Telekom Austria: Handy von Personalvertreter abgenommen

Die Geschäftsführung der Telekom Austria ließ den Mailverkehr zwischen parteifreien Betriebsräten kontrollieren. Welche Rolle spielten dabei die SPÖ-Gewerkschafter?

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Wie der „Kurier“ Anfang März berichtete, ließ die teilstaatliche OMV Handys und Mail-Accounts von Mitarbeitern forensisch untersuchen. Grund war der Verdacht auf Weitergabe vertraulicher Informationen.

Laut einer Recherche von profil ereignete sich Ende März Ähnliches in der teilstaatlichen A1 Telekom Austria. Auch dort wurde der Mail-Verkehr von Mitarbeitern untersucht. Ein Handy wurde abgenommen. Das Bemerkenswerte daran: Die betroffenen Mitarbeiter waren Personalvertreter.

Was muss passieren, dass das Management eines Konzerns, der im Miteigentum der Republik steht, einen derart forschen Akt gegen die eigene Belegschaftsvertretung setzt?

Laut einer Stellungnahme der Telekom sei die interne Revision vorschriftsgemäß einem anonymen Hinweis auf ein Datenleck nachgegangen. Im Zuge dieser Untersuchung habe sich herausgestellt, „dass mit diesem Leak ein Personalvertreter in Verbindung steht, es handelt sich aber um einen Zufallsfund und keine auf die Personalvertretung abgesehene Aktion“. Es sei, so ein Telekom-Sprecher, gezielt und streng nach interner Vorschrift ein konkreter Kommunikationsvorgang, keinesfalls der gesamte Computer oder Mailverkehr des Personalvertreters kontrolliert worden. Für Personalvertreter würden dabei dieselben Regeln wie für alle Mitarbeiter gelten.

Wie Recherchen von profil ergeben, stehen die seltsamen Vorgänge zumindest in Zusammenhang mit der Personalvertretung der Telekom Austria. Diese wird von der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG) dominiert. Der Vorsitzende des Telekom-Zentralausschusses, FSG-Mann Werner Luksch, ist einer der mächtigsten Gewerkschafter im Land. Er sitzt im Aufsichtsrat der Telekom Austria und im Aufsichtsrat der jüngst ins Gerede gekommenen ÖBAG, die den 28-Prozent-Staatsanteil an der Telekom verwaltet.

Lukschs Zentralausschuss lässt sich seit einiger Zeit von einem freiberuflichen Juristen, Dr. H., in personalrechtlichen Angelegenheiten beraten. Dabei wimmelt es in Gewerkschaft und Arbeiterkammer vor qualifizierten Experten. L., ein Personalvertreter der parteifreien Liste A1-United, erfuhr von Details des Beratervertrags. So wird Dr. H.s Gage nicht vom Zentralausschuss bezahlt, sondern von der Geschäftsführung der A1 Telekom Austria um CEO Marcus Grausam. L. sah das teure Engagement offenbar skeptisch, da die Telekom in der Vergangenheit wegen externer Berater kritisiert worden war. Er informierte per Mail weitere parteifreie Personalvertreter über seine Bedenken.

Aus Sicht der A1-United war diese Informationsweitergabe unter Personalvertretern zulässig. Die Telekom-Geschäftsführung um CEO Marcus Grausam sah darin einen möglichen strafrechtlich relevanten Verstoß (Paragraf 63) gegen das Datenschutzgesetz und mobilisierte die interne Revision. L. musste sein Handy abgeben. In seinem Mail-Ordner fanden die Revisoren die Nachricht, in dem L. seine Kollegen informiert hatte. Ende März wurde L. vorläufig suspendiert, womit eine Gehaltskürzung von 30 Prozent verbunden ist.

Da das Telekom-Management L. einer schweren Straftat verdächtigte, war damit zu rechnen, dass es zeitnah eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft einbringt. Stattdessen folgte eine Überraschung: Etwa zwei Wochen nach L.s Suspendierung wurde diese wieder aufgehoben, „nach weiterer tiefergehender Prüfung“, so die Stellungnahme der Telekom. L. droht nun maximal eine Disziplinarstrafe.

Werner Luksch wollte das Vorgehen des Managements gegen Telekom-Personalvertreter auf Anfrage von profil nicht kommentieren. Was einigermaßen befremdlich wirkt, denn Luksch ist von der Affäre – direkt oder indirekt – dreifach betroffen: als oberster Personalvertreter der A1 Telekom Austria, als Telekom-Aufsichtsrat und als Aufsichtsrat der Telekom-Gesellschafterin ÖBAG. Ein möglicher Hintergrund: Die betroffenen Betriebsräte waren ursprünglich Mitglieder der FSG, hatten sich aber vor der Personalvertreter-Wahl 2018 abgespalten. Seitdem herrscht dicke Luft innerhalb der Personalvertretung der Telekom.

Im Gegensatz zu Luksch äußert sich der parteifreie Telekom-Personalvertreter Alexander Sollak aus der Telekom-Holding auf Anfrage zu dem Vorfall. Die Suspendierung eines Personalvertreters sei „jedenfalls eine sehr ungewöhnliche Maßnahme“. Daher habe man an die „verantwortlichen Unternehmensvertretern eine Anfrage gestellt, um Klarheit darüber zu bekommen, ob im Zusammenhang mit der gegenständlichen Untersuchungen der Internen Revision auch Computer oder Accounts von PersonalvertreterInnen ,gescreent‘ wurden“. Das Ergebnis dieser Anfrage würden nun abgewartet. Unabhängig vom Vorfall in der Telekom sei es „bemerkenswert, dass manche Arbeitgeber in Österreich immer aggressiver gegen kritische Betriebsräte vorgehen“. Die OMV und MAN seien „hier nur exemplarisch zu nennen“.

Anmerkung: Es handelt sich um die aktualisierte Version eines früheren Artikels, der um Stellungnahmen der Telekom-Pressestelle und eines Personalvertreters erweitert wurde.

Gernot   Bauer

Gernot Bauer

ist Innenpolitik-Redakteur.