Walter Hillerer, Leiter Gruppe Sofortmaßnahmen der Stadt Wien

Schwarzarbeit, Teigtaschen, Problemhäuser: Ludwigs schnelle Eingreiftruppe

Illegale Teigtaschen, Gammelfleisch in Dönerspießen, schwarz-vermietete Airbnb-Wohnungen: Wenn Kontrollen notwendig werden, kommt er und sein Team, Walter Hillerer.

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Der Titel „Leiter der Gruppe für Sofortmaßnahmen“ klingt ein wenig sperrig. Wäre das „Büro des Sheriffs“ nicht eingängiger?

Walter Hillerer

Das klingt schon sehr martialisch (lacht). Der Begriff „Sofortmaßnahmen“ beschreibt aber genau das, was wir leisten: Dinge, die relativ rasch und unbürokratisch durchgeführt werden sollen. Ursprünglich hieß es „Büro für Sofortmaßnahmen“, wurde dann aber zur „Gruppe“, weil wir eine eigene Leitung innerhalb der Magistratsdirektion bekommen haben. Wir sind mit dem Namen zufrieden.

Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Einsatz?

Hillerer

Ja, das war ein großer – eine Gasexplosion in Wien. Ich war damals noch ein Neuling – das ist so lange her, da gab es noch Schwarz-Weiß-Fernsehen. Ich war fasziniert vom Ablauf: Feuerwehr, Magistratsdienststellen, unsere Gruppe – alle waren im Einsatz. Bei mir hat sich aber Eindruck erweckt, dass es ein bisschen chaotisch war. Das waren aber die Anfänge, wo wir bei großen Katastrophen dabei waren.

Was machen Sie heute anders?

Hillerer

Damals war ich noch Referent – eine Manöverkritik stand mir nicht zu. Aber auch dem damaligen Leiter ist die Unkoordiniertheit aufgefallen. Wir haben daraus gelernt und Abläufe klarer definiert: Wer kommt wann, wer macht was. Perfekt wird man es wahrscheinlich nie zusammenbringen, aber mittlerweile funktioniert es sehr gut. Heute läuft das deutlich strukturierter. Die Feuerwehr ist zuerst da, dann die Rettung, dann wir. Unsere Aufgabe ist es ja nicht, Brände zu bekämpfen oder Verschüttete zu bergen – das ist Sache der Feuerwehr.

Wir haben vom Bürgermeister die Möglichkeit bekommen, mit einem Weisungsrecht über alle Dienststellen hinweg zu agieren

Walter Hillerer

Leiter, Gruppe Sofortmaßnahmen der Stadt Wien

Was genau ist dann Ihre Aufgabe?

Hillerer

Wenn so etwas passiert, sind die Leute meistens geschockt. Wir kümmern uns um Ersatzunterkünfte, finanzielle Soforthilfe oder auch Medikamente. Die Leute haben in solchen Situationen meistens nichts bei sich, außer dem, was sie im Körper tragen. Wenn Wohnungen nicht schwer beschädigt sind, sorgen wir dafür, dass die Menschen rasch zurückkehren können. Auch die Wiederherstellung der Infrastruktur – Strom, Wasser, Gas – fällt in unseren Bereich.

Also eine Art schnelle Eingreiftruppe der Stadt selbst?

Hillerer

Genau.

Ihre Einsätze sind ja äußerst vielfältig: Sie heben illegale Teigtaschenfabriken oder Airbnb-Wohnungen ohne Bewilligungen aus, während Corona organisierten Sie das Contact Tracing. Was ist denn die eigentliche Kernaufgabe Ihrer Gruppe?

Hillerer

Alles, was schnell und unbürokratisch erledigt werden muss. Das reicht von Katastropheneinsätzen bis zu Kontrollen in den Bezirken – gemeinsam mit Fachdienststellen wie der MA 36 oder dem Marktamt. Wir gehen gegen illegale Wettlokale vor, kontrollieren Problemhäuser oder führen Taxikontrollen mit der Polizei durch. Auch Schwerpunktaktionen an neuralgischen Punkten – bei Lärmbelästigung, auffälligen Lokalen oder illegalen Wohneinheiten – fallen darunter. Das ist ein breiter Fächer, und da springen wir als Gruppe für Sofortmaßnahmen ein.

Und wo endet Ihre Zuständigkeit? Gibt es Kompetenzstreitigkeiten mit anderen Behörden?

Hillerer

Kaum. Wir haben vom Bürgermeister die Möglichkeit bekommen, mit einem Weisungsrecht über alle Dienststellen hinweg zu agieren – bisher war das aber nie nötig.

Viele Ihrer Einsätze, wie die ausgehobenen illegalen Teigtaschenfabriken oder Fleischereien, wirken skurril. Gibt es eigentlich noch Überraschungen für Sie?

Hillerer

Wir machen auch Kontrollen am Donaukanal, wo illegale Getränkehändler unterwegs sind – da gibt es massive Beschwerden. Einmal wollte einer dieser Händler mit seinem Fahrrad samt Beladung flüchten und sich in den Donaukanal stürzen. Wir konnten ihn noch rechtzeitig aufhalten. Das ist natürlich nicht lustig, aber manchmal denkt man sich wirklich: „Das kann doch nicht wahr sein!“

Natürlich ist da manchmal Neid oder eine Vernaderung. 

Walter Hillerer

Leiter, Gruppe Sofortmaßnahmen der Stadt Wien

Die Opposition im Gemeinderat fordert seit Jahren eine eigene Stadtwache samt Sicherheitsstadtrat. Sind Sie nicht de facto Wiens Sicherheitsbehörde?

Hillerer

Grundsätzlich ist für Sicherheit in Wien die Wiener Polizei zuständig. Man könnte darüber diskutieren, Veränderungen durchzuführen. Der Herr Bürgermeister hat das schon mehrmals gefordert, dass er gerne die Wiener Polizei übernehmen würde. Das scheitert aber an anderen Gründen, weil das erst gesetzlich geändert werden müsste. Das ist eine politische Debatte, in die ich mich nicht einmische. Wir arbeiten sehr eng mit der Polizei zusammen, und das funktioniert hervorragend. Eine Stadtwache sind wir jedenfalls nicht.

Wie werden Sie auf Missstände in Wien aufmerksam?

Hillerer

Durch Anrufe, E-Mails, Meldungen auf der Stadt Wien-App und mediale Berichte – das geht quer durch den Gemüsegarten. Da wird uns nicht langweilig, es gibt jeden Tag neue Aufgaben.

Ist das nicht zum Teil Vernadertum?

Hillerer

Es gibt immer wieder anonyme Hinweise. Mein Zugang ist: genau hinschauen. Manches kann man verwerfen – manchmal steckt aber auch etwas dahinter. Natürlich ist da manchmal Neid oder eine Vernaderung. Aber meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind so weit geschult, man unterscheidet da schon.

Schießen Sie nicht manchmal mit Ihren Aktionen über das Ziel hinaus? Immerhin geraten ganze Branchen wie die Kebab-Restaurants wegen dem Gammelfleisch-Skandal in Verruf.

Hillerer

Nein, ich finde nicht. Grundsätzlich werden Kontrollen durchgeführt, wenn sie notwendig sind – manchmal stichprobenartig, manchmal weil es Hinweise gibt. Die, die sich an die Vorschriften halten, finden die Kontrollen gut. Da trennt sich die Spreu vom Weizen. Es hat niemand etwas davon, wenn ein Gewerbebetrieb alle Vorschriften erfüllt, seine Arbeitskräfte anmeldet und zwei Gassen weiter ein ähnlicher Betrieb tätig ist, der nichts in Ordnung hat, mangelhafte Ware anbietet und Schwarzarbeit durchführt. Das ist eine Ungerechtigkeit.

Aber gerade jene Betriebe, die ordentlich arbeiten, fühlen sich schnell unter Generalverdacht gestellt.

Hillerer

Ich sehe das nicht so. Es geht uns keineswegs darum, ganze Branchen in Verruf zu bringen. Im Gegenteil: Es gab auch eine positive Gegenreaktion von Gewerbetreibenden, die die Gelegenheit genutzt haben, um auf Qualität hinzuweisen. Einige haben es sogar zum Anlass genommen, um sich selbst bewusst ins Rampenlicht zu stellen – da sehe ich kein Problem.

Also gilt in Wien Law and Order?

Hillerer

Ich finde, in einer großen Stadt sollte es eine Hausordnung geben. Sie sollte nicht zu streng sein, aber sie sollte so sein, dass sich die Leute halbwegs daran halten können. Das ist meine persönliche Meinung, aber ich denke auch vieler anderer.

Welchem Ressort unterstehen Sie eigentlich?

Hillerer

Die Magistratsdirektion ist keinem Ressort zugeordnet. Wir unterstehen dem Bürgermeister und dem Magistratsdirektor.

Walter Hillerer ist Leiter der Gruppe Sofortmaßnahmen der Stadt Wien

Walter Hillerer

Walter Hillerer ist Obersenatsrat und Leiter der Gruppe Sofortmaßnahmen und des Stadtservice Wien. Seit 2018 ist er in der Präsidialabteilung unter Bürgermeister Michael Ludwig tätig. Davor war er über 15 Jahre für den ehemaligen Bürgermeister Michael Häupl tätig.

 

Kevin Yang

Kevin Yang

seit November 2024 im Digitalteam und faktiv Faktenchecker. Davor bei der Wiener Zeitung und ORF.