖ-Frontmann Dominik Nepp ist dabei zu sehen, wie er ohne Rücksicht auf jegliche Cholesterinwerte Kuchen an autochthone Österreicher verteilt oder – warum auch immer – staunenden Burka-Frauen ein blondes Kind und den Stefansdom zeigt.

Michael Ludwig jedoch … sagen wir mal: wenn der Bürgermeister schon im frühen 13. Jahrhundert gelebt hätte, wäre der Hl. Franz nicht in den Franziskanerorden (Achtung, Ironie!) eingetreten, sondern in die SPÖ Wien, um vom Besten zu lernen. Die SPÖ-Wahlplakate zeigen Ludwig dabei, wie er einem Arzt etwas erklärt (mutmaßlich den genetischen Code des Coronavirus); einem Lehrer (der Handhaltung nach zu schließen, erläutert er diesem gerade, wie man so einen Tablet-Computer hält); einem Hackler (dem er offenbar zeigt, wie groß ein 20er Ziegel ist); und vielen andere Berufsgruppen, ausgenommen den Vögeln, aber das kommt in einer späteren Phase des Wahlkampfs vielleicht auch noch. Und dann werden sie werden die Hälse noch mehr recken und noch aufmerksamer auf ihn schauen, als auf den Hl. Franz.

Wenn Sie sich nicht darauf verlassen wollen, wie Ihnen Ludwig (aber auch Blümel & Co.) Stadt und Welt erklären, dann lesen Sie die aktuelle profil-Coverstory „Feinbild Wien“ von den Kollegen Gernot Bauer (ein mittelgroßer Sohn Salzburgs) und Jakob Winter (ein von Niederösterreich unverdorbener Niederösterreicher). Darin wird viel erklärt, ohne zu predigen und auch ein Foto von Michael Ludwig gedruckt. Es zeigt ihn bei einem Trachtenkirtag in einer aufmerksam schauenden Menge, der er gerade die Grundrechnungsarten beibringt.

Einen schönen Tag!

Martin Staudinger

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