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SPÖ-Salzburg-Chef Egger: "Bereue Unterstützung für Doskozil keine Sekunde"

Der Salzburger SPÖ-Chef David Egger erwartet sich eine breite Einbindung des Doskozil-Lagers durch Andreas Babler und sieht dessen Versprechen einer 32-Stunden-Woche nicht als Parteilinie.

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Wie peinlich berührt sind Sie von der Panne am Parteitag, jetzt wo die Hintergründe sichtbar wurden?
Egger
Ich glaube, es ist sich jetzt genug entschuldigt worden. Menschen machen Fehler, auch gravierende. Erinnern Sie sich an den früheren ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel, der beim Budget sechs Nullen vergessen hat. Ich will jetzt in die Zukunft schauen.
Sie stellten sich als einer der ersten Landesparteichefs hinter Doskozil. Bereuen Sie es?
Egger
Keine Sekunde. Ich war ein Anhänger seiner Politik im Burgenland, die er auf ganz Österreich ausweiten wollte – von der Anstellung pflegender Angehöriger bis hin zu den Eingriffen in den Energiemarkt oder Wohnungsmarkt. Doskozil ist eine großartige Persönlichkeit. Babler schätze ich genauso. Es gibt auch viele Überschneidungen.
Das Thema Zuwanderung und Integration haben Sie ausgespart. Hier ist Babler die Antithese zu Doskozil.
Egger
Wir haben 2018 ein gemeinsames Integrationspapier beschlossen, das Doskozil mit dem Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser verfasst hat. Das ist nach wie vor ein gutes Papier.
Babler hält wenig davon, hat er in der „Zeit im Bild 2“ durchklingen lassen.
Egger
Ich habe ihn so verstanden, dass er mehr in die Tiefe gehen will.
Doskozil und sie setzten sich offensiv für Asylzentren außerhalb der EU ein, wie es auch im Integrationspapier steht. Babler nicht.
Egger
Babler meinte, für ihn sei es nicht entscheidend, auf welcher Seite des Zaunes Asylverfahren geführt werden. Ich bin für europäische Lösungen. Österreich ist zu klein dafür, um das Problem der illegalen Migration alleine zu lösen.
Doskozil und die fünf Länderparteien, die ihn offen unterstützten, standen für einen Kurs, der auch blaue und türkise Wähler verstärkt anspricht. Babler steht für einen akzentuierten Linkskurs, der besonders in Wien gut ankommt.
Egger
Es braucht jetzt intensive Diskussion über Inhalte, bei denen die ländlicheren Regionen nicht zu kurz kommen. Wir müssen die Lebensprobleme der normalen Menschen lösen, die im Stau stehen, weil Öffis fehlen oder wegziehen, weil sie keinen Kindergartenplatz bekommen. Es gibt nicht nur Städte und Ballungsräume. Hier sehe ich Babler als Bürgermeister einer mittelgroßen Stadt als Verbündeten. Er ist kein reiner Vertreter der hohen Politik in Wien und kennt die Herausforderungen vor Ort.
Was erwarten Sie sich von Bablers Team?
Egger
Es können nicht nur Funktionäre aus Wien und der Gewerkschaft in der Parteizentrale Löwelstraße oder in den Büros des Parlamentsklubs sitzen. Die Landesparteien sollten hier gut repräsentiert sein.
Eine von Bablers Hauptversprechen ist die 32-Stunden-Woche. Ist sie neue Parteilinie?
Egger
Auch darüber werden wir diskutieren. Sie wird nicht überall umsetzbar sein. Etwa in touristischen Regionen, in denen der Arbeitskräftemangel schon jetzt enorm ist. Wenn alle Menschen weniger arbeiten, wird es noch schwerer, O-Busfahrer für die Stadt Salzburg, Kellner für die Ski-Hütte oder Pflegekräfte ganzjährig fürs Seniorenheim am Land zu finden.
Babler ist persönlich für eine Cannabis-Legalisierung, sagte er auf Nachfrage. Sie auch?
Egger
Das hat für mich keine Priorität.
In welcher Frage sind sie am meisten auf Linie mit Babler?
Egger
Bei der Forderung, dass die Vermögenssteuer Koalitionsbedingung nach den nächsten Wahlen wird.
In der Stadt Salzburg wurde die KPÖ plus zweitstärkste Kraft – weit vor der SPÖ. Mit einem Linksruck der SPÖ könnte Babler den Aufstieg der KPÖ stoppen.
Egger
Das sehe ich anders. Jetzt ist vielleicht die KPÖ das Thema. Doch wenn ich deswegen massiv nach links rücke und im nächsten Jahr eine Flüchtlingswelle wie 2015 ausbricht, sind wieder ganz andere Positionen gefragt. Wir müssen uns breit aufstellen, mit einem soliden Programm, das die Menschen unabhängig von Wetterlagen anspricht. Dafür müssen wir uns alle aufeinander zubewegen – auch Babler.
Doskozil hat Schluss gemacht mit der Bundespolitik. Verständlich?
Egger
Ich finde es sehr schade. Aber es ist zu akzeptieren.
Clemens   Neuhold

Clemens Neuhold

Seit 2015 Allrounder in der profil-Innenpolitik. Davor Wiener Zeitung, Migrantenmagazin biber, Kurier-Wirtschaft. Leidenschaftliches Interesse am Einwanderungsland Österreich.